Dem „wunderbaren Waldglas“ eine Bühne

Im Naturpark gab es viele Glashütten. Der Standort in Spiegelberg war für seine besondere Qualität bekannt. Eine Ausstellung im Naturparkzentrum widmet sich dem Thema und zeigt ganz verschiedene Exponate, in denen sich die Kunst, soziale Phänomene und die Zeit widerspiegeln.

Thomas Denzler hat sich dem Thema Glasherstellung verschrieben und die Ausstellung mit vielen Exponaten unterstützt.

© Stefan Bossow

Thomas Denzler hat sich dem Thema Glasherstellung verschrieben und die Ausstellung mit vielen Exponaten unterstützt.

Von Petra Neumann

Murrhardt. Eine faszinierende Ausstellung – „Wunderbares Waldglas“ – ist momentan im Naturparkzentrum zu sehen und dreht sich um einen höchst interessanten Werkstoff, nämlich Glas. Glas war in der Antike so wertvoll, dass es als Behälter kostbarer Öle und Salben diente, aber auch in Gold gefasst wurde. Ebenso rankte sich ein Mythos um die Entstehung des Glases, wie der römische Geschichtsschreiber Plinius der Jüngere zu berichten wusste. Phönizische Schifffahrer hätten es per Zufall entdeckt. Selbst noch viele Jahrhunderte danach war Glas ein begehrter und für viele nicht erschwinglicher Werkstoff. Herzog Eberhard Ludwig (1676 bis 1733) wollte für sein aufwendiges Barockschloss ein damals modisches Spiegelkabinett und gründete im zweiten Anlauf 1705 die Spiegelmanufaktur in Spiegelberg. Nicht von ungefähr, denn das Gebiet des heutigen Naturparks Schwäbisch-Fränkischer Wald beherbergte 27 Glashütten, die das sogenannte Waldglas herstellten.

Glas entsteht aus Quarzsand, beziehungsweise Siliziumdioxid, Kalk und den Fließmitteln Pottasche und Soda. Eigentlich ist es eine gefrorene Flüssigkeit, die ungefähr 1200 Grad Celsius benötigt, um zu schmelzen, und sich relativ schnell abkühlt. Das bringt natürlich mit sich, dass die Zeit relativ kurz ist, in der es sich verarbeiten lässt. Aufgrund von Eisenoxiden im Sand ist die eigentliche Farbe des Glases grünlich. Es ist also von Natur aus nicht farblos, sondern muss entfärbt werden, zum Beispiel mit Manganoxid. Überhaupt sind die Farbbildner letztlich Metalle. Das (Gold-)Rubinglas zum Beispiel verdankt seine Farbe dem Gold. Zunächst wurden Glasgegenstände mithilfe von Modeln hergestellt. Kurz vor der Zeitenwende kam dann die Glasmacherpfeife in Syrien auf, sodass Gegenstände frei oder in Form geblasen werden konnten.

Nach dem Untergang des Weströmischen Reichs ging auch viel Wissen um die Glasherstellung verloren. Es brauchte längere Zeit, bis die Glasmacherkunst zur neuer Blüte gelangte, und zwar über Italien. Diese Kunstfertigkeit war jedoch ein Geheimnis, das nicht weitergegeben werden sollte, was letztlich aber doch nicht verhindert werden konnte.

„Die Glashütte in Spiegelberg hat jedoch nicht eine so hohe Qualität herstellen können, obgleich sie die einzige war, die Spiegel produzieren konnte und somit auch den Hof in Ludwigsburg belieferte“, erläuterte Thomas Denzler, der mit seiner nunmehr verstorbenen Lebensgefährtin, Marianne Hasenmayer, privat Glasforschung betrieb und seine Sammlung im Spiegelberger Rathaus öffentlich zugänglich gemacht hat.

Auf Einladung des Geschäftsführers des Naturparkzentrums, Karl-Dieter Diemer, stellte er nun viele der Exponate für die „kleine, aber feine Ausstellung“, wie sie Bürgermeister Armin Mößner in seiner Ansprache nannte, zusammen. „Auch hat man gar nicht so viele Fragmente im Ort selbst gefunden, da der einstige Standort der Spiegelmanufaktur gänzlich überbaut ist. Sie sind eher aus der Umgebung“, führte der passionierte Glassammler weiter aus. Aus diesen Fragmenten hat man dann die tatsächlichen Stücke rekonstruiert. Darunter sind sehr wundersame Dinge, unter anderem Scherzgegenstände wie zum Beispiel der sogenannte Kuttrolf, ein Gefäß, das so geformt ist, dass man nicht daraus trinken konnte, ohne Flüssigkeit zu verschütten, was zum etwas derben Amüsement der Renaissance gehörte.

Bekannter sind Gläser mit unterschiedlich geformten Nuppen wie Beeren oder Warzen. „Sie dienten nicht nur zur Zierde, sondern waren für die fettverschmierten Finger sozusagen eine Haltehilfe. Vor 1700 war es nicht üblich, Gabeln als Essbesteck zu benutzen, sondern nur zum Aufspießen von Fleisch“, erklärte Thomas Denzler weiter. Ein Gefäß aus Silberglas imitiert kostbares Tafelsilber. Es wurde doppelwandig geblasen und am Boden wurde durch ein Loch Silbernitrat in dem Raum zwischen den zwei Glaswänden gegossen.

In den Vitrinen sieht man aber nicht nur eigenwillige Glasformen wie gestauchte Flaschen, sondern auch Werkzeuge und Materialien, die man einst zur Glasherstellung benutzte, Metallsalze, Zange oder Pinzetten. Aber damit nicht genug. Um 1920 kam das Uranglas in Mode, das im Dunkeln angestrahlt fluoresziert und giftig grün wirkt. Auch Objekte aus dem 20. Jahrhundert sind zu sehen, die zeigen, dass Glas ein Stoff ist, aus dem man viele künstlerische Träume realisieren kann. Aufgrund der Glasfasertechnik hat Glas seine wichtige Bedeutung selbst in unserem Zeitalter keinesfalls verloren.

Ein ganz modernes Stück, bei dem mit Glas Flora und Fauna in Szene gesetzt werden.

© Stefan Bossow

Ein ganz modernes Stück, bei dem mit Glas Flora und Fauna in Szene gesetzt werden.

Der leichte Grünton ist typisch für Waldglas. Fotos: Stefan Bossow

© Stefan Bossow

Der leichte Grünton ist typisch für Waldglas. Fotos: Stefan Bossow

Öffnungszeiten der Ausstellung

Öffnungszeiten Die Ausstellung „Wunderbares Waldglas“ ist ein halbes Jahr im Naturparkzentrum zu sehen. Dieses ist geöffnet am Montag, Dienstag, Donnerstag jeweils von 9.30 bis 12.30 Uhr und von 14 bis 16 Uhr, am Freitag von 9.30 bis 12.30 Uhr, am Samstag von 10 bis 13 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen von 13 bis 16 Uhr.

Informationen Weitere Infos zum Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald gibt es bei Franziska Hornung unter der Telefonnummer 07192/9789-003 oder per E-Mail an franziska.hornung@naturpark-sfw.de. Infos gibt es auch auf der Homepage unter www.naturpark-sfw.de.

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Erstellt:
24. Februar 2024, 06:00 Uhr

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