Den Murrpegel im Blick

Die Arbeiten am Regenüberlaufbecken 24 inklusive des Einbaus eines Vorflutsicherungspumpwerks haben begonnen. Sie sind ein Baustein für den Hochwasserschutz. Aktuell heißt es, auf steigende Wasserstände zu achten, weil die Niederschläge hoch sind.

Ein mächtiger Bagger und weitere Gerätschaft zeugen vom Start der Erd- und Aushubarbeiten. Fotos: C. Schick

Ein mächtiger Bagger und weitere Gerätschaft zeugen vom Start der Erd- und Aushubarbeiten. Fotos: C. Schick

Von Christine Schick

MURRHARDT. Schneeschmelze, der Regen und die hohen Pegelstände an der Murr in der vergangenen Woche haben das Thema Hochwasserschutz in Erinnerung gerufen, bei dem es auch in Bezug auf eine aktuelle Baustelle in der Murrhardter Wiesenstraße geht: die Sanierung des Regenüberlaufbeckens 24 und der Einbau eines Vorflutsicherungspumpwerks. Die Arbeiten haben vor rund zwei Wochen begonnen. Bürgermeister Armin Mößner berichtet, dass es nun zu Anfang heißt, die Baustelle mit Spundwänden zu sichern und anschließend die Erd- und Aushubarbeiten zu erledigen.

Zur Erinnerung: Das Projekt ist zum einen vor dem Hintergrund des Abwassermanagements und einer Verbesserung der Wasserqualität, zum anderen als ein Baustein für mehr Sicherheit in puncto Hochwasserschutz zu sehen. Das Murrhardter Ingenieurbüro Riker und Rebmann hatte schon vor Jahren das Regenüberlaufbecken 24 sowie das Kanalsystem in der Nähe der Murr untersucht. Die Mitarbeiter hatten festgestellt, dass das zugehörige Trennbauwerk zwar Wasser, das über eine Schwelle fließt, an das Regenüberlaufbecken weiterleitet und von dort aus in die Kläranlage. Wenn es allerdings zu einem Hochwasser an der Murr kommt, funktioniert das System nicht mehr, und es sind Überschwemmungen im Gebiet vorprogrammiert. Hinzu kommt, dass einzelne Elemente der Anlage defekt sind. Ohne Rückstausicherung beispielsweise gelangt bei Hochwasser Flusswasser ins Kanalsystem, und die Anlagen können nur bis zu einem fünfjährlichen Hochwasser sicher entwässern. Nach neueren Analysen liegt die Schwelle des Regenüberlaufbeckens bei einem zehnjährlichen Hochwasser unter dem Flusswasserspiegel. Daraus ergibt sich, dass bei einem Starkregenereignis während eines Murrhochwassers und bei gefülltem Rückhaltebecken das Niederschlagswasser aus dem Kanalnetz gepumpt werden muss. Die Sanierung des Regenüberlaufbeckens und der Einbau eines entsprechenden Vorflutsicherungspumpwerks ist aber eine teure Sache. Aus diesem Grund war die Stadt auf Zuschüsse vom Land angewiesen, die nach etlichen Anläufen im vergangenen Jahr bewilligt wurden.

Das Bauprojekt wird das gesamte Jahr in Anspruch nehmen.

Nun sind die Bauarbeiten im Kontext hoher Pegelstände gestartet, was fast wie eine Ermahnung wirkt. Was würde aktuell geschehen, wenn sich wirklich eine Hochwassersituation einstellen würde? „Die noch nicht fertige Baugrube innerhalb der Spundwand wird geflutet und die Arbeiten müssen eingestellt werden“, erklärt Bürgermeister Mößner. Später könnte nach einem Abpumpen des Wassers wieder weitergearbeitet werden. Die Mitarbeiter vor Ort wurden in das Thema Hochwasser eingewiesen und wissen, wie sie sich verhalten müssen, wenn der Murrpegel über eine kritische Marke steigt. Zurzeit sind vier Mitarbeiter dort tätig, mit Beginn der Betonarbeiten – wenn die Fundamente und die Bodenplatte erstellt werden – werden es ungefähr zehn Personen sein.

Die Etappen des Bauprojekts, das sich über das ganze Jahr erstrecken wird, lassen sich wie folgt umreißen: Die Rohbauarbeiten für das Vorflutsicherungspumpwerk werden erledigt, dann entstehen der erste Mess- und Drosselschacht und das Gebäude für ein Notstromaggregat, zudem wird der Beckenüberlauf umgebaut. Nach der Herstellung eines zweiten Mess- und Drosselschachts wird das Trennbauwerk umgestaltet. Schließlich baut das Team Pumpen, Schieber und Rechen ein und integriert die elektrische Versorgung, Steuerung und Regelung inklusive des Notstromaggregats.

Neben den Anwohnern in der Wiesenstraße haben möglicherweise auch Familien mit kleineren Kindern die Baustelle registriert, denn sie dehnt sich auch auf den dortigen Spielplatz aus. Er wurde gesperrt, teils abgebaut und soll nach Fertigstellung der Arbeiten neu hergerichtet werden. Die Fläche wird benötigt, da dort das Erdreich zwischengelagert wird. Zum Hintergrund lässt Bürgermeister Mößner wissen: Der Aushub muss untersucht werden, die Ergebnisse der Proben entscheiden über die Entsorgung und ihre Bedingungen. Die Möglichkeit, die Erde bis dahin auf dem Gelände zwischenzulagern, spart Kosten. Bis der Kinderspielplatz dann wieder neu eingerichtet ist (voraussichtlich Anfang 2022), müssen die Eltern in die Umgebung ausweichen. Möglichkeiten sind beispielsweise der Spielplatz in der Brennäckerstraße, im Fasanenweg sowie im Stadtgarten nahe der Walterichschule sowie am Feuersee.

Der Bürgermeister hofft, dass das Projekt ohne Verzögerungen, Lieferengpässe sowie unfall- und konfliktfrei über die Bühne geht. Er merkt an, dass auch an der Baubranche Corona nicht spurlos vorbeigegangen sei. „Anders als in vielen anderen Wirtschaftsbereichen läuft der Betrieb auf Baustellen mit erhöhten Anforderungen aktuell weiter. Nichtsdestotrotz sind die Auswirkungen der Epidemie auch im Baugewerbe deutlich spürbar.“ Das bedeute für die Stadtverwaltung, sich auf die veränderten Bedingungen einzustellen – auch mithilfe der digitalen Möglichkeiten. „Viele Baubesprechungen wurden abgesagt und die Kommunikation mit den Projektbeteiligten findet per Mail, mit dem Smartphone et cetera statt“, erläutert Mößner. Wichtige notwendige Abstimmungen vor Ort liefen in sehr kleinen Gruppen unter Beachtung der Hygieneauflagen. Es werde versucht, den Ablauf so normal wie möglich zu gestalten, gleichzeitig jedoch auf jeglichen Körperkontakt zu verzichten und Nähe bei Besprechungen zu vermeiden. „Der geforderte Mindestabstand von 1,50 Metern wird auch auf der Baustelle angewendet“, so Mößner. In diesem Zusammenhang stellt er ebenso fest: „Die Projektbeteiligten und Mitarbeiter vor Ort wurden durch den Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator zum Thema Arbeitsschutz und Coronaverordnungen auf der Baustelle unterweisen. Eine lückenlose Nachverfolgung wird durch die Bauleitung und Stadtverwaltung durchgeführt.“

Unter dem Strich haben die Vorbereitungen und Planungen länger gedauert (Start war ursprünglich einmal für November 2020 vorgesehen), die Stadtverwaltung erhofft sich dadurch aber auch, Fehler- und Zusatzkosten zu vermeiden und entsprechend wirtschaftlich abzuschneiden. Die veranschlagten Gesamtkosten liegen bei 2,86 Millionen Euro, die Stadt erhält dabei Zuschüsse in Höhe von 1,29 Millionen Euro. Nicht kontrollieren lassen sich die Rahmenbedingungen wie Verschärfungen in Bezug auf Coronaregelungen, Krankheitsausfälle oder Lieferschwierigkeiten. Nach der aktuellen Planung möchte man die Arbeiten Mitte Dezember abgeschlossen haben.

Die Baustelle liegt dicht an der Murr und erstreckt sich über etwa 150 Meter. Dort wird das Regenüberlaufbecken saniert, die Infrastruktur angepasst und ein Entlastungspumpwerk mit zwei Pumpen integriert.

Die Baustelle liegt dicht an der Murr und erstreckt sich über etwa 150 Meter. Dort wird das Regenüberlaufbecken saniert, die Infrastruktur angepasst und ein Entlastungspumpwerk mit zwei Pumpen integriert.

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Erstellt:
2. Februar 2021, 06:00 Uhr

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