US-Präsident
Der Imperator Donald Trump – und wie Friedrich Merz ihn einhegen muss
Der neue US-Präsident Donald Trump verhält sich wie ein Imperator. Europa muss mit ihm dennoch so gut wie möglich klarkommen. Das stellt an den kommenden Kanzler Friedrich Merz große Herausforderungen, kommentiert unser Redakteur Tobias Peter.

© AFP/Roberto Schmidt
Mit großem Herrscheranspruch: US-Präsident Donald Trump.
Von Tobias Peter
Der Daumen geht runter. Und dann gibt es keine Gnade für denjenigen in der Manege, der um sein Leben fürchten muss. Das ist das Bild eines römischen Imperators, wie man es aus Kinofilmen kennt. Die Wahl Donald Trumps ist die Geburt eines neuen Imperators gewesen. Denn der neue US-Präsident übt seine Macht zügellos aus.
Die Welt konnte im Fernsehen live dabei zusehen, wie Trump den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj fallen ließ. Trump war dabei – wie ein römischer Imperator – umgeben von Menschen, die ihm opportunistisch und gewissenlos nach dem Mund reden. Und die Unterwürfigkeit für den Herrscher einfordern – egal, was dieser tut. Jetzt hat Trump auch noch die Militärhilfe für die Ukraine eingefroren. In Moskau dürften die Champagnerkorken knallen.
Eine harte Erkenntnis
Was ist der richtige Umgang für Deutschland mit Trump, der in den europäischen Ländern auch nur Vasallenstaaten sieht? Europa muss unabhängiger werden. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat einen milliardenschweren Plan zur Wiederaufrüstung Europas vorgeschlagen. In Deutschland setzt sich die Einsicht durch, dass die Verteidigungsausgaben noch mal drastisch ansteigen müssen. Das alles ist richtig. Es schützt Europa aber nicht vor einer harten Erkenntnis.
So abstoßend der sich als Imperator gerierende Trump vielen auch zu sein scheint, Europa bleibt in Sachen Sicherheit noch einige Zeit von ihm abhängig. Und: Auch wenn Deutschland und andere gemeinsam in Rekordgeschwindigkeit ihre militärischen Fähigkeiten ausbauen sollten, wäre es klug, auch danach so gut wie möglich weiter mit den USA zu agieren. Deshalb ist jetzt ein radikal pragmatischer Ansatz gefragt.
Empörung über das, was Trump tut, ist menschlich verständlich. Politisch hilft sie aber nicht weiter. Jetzt geht es darum, Trump davon zu überzeugen, dass es zahlreiche gemeinsame Interessen gibt. Das gilt besonders offensichtlich für die Vermeidung eines Handelskriegs. Hier zeigt sich: Trump vom Richtigen zu überzeugen, kann natürlich heißen, sich zu wehren und mit Gegenzöllen zu reagieren. Das dahinterliegende Ziel muss aber immer die Suche nach einem Ausweg sein.
Zur Jobbeschreibung bei der Pflege transatlantischer Beziehungen gehört jetzt eben der Umgang mit einem besonders schwierigen Gesprächspartner. Emmanuel Macron und Keir Starmer haben gezeigt, dass sie bereit sind, diese Aufgabe anzunehmen. Und was ist mit Friedrich Merz, der bald als Kanzler das größte und wirtschaftsstärkste EU-Land führen will?
Die Chance des Friedrich Merz
Merz’ Kritiker sehen dessen Schwäche darin, dass er sich gelegentlich von Emotionen wegtragen lässt. Wie wird er reagieren, wenn Trump oder J.D. Vance absichtlich Triggerpunkte bei ihm austesten? Gleichzeitig hat Merz besser als Kanzler Olaf Scholz verstanden, wie wichtig die persönliche Ebene zwischen Staats- und Regierungschefs ist. Es fällt ihm wohl auch leichter, diese zu bespielen. Da Scholz und Trump kaum klarkämen, liegen für die deutsch-amerikanischen Beziehungen zunächst mehr Chancen als Risiken im Wechsel zu Merz. Der Ausgang ist dennoch offen.
Die traurige Wirklichkeit für jeden europäischen Staatsmann und Außenpolitiker sieht jetzt so aus: Das Bestmögliche zu erreichen, wird bedeuten, manch seltsame Kränkung aus Amerika zu ertragen und häufig aus mehreren schlechten Varianten die am ehesten erträgliche auszuwählen. Einen Imperator einzuhegen, ist keine schöne Aufgabe. Aber es ist notwendig, damit er möglichst selten den Daumen senkt.