Entstehung der Kontinentalplatten

Der Klebstoff der Kontinente

Die Erdkruste ist in ständiger Bewegung, doch die Kerngebiete der Kontinentalplatten sind seit Milliarden Jahren stabil und immun gegen die Plattentektonik. Wie kam es dazu? Eine neue Studie gibt auf diese zentrale geologische Frage eine Antwort.

Symbol für geologische Urgewalt: Preikestolen oder Prekestolen (norwegisch  für  Predigtstuhl) ist eine Felskanzel in Ryfylke in der norwegischen Provinz Rogaland. Die Felskante fällt mehr als 600  Meter senkrecht in den fast 40 Kilometer langen Fjord ab.

© Imago/Westend61

Symbol für geologische Urgewalt: Preikestolen oder Prekestolen (norwegisch für Predigtstuhl) ist eine Felskanzel in Ryfylke in der norwegischen Provinz Rogaland. Die Felskante fällt mehr als 600 Meter senkrecht in den fast 40 Kilometer langen Fjord ab.

Von Markus Brauer/dpa

US-Wissenschaftler haben eine neue Theorie entwickelt, wie die Kontinente auf der Erde vor drei bis 2,5 Milliarden Jahren stabiler wurden. Sie untersuchten Granit und ähnliches Gestein und fanden heraus, dass radioaktive Elemente dabei vermutlich eine wichtige Rolle spielten. Sie erwärmten ihre Umgebung.

Später sorgten geologische Prozesse dafür, dass die radioaktiven Substanzen aufstiegen. Die kontinentale Erdkruste kühlte der Theorie zufolge ab und wurde fester. Die Studie der Geologen Jesse Reimink und Andrew Smye von der Pennsylvania State University ist in der Fachzeitschrift „Nature“ erschienen.

Nature research paper: Subaerial weathering drove stabilization of continents https://t.co/JjNoJUkC3l — nature (@Nature) May 12, 2024

Seit wann sind die geologischen Kerngebiete der Kontinente stabil?

Die Kernregionen der kontinentalen Erdkruste, auch Kratone genannt, machen etwa die Hälfte der heutigen kontinentalen Erdkruste aus. Sie sind seit Milliarden Jahren stabil und von tektonischen Umformungen nicht betroffen. Es gibt verschiedene Theorien, wie diese alten Kerne entstanden sind, doch sie können nicht alle geologischen Beobachtungen erklären.

 

 

Genau dies scheint nun der neuen Studie von Reimink und Smye gelungen zu sein. Die beiden Wissenschaftler konzentrierten sich auf den Anteil der radioaktiven Substanzen Uran, Thorium, Kalium-40 und deren Zerfallsprodukte in Gesteinen wie Granit. Aus den bekannten Zerfallsraten der radioaktiven Isotope konnten sie ermitteln, wie hoch der Gehalt an radioaktiven Isotopen vor 2,5 bis 3 Milliarden Jahren war.

Deren Zerfall erwärmte das Gestein. Die oberflächennahe Erdwärme, die beispielsweise für die Geothermie genutzt wird, wird unter anderem durch radioaktiven Zerfall verursacht. Die Zerfallsrate der Isotope war vor drei Milliarden Jahren etwa doppelt so hoch wie heute, entsprechend höher war die Temperatur.

Radioaktiv geschmolzenes Gestein führte zur Stabilisierung

Aufgrund ihrer Gesteinsanalysen stellen die Forscher folgende Theorie auf: Als vor rund drei Milliarden Jahren immer häufiger Gestein oberhalb der Meeresoberfläche lag, war es durch Wind und Wetter der Erosion ausgesetzt. Es zerfiel zu Sand und Staub und lagerte sich in Gewässern als Sediment ab, wie es heute auch noch geschieht.

Je höher Sedimente aufgeschichtet werden, desto stärker werden die tiefer gelegenen Schichten durch Druck verfestigt. Durch geologische Prozesse, etwa das Abtauchen einer Erdplatte unter eine andere, kann das verfestigte Sedimentgestein in tiefere Lagen der Erdkruste gelangen.

 

 

Die Autoren der Studie vermuten nun, dass die radioaktiven Substanzen im Sedimentgestein dieses geschmolzen haben. Das war nun weniger dicht als das umliegende Gestein und stieg über Jahrmillionen in höhere Schichten auf. Dieser Vorgang führte zu tiefen Schichten, in denen kaum noch radioaktive Elemente vorhanden waren, die Hitze hätten erzeugen können. Das Gestein kühlte sich ab und verfestigte sich.

Forscher suchen nun nach der geologischen Blackbox

Laut der nicht an der Studie beteiligten Geologin Claire Bucholz vom California Institute of Technology in Pasdena trägt die Studie erheblich zum geowissenschaftlichen Verständnis über die Entstehung der Kontinente bei.

Allerdings blieben auch noch viele Fragen offen. „Warum zum Beispiel stieg die Konzentration der wärmeproduzierenden Elemente in den Sedimentgesteinen im späten Archäikum an und erreichte vor 2,5 bis zwei Milliarden Jahren ihren Höhepunkt?“

 

 

 

 

Reimink und Smye haben bereits ihre nächste Forschungsfrage formuliert: „Diese umgewandelten Sedimentgesteine, die geschmolzen sind und Granite erzeugt haben, die Uran und Thorium konzentrieren, sind wie Blackbox-Flugschreiber, die Druck und Temperatur aufzeichnen“, wird Smye in einer Mitteilung seiner Universität zitiert.

Solche Spuren im Gestein wollen die Forscher nun verstärkt suchen, um ihre Theorie zu untermauern. Dafür ist es womöglich notwendig, tief in die Erdkruste von Kratonen zu bohren, wo entsprechendes Gestein zu finden sein könnte.

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Erstellt:
13. Mai 2024, 21:10 Uhr
Aktualisiert:
9. August 2024, 11:46 Uhr

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