Trendsportarten bei Olympia 2024

Der Place de la Concorde – wo Sportgeschichte neu geschrieben wird

Der Place de la Concorde im Herzen von Paris gehört zu den traditionsreichen Kulissen der Olympischen Spiele: Einst stand hier die Guillotine, aber nun soll der Ort für die Moderne Olympias stehen.

BMX Freestyle im Zeichen der Ringe – in Paris ist die Disziplin zum zweiten Mal dabei.

© IMAGO/SW Pix/IMAGO/Ed Sykes/SWpix.com

BMX Freestyle im Zeichen der Ringe – in Paris ist die Disziplin zum zweiten Mal dabei.

Von Dirk Preiß

Dass auch dieser Wettkampfort der Olympischen Spiele von Paris eine besondere Kulisse bekommen hat – muss man fast nicht mehr erwähnen. Und doch: Hier ist es anders also dort, wo die Traditionen miteinander verbunden werden. Am Schloss von Versailles, zum Beispiel, wo die edlen Pferde ihre Reiter zu Olympiasiegen tragen sollen. Oder im Grand Palais, wo die Athletinnen und Athleten beim Fechten Waffen schwingen, wie sie auch auf mancher Statue in der französischen Hauptstadt zu sehen sind.

Welthistorie trifft die des Sports. Am Place de la Concorde dagegen wird sie neu geschrieben. Denn: Rund um den berühmten Obelisken und den Brunnen, die Fontaine des Mers, wird nicht gefochten, geritten oder gerungen.

Es wird geskatet, gebreakt und mit dem BMX-Rad über riesige Hindernisse gesprungen. „Freestyle Park“ heißt die Disziplin – bei welcher der Kreativität der Tricks im Grunde keine Grenzen gesetzt sind. „Die größte Show der Welt“, kündigt der Stadionsprecher vollmundig an. Eine, die Teil davon ist, ist Kim Lea Müller.

Die 22-Jährige aus Remscheid startete am Dienstag in der Qualifikation des BMX-Freestyle-Wettbewerbs – nicht gerade als Unbekannte. Kürzlich holte sie bei den X-Games in dem dort erstmals ausgetragenen Wettbewerb die Bronzemedaille. Die X-Games, das war früher – im Sommer und im Winter – das ausschließliche Mekka der jungen Trendsportszene. Das olympische System, gespeist aus den Strukturen der Verbände, entsprach im Prinzip genau dem Gegenteil dieser Bewegung.

Kein Entweder-oder mehr

Als das Internationale Olympische Komitée (IOC) vor Jahren den Versuch unternahm, mithilfe eben dieser Sportarten den Gang in die Moderne anzutreten, kam das in der dortigen Szene in weiten Teilen gar nicht gut an. X-Games und Olympische Spiele? Eher hieß es: entweder oder. Nun sagt Kim Lea Müller: „Die Leute, die Lust drauf haben, können hier mitfahren. Wer das nicht will, macht es nicht.“ Sie jedenfalls war nun erstmals bei den Spielen – und meinte: „Es war mega cool und hat Spaß gemacht.“ Auch, wenn es sportlich nicht wirklich gut lief für die Radsportlerin.

Ein Fehler in ihrem ersten „Run“, eine lediglich solide Leistung im zweiten – das reichte nicht für das Finale, das an diesem Mittwoch die besten neun Fahrerinnen austragen. Wie ihr eigenes Gefühl war? „Es war mega heiß.“

Klar, sie trug Helm und Schutzausrüstung. Aber auch für die Zuschauer war es am Dienstag, dem wahrscheinlich heißesten Tag dieser Sommerspiele, schwer, Schutz vor der sengenden Sonne zu finden. Auf dem riesigen offenen Platz stehen nur wenige kleine Zelte, die Tribünen der verschiedenen Arenen für BMX, Skateboard, 3x3-Basketball und Breaking haben jeweils kein Dach. Trotzdem tummeln sich seit den ersten Wettbewerben an jedem Tag Tausende auf dem Gelände – das mehr sein soll als ein Wettkampfort.

Eine urbane wie sportliche Zone wollten die Olympia-Macher von Paris auf dem größten Platz der Stadt schaffen. „À toi de jouer“ steht ganz oft geschrieben, was so viel heißen soll, wie: „Mach mit.“ Es darf also nicht nur zugeschaut, sondern auch selbst getanzt oder auf Körbe geworfen werden. DJs beschallen das Gelände mit Hiphop-Beats, dazu hat das Ganze einen recht offenen Charakter. Selbst, wenn man keine Tribünenkarte für ein bestimmtes Event gekauft hat, gibt es die Möglichkeit, Einblicke auf die Wettkampfflächen zu bekommen. Vor allem Familien mit Kindern nutzen das Angebot im Herzen von Paris rege.

Breaking ist in diesem Jahr neu dabei

In dem Reigen der jungen Sportarten ist Breaking in diesem Jahr dazugekommen. Je zwei Teilnehmer liefern sich ein Duell im Breakdance – in einer Arena die unter einer riesigen Schirmkonstruktion an ein Freilichttheater erinnert. Die Neulinge sollen zum Ende der Spiele hin am 9. und 10. August noch einmal den Weg in die Zukunft weisen. Der bleibt insgesamt umstritten, weil die Teilnehmerinnen und Teilnehmer teils im Kindesalter antreten. Die neue Olympiasiegerin in der Skateboard-Disziplin Street, Coco Yoshizawa aus Japan, ist 14 Jahre jung. Aber: Selbst in diesen modernen Sportarten gibt es mittlerweile schon Veteranen.

Tony Hawk ist zwar nicht mehr aktiv, die Skateboardlegende (er nahm an den ersten X-Games 1995 teil) fuhr den Park in Paris aber selbstredend Probe. 56 Jahre alt ist der Amerikaner mittlerweile. Und hätte, wäre er doch Olympia-Teilnehmer, durchaus Gesellschaft.

Skateboarder Andy Macdonald ist wie Hawk Amerikaner, sein britischer Großvater ermöglicht es aber, dass er nun für Großbritannien in Paris auf das Skateboard steigt. Am 7. August 2024 – im Alter von 50 Jahren. Damit ist er auf dem Place de la Concorde fast schon ein Traditionalist.

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Erstellt:
30. Juli 2024, 15:38 Uhr
Aktualisiert:
30. Juli 2024, 17:26 Uhr

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