Mögliche Koalitionspartner
Der Schwarz-Grün-Check: Passen die zusammen?
Lieber mit den Grünen als mit der SPD: So sieht das Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz zumindest für die Außenpolitik. Doch was ist mit anderen Bereichen? Ein Überblick.
Von Tobias Peter und Rebekka Wiese
Es sind neue Töne – von beiden Seiten. „In der Außen- und Sicherheitspolitik gibt es sicher mit den Grünen mehr Gemeinsamkeiten als mit der SPD“, sagte Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz. Zuvor hatte bereits Grünen-Chefin Franziska Brantner gesagt, Merz sei in der Ukraine-Politik der bessere Partner für die Grünen als Scholz. Stimmt das? Und wie sieht es in anderen Politikbereichen aus? Ein Überblick.
Wirtschaft/Finanzen: Einig sind sich Union und Grüne vor allem in einem: Das Land muss raus aus der Krise. Unionskanzlerkandidat Merz stellt Entlastungen für Unternehmen und Bürger in Aussicht. Er verrät aber bislang nicht genau, was an Entlastungen kommen soll – und wann. Der grüne Vize-Kanzler Robert Habeck hat eine Investitionsprämie vorgeschlagen, die Firmen dabei unterstützen soll, beispielsweise neue Maschinen anzuschaffen. Gefördert werden sollen mit der Prämie in Höhe von zehn Prozent der Beschaffungskosten gerade auch kleine und mittelständische Betriebe, heißt es. Gemeinsam ist den Ideen von Union und Grünen vor allem, dass sie viel Geld kosten. Die Grünen wollen eine Reform der Schuldenbremse. Merz hat eine solche Reform lange komplett abgelehnt, hält sich jetzt aber eine Hintertür offen.
Außen: Es ist kein Zufall, dass sowohl Merz als auch Brantner sich gerade in diesem Bereich als mögliche Partner sehen. Außenpolitisch liegen Grüne und Union fast auf einer Linie. Das zeigt sich besonders in der Ukraine-Politik. Beide wollen das Land im Angriffskrieg gegen Russland stärker unterstützen und sprechen sich für die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern aus. Auch die Vorstellungen in der China-Politik ähneln sich. Beide sehen China vor allem als Wettbewerber, an dem man nicht vorbeikommt – und warnen gleichzeitig vor zu großer Abhängigkeit.
Migration: Sollten Grüne und Union jemals auf Bundesebene miteinander arbeiten wollen, läge die größte Hürde wohl in der Migrationspolitik. Besonders in der Frage, wie man mit irregulärer Migration umgehen sollte, haben die Parteien verschiedene Vorstellungen. Zwar sprechen alle Beteiligten gern davon, dass es für sie um „Humanität und Ordnung“ gehe. Klar ist aber, dass die Humanität den Grünen wichtiger ist, der Union hingegen die Ordnung. Im Spätsommer forderte Merz, Zurückweisungen an deutschen Grenzen durchführen zu lassen. Für die Grünen wäre das eine rote Linie. Sie trugen in der Ampelkoalition zwar viele Asylrechtsverschärfungen mit. Doch gerade der linke Flügel der Partei würde wohl nicht viel mehr abnicken wollen, was eigentlich gegen Überzeugungen der Grünen geht. Zurückweisungen sind für die Partei jedenfalls keine Option. Ob Merz aber einen anderen Partner für das Vorhaben finden würde, ist ebenfalls offen.
Klima: In der Klimapolitik verfolgen Union und Grüne immerhin dasselbe Ziel: die Klimaneutralität bis zum Jahr 2045. Doch sie haben verschiedene Vorstellungen davon, wie das zu erreichen ist. Die Union hält den Ausstieg aus der Atomkraft bis heute für falsch, Politiker wie Jens Spahn würden ihn sogar gern rückgängig machen. In einer Koalition müsste sich die Union von diesem Gedanken wohl verabschieden. Ansonsten wäre Klimapolitik für Union und Grüne wohl vor allem eine Frage der Instrumente und der Priorisierung. Nach dem Streit um das Heizungsgesetz sind die Grünen jedenfalls vorsichtiger geworden, was ordnungspolitische Maßnahmen angeht. Je nachdem, wie flexibel sich beide Seiten zeigen, wäre es vorstellbar, dass Union und Grüne bei einigen Punkten zusammenfinden könnten. Den Kauf von E-Autos mit Anreizen zu fördern, halten zum Beispiel beide für eine gute Idee.
Soziales: Bei der Rente wäre eine Einigung zwischen Union und Grünen womöglich leichter als zwischen Union und SPD. Für die Sozialdemokraten ist die Festschreibung des Rentenniveaus bei 48 Prozent heilig – das erschwert den Einigungsspielraum. Den Grünen traut die Union hier mehr Verhandlungsbereitschaft zu. Beim Bürgergeld liegen Union und der linke Parteiflügel der Grünen sehr weit auseinander. Doch praktisch haben die Grünen sich in der Ampel bereits auf Verschärfungen bei den Sanktionen eingelassen. Der Spielraum zu weiteren Verschärfungen ist auch verfassungsrechtlich begrenzt.