Kanzlerkandidatur für die Grünen
Der Zeitpunkt ist nicht Habecks größtes Problem
Jetzt ist es raus: Robert Habeck hat erklärt, dass er sich als Kandidat der Grünen aufstellen lassen will. Er geht mit einer Hypothek in den Wahlkampf – und ist doch der richtige Kandidat für seine Partei, findet Hauptstadtkorrespondentin Rebekka Wiese.
Von Rebekka Wiese
Er hatte es anders geplant. Anfang der Woche hieß es noch, dass Robert Habeck am Donnerstag seine Kandidatur für die Grünen verkünden wollte. Da schien der Wirtschaftsminister und Vizekanzler noch nicht zu ahnen, dass die Ampelkoalition am Abend zuvor platzen würde.
Nun hat er zwei Tage nach dem Bruch des Regierungsbündnisses erklärt, dass er sich als Kandidat aufstellen lassen will: „Wenn Sie wollen, auch als Kanzler“, erklärt er in einem Video. Zeitlich blieb ihm nicht viel anderes übrig: In einer Woche findet der Bundesparteitag der Grünen statt, auf der die Delegierten über seine Kandidatur abstimmen sollen. Doch Zeitdruck ist nicht Habecks größtes Problem. Als Kandidat der Grünen warten ganz andere Schwierigkeiten auf ihn.
Eine Hypothek für den Wahlkampf
Die Partei steckt in einer Krise, die auch mit Habeck zu tun hat. Schaut man sich Umfragen an, kann man gut sehen, wann bei den Grünen aus holprigen Werten ein Abstieg wurde. Es war im März 2023, nachdem der Entwurf für das umstrittene Heizungsgesetz durchgestochen wurde. Das heißt nicht, dass allein Habeck für die Krise verantwortlich ist. Es mag nicht seine Schuld sein, dass die Debatte um das Gesetz so unsachlich verlief. Aber es ist die Hypothek, mit der er in den Wahlkampf zieht.
Trotzdem bleibt den Grünen nicht viel anderes, als ihn aufzustellen. Keine Kandidatur dieser Art zu erklären, würde bedeuten, sich in die Nische zurückzuziehen. Und trotz seiner Hypothek ist Habeck der Einzige, dem die Rettungsmission zuzutrauen ist. Er muss dazu das Kunststück vollbringen, das ihm als Landesminister in Schleswig-Holstein und danach als Parteichef der Grünen schon mal gelungen ist: verschiedene Lager zusammenzubringen. Das ist heute allerdings viel schwieriger – zumal viele den Grünen vorwerfen, selbst zu polarisieren.
Auf das Kanzleramt sollte Habeck wohl nicht hoffen. Schafft er es, den Absturz der Grünen zu verhindern, hätte er schon viel für seine Partei erreicht.