TV-Serie „The Last of Us“

Bella Ramsey: „Die Autismus-Diagnose hat mich befreit“

„The Last of Us“ hat Bella Ramsey („Game of Thrones“) zum Star gemacht. Jetzt startet die zweite Staffel der dystopischen Serie, und der nichtbinäre Twen verrät, was der Erfolg verändert hat.

Bella Ramsey als Ellie in der zweiten Staffel von „The Last of Us“

© Warner

Bella Ramsey als Ellie in der zweiten Staffel von „The Last of Us“

Von Patrick Heidmann

Nach einer sensationell erfolgreichen ersten Staffel ist nun die Fortsetzung von „The Last of Us“ bei Sky und Wow zu sehen. Die Hauptfigur Bella Ramsey ist sehr eng mit der Serie verbunden.

Bella, Sie haben einmal gesagt, dass Sie bei einigen Rollen das Gefühl haben, dass sie Ihnen so nahe seien, als wären sie bereits ein Bestandteil von Ihnen. Gilt das auch für Ellie in „The Last of Us“?

Mehr als für alle anderen Figuren, die ich bislang gespielt habe. Ich erinnere mich noch daran, wie ich damals die ersten paar Drehbuchseiten bekam, um ein Casting-Video zu drehen, mit dem ich mich um die Rolle bewarb. Schon da hatte ich das Gefühl, dass dieses Mädchen in mir steckt und ich sie nur herausholen muss. Ich wusste, wer sie ist und was es mit ihr auf sich hat. Und mittlerweile, nach zwei Staffeln, kenne ich sie natürlich noch besser.

In der ersten Staffel war sie 14 Jahre alt, in den neuen Folgen ist Ellie 19 und damit näher dran an Ihrem echten Alter. Machte das für Sie beim Spielen einen Unterschied?

Da Ellie sich in vielerlei Hinsicht nicht verhalten hat wie eine normale 14-Jährige, empfinde ich den Unterschied zu den neuen Folgen gar nicht so groß. Identifizieren konnte ich mich in der ersten Staffel genauso mit ihr wie in der zweiten, aus unterschiedlichen Gründen. Die Umstände zwangen sie anfangs, reifer sein zu müssen, als sie eigentlich war, was mir zum Teil durchaus bekannt vorkam. In der neuen Staffel geht es nun um ihr Bedürfnis nach Freiheit und Unabhängigkeit – und auch darin fand ich mich wieder, denn auch in meinem eigenen Leben stehe ich inzwischen ein wenig mehr auf eigenen Beinen als früher.

Hoffnung und Leichtigkeit halten sich in „The Last of Us“ die Waage mit Tragik und Brutalität. Würden Sie sagen, dass Ihr Blick auf unsere Welt durch die Arbeit an der Serie optimistischer wurde? Oder im Gegenteil pessimistischer?

Oh, das ist eine gute Frage. Letztlich hält sich wahrscheinlich auch bei mir beides die Waage, würde ich sagen. Irgendwie hat mir „The Last of Us“ dabei geholfen zu erkennen, dass man überall Schönheit entdecken kann, ganz gleich wie dunkel und bitter eine Situation auch sein mag. Aber wenn ich mich umsehe, was in unserer Welt in den letzten paar Jahren passiert ist, kann ich auch nicht immer optimistisch und positiv sein. Es ist schon recht furchterregend, an wie vielen Stellen Fortschritt rückgängig gemacht wird und ein Backlash einsetzt.

In der Serie wird Queerness und überhaupt Vielfalt großgeschrieben. Welche Relevanz hat das für Sie – und wie gehen Sie damit um, dass es Menschen gibt, die sich darüber beschweren?

Eins der Dinge, die ich an der Serie so sehr liebe, ist die Tatsache, dass es sich bei den queeren Handlungssträngen und Figuren nie so anfühlt, als seien sie der Repräsentation oder Diversitätsquoten wegen eingebaut worden – sie sind ganz selbstverständlich Teil der Handlung, wie alles andere in den Drehbüchern auch. Diese Normalität finde ich großartig, und sie entspricht auch der Vielfalt hinter der Kamera, denn sowohl im Ensemble als auch in der Crew von „The Last of Us“ sind die unterschiedlichsten Menschen vertreten. Ich finde es wichtig, genau diese Vielfalt auch abzubilden, um möglichst vielen Menschen zu zeigen, wie alltäglich das ist. Wie sehr sich manche Leute darüber aufregen, finde ich manchmal erschreckend. Aber ich mache mir dann immer wieder bewusst, dass sie zum Glück aller Lautstärke zum Trotz in der Minderheit sind.

Die meisten Fans wissen längst, dass Sie und Pedro Pascal nicht nur vor, sondern auch jenseits der Kamera ein besonderes Verhältnis zueinander haben. Wie schnell haben Sie gemerkt, dass die Chemie zwischen Ihnen stimmt?

Als wir uns bei der ersten Staffel kennenlernten, hatte ich wirklich Angst, was passiert, wenn wir nicht so gut harmonieren, wie ich mir das erträumte. Wir beide wollten so unbedingt, dass unsere Beziehung eine besondere ist, dass wir erst einmal schrecklich nervös und schüchtern waren, gehemmt von den Erwartungen, die wir uns selbst aufgebaut hatten. Aber Pedro brachte mich von Anfang an zum Lachen, und wir wurden doch sehr schnell warm miteinander. Ich glaube nach einem guten Monat gemeinsamer Arbeit wusste ich, dass zwischen uns eine sehr besondere Freundschaft entsteht, die ein Leben lang halten kann.

Allein in den USA schalteten in der ersten Staffel durchschnittlich 32 Millionen Menschen pro Folge ein. Sie laufen inzwischen über rote Teppiche und werden für das Cover der „Vogue“ fotografiert. Immer mehr Menschen erkennen Sie auf der Straße. Wie geht man damit um?

Gute Frage. Einiges, was mit dem Ruhm einhergeht, ist natürlich ganz wunderbar und erfreulich, anderes für mich eher schwierig. Öffentliche Auftritte auf roten Teppichen sind wirklich so gar nicht mein Ding. Aber wenn mich – wie für die „Vogue“ – ein toller Künstler wie Paolo Roversi fotografiert, bin ich zwar im Vorfeld angespannt, genieße das dann aber doch als eine sehr spannende, kreative Erfahrung. Und dass mich inzwischen mehr Menschen erkennen? Daran versuche ich mich zu gewöhnen. Aber zum Glück haben sich insgesamt mein Leben und mein Alltag kaum verändert.

Sie haben während der Arbeit an der ersten Staffel der Serie Ihre Autismus-Diagnose erhalten – und sie in Interviews thematisiert. Hatten Sie keine Bedenken, wie die Öffentlichkeit mit einem so persönlichen Thema umgeht?

Natürlich weiß ich, dass es immer Leute geben wird, die gemeine Kommentare abgeben oder sonst irgendwie ihre Meinung kundtun zu Dingen, die sie eigentlich nicht betreffen. Aber meistens steckt dahinter Unverständnis – und genau deswegen finde ich es so wichtig, über ein Thema wie Autismus zu sprechen. Auch um deutlich zu machen, dass man bei Autismus nicht umsonst von einem Spektrum spricht: Autistische Menschen können ganz unterschiedlich auftreten und aussehen, und ich bin eben einer davon.

War die Diagnose eine Belastung?

Im Gegenteil, es war eine große Erleichterung, sie zu erhalten. Zumal in dem Alter, denn während ich es in der Pubertät vermutlich als große Belastung empfunden hätte, war es nun wie eine Befreiung, endlich zu wissen, dass ich autistisch bin. Seither bin ich gnädiger mit mir, weil ich weiß, was der Grund dafür ist, warum mir manche Dinge schwerer fallen als anderen. Früher hat mich das oft sehr frustriert. Heute verstehe ich mich zum Glück selbst ein wenig besser.

Info

Hauptfigur Bereits als Kind entdeckte Bella Ramsey, geboren 2003 im englischen Nottingham, die Freude daran, auf einer Bühne zu stehen. Der nichtbinäre Teenager wurde durch die Serie „Games of Thrones“ bekannt und übernahm auch die Hauptrolle in der Kinderserie „Eine lausige Hexe“. Nach weiteren Auftritten, etwa in Lena Dunhams Film „Catherine Called Birdy“ bekam Ramsey eine der beiden Hauptrollen in „The Last of Us“ und wurde dafür für den Emmy, den Bafta und den Golden Globe nominiert.

Serie „The Last of Us“ ist bei Sky und Wow zu sehen.

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Erstellt:
14. April 2025, 14:06 Uhr
Aktualisiert:
14. April 2025, 14:50 Uhr

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