Industrieverband WVIB
Die Badener wollen für sich bleiben
Eine Rückkehr zu den Unternehmern Baden-Württemberg (UBW) steht beim badischen Industrieverband WVIB nicht zur Debatte. Lobende Worte gibt es für die Trumpf-Vorstandschefin Nicola Leibinger-Kammüller.
Von Ulrich Schreyer
Der Wirtschaftsverband Industrielle Unternehmen Baden (WVIB) setzt weiter auf seine eigene Stärke. „Ein Wiedereintritt in die UBW (Unternehmer Baden-Württemberg) steht bei uns derzeit auf keiner Tagesordnung“, sagt Hauptgeschäftsführer Christoph Münzer im Gespräch mit unserer Zeitung. Auch bei der kürzlichen Hauptversammlung im Europa-Park Rust war dies kein Thema für den Verband mit Sitz in Freiburg.
2020 waren die Badener aus dem Landesverband der Industrie (LVI) ausgetreten. Diesem hatten sie unter anderem vorgeworfen, die Stimme des LVI sei in der Landespolitik nicht zu hören. Alarmiert waren sie schon ein Jahr vor dem Austritt durch die inzwischen vollzogene Fusion von LVI und der Landesvereinigung Baden-Württembergischer Arbeitgeberverbände zu Unternehmer Baden-Württemberg. Die Interessen der Kleinunternehmen könnten dabei unter die Räder kommen, so ihre Befürchtung.
Kritik an Unternehmer Baden-Württemberg kommt aus Freiburg inzwischen nicht mehr, auch Unternehmer Baden-Württemberg möchte auf Anfrage keine Stellungnahme abgeben. Gegenseitige Scharmützel, so die Ansicht beider Organisationen, nützen keinem.
Verband muss heiße Debatten führen
Gleichwohl formuliert der Wirtschaftsverband Industrieller Unternehmen Baden einige Anforderungen, die seiner Ansicht nach eine moderne Verbandspolitik erfüllen muss. „Verbände müssen eine heiße Debatte führen können, sonst sind die lahm und langweilig“, sagt Münzer etwa, „der brave Verbandsjurist muss zum ebenso niveauvollen wie unterhaltsamen Talkshow-Moderator werden“. Oder: „Social Media muss mehr können als Funksprüche aus der Zentrale zu transportieren“. Dies alles gerade angesichts einer Welt in raschem Wandel. China, KI, USA, aber auch Hyperindividualismus, Abkehr vom Leistungsprinzip nennt der Hauptgeschäftsführer als Stichworte. „Wir brauchen viele Stimmen in der Fläche, um Gesellschaft und Politik zu mobilisieren“, meint Münzer. „Dachverbände müssen sich mehr um die heterogene Mitgliedschaft statt nur um eine Handvoll Funktionäre kümmern“.
Ein Drittel der Mitglieder kommt aus Württemberg
Kampagnen müssten geführt werden, um über die Wähler an die Politiker heranzukommen: „Das politische Gespräch im Hinterzimmer und das Spezitum hat ohnehin kaum politische Wirkung“. Wer Gespräche im Hinterzimmer führt oder sich nur um Funktionäre kümmert – das allerdings lässt er offen. Und kein Verband wird sich diese Vorhaltungen zu eigen machen. Münzer verweist lieber auf zahlreiche eigene Aktivitäten seines Verbandes für die 1044 industriellen Mitgliedsfirmen, hundert mehr als bei seinem Amtsantritt vor 20 Jahren. Diese haben weltweit 312 000 Beschäftigte und kommen auf einen Jahresumsatz von 74 Milliarden Euro. Neunzig Prozent dieser Mitglieder sind nicht tarifgebunden. Immerhin ein Drittel der Mitglieder des badischen Verbandes, der auch unter dem Titel „Schwarzwald AG“ firmiert, kommt aus dem württembergischen Landesteil.
Daneben gibt es Unternehmen, die sowohl beim badischen Verband als auch bei Unternehmer Baden-Württemberg Mitglied sind. Und es gibt welche, aus dem badischen Landesteil, die ihren Beitrag an Unternehmer Baden-Württemberg zahlen. Heidelberger Druckmaschinen und Heidelberg Materials (früher Heidelberg Cement) oder der Autozulieferer Witzenmann aus Pforzheim sind nicht Mitglied im badischen Verband.
Unternehmer aus Heidelberg Präsident bei UBW
Und Rainer Dulger, geschäftsführender Gesellschafter von Prominent Dosiertechnik, ebenfalls in Heidelberg, ist Präsident von Unternehmer Baden-Württemberg – und auch Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Nicht nur dort sind Unternehmer Baden-Württemberg Mitglied, sondern auch beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). In beiden Spitzengremien sind die Schwarzwälder nicht vertreten. Bei Unternehmer Baden-Württemberg sind sowohl Firmen Mitglieder als auch verschiedene Verbände, die sich um die Mitglieder kümmern. Darunter auch einige aus Baden wie etwa die Papierindustrie Baden-Württemberg in Gernsbach, der Bundesverband Schmuck, Uhren, Silberwaren und verwandte Industrien in Pforzheim oder der Arbeitgeberverband Chemie Baden-Württemberg in Baden-Baden.
„Nicola Leibinger-Kammüller ist stärkster Südwestverband“
Münzer, dessen Verband nicht Mitglied beim BDI oder der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände ist, verspricht sich etwa vom BDI Erfreuliches: „Von der Wahl von Peter Leibinger erwarten wir Positives für die Wahrnehmung der Wirtschaft in der Politik“. Doch nicht nur der Aufsichtsratsvorsitzende des Werkzeugmaschinen- und Laserherstellers Trumpf in Ditzingen ist für ihn ein Pluspunkt, sondern auch seine Schwester, die Vorstandschefin des Unternehmens: „Der für mich stärkste Verband in Baden-Württemberg ist Nicola Leibinger-Kammüller als Persönlichkeit. Auf die Chefin von Trumpf hören die Politiker“.