Die Bezahlung bestimmte die Bildqualität
Beim jüngsten Geschichtstreff des Geschichtsvereins Murrhardt und des Carl-Schweizer-Museums stellt Christian Schweizer etliche neu entdeckte Gemälde, vor allem Porträts, des aus der Walterichstadt stammenden Malers Georg Adam Eger vor.

Zwei Hirschporträts von Eger um 1780 in Postkartengröße, die 2023 im Kunsthandel angeboten worden waren und sich nun in Privatbesitz befinden. Diese verschenkten Veranstalter von Hofjagden als Erinnerung an die Damen der hochadligen Jäger. Foto: Carl-Schweizer-Museum
Von Elisabeth Klaper
Murrhardt. Der Murrhardter Jagd- und Porträtmaler Georg Adam Eger (1727 bis 1808) hat offenbar noch viel mehr Gemälde geschaffen als bisher bekannt. Zudem hing deren Qualität davon ab, wie viel die Auftraggeber dafür bezahlen konnten. So schuf Eger einerseits aufwendig und detailliert ausgearbeitete Repräsentationsgemälde für finanzkräftige (Hoch-)Adelige und reiche Bürger. Das künstlerische Niveau dieser Werke entspricht jenem der bedeutendsten Künstler seiner Zeit. Andererseits stellte er Bilder in ganz einfacher Malweise her, die sich auch Bürger mit kleinem Budget leisten konnten.
Diese Erkenntnisse hat der Heimat- und kunsthistorische Forscher Christian Schweizer im Rahmen jahrelanger Recherchen über Egers Leben und Werk gewonnen. Beim jüngsten Geschichtstreff des Geschichtsvereins und des Carl-Schweizer-Museums stellte dessen Leiter eine ganze Reihe von neu entdeckten Gemälden vor. Sie galten bisher entweder als Werke unbekannter Künstler oder wurden anderen Malern zugeschrieben. Indes laufen die Forschungsarbeiten weiter, denn es gibt noch einige wichtige Details zu klären.
So die entscheidenden Fragen: Wo und bei wem absolvierte Eger seine Ausbildung? Bisher vermutete man Johann Christoph Gro(o)th und seine Söhne, nun aber rückt der Tübinger Porträtmaler Wolfgang Dietrich Majer in den Fokus. Er fertigte Bildnisse der Universitätsprofessoren an, war weitläufig unter anderem mit der Familie von Prälat Friedrich Christoph Oetinger verwandt und ging später mit seinem Sohn Jeremias nach Großbritannien. Auffällige Merkmale von Majers Bildnissen sind große Augen, die einen direkt und lebendig anzuschauen scheinen, und ausdrucksvolle „Charakterköpfe“, die sich auch in Egers Porträts finden.
Dessen herausragende Fähigkeiten, Tiere zu porträtieren, könnten durch Mitglieder der Malerdynastie um Johann Georg de Hamilton geschult worden sein, die ähnlich detaillierte, ausdrucksvolle Tiergemälde schufen. Von etwa 1748 bis 1768 war Georg Adam Eger Hof- und Jagdmaler des für seine Jagdleidenschaft bekannten Landgrafen Ludwig VIII. von Hessen-Darmstadt. Der Maler schuf eine Vielzahl von minutiösen Darstellungen der Hofparforcejagden, die man wie Opern oder Theaterstücke inszenierte, wobei alle Beteiligten genau festgelegte Rollen und Aufgaben hatten. Dabei passierten auch kuriose Zwischenfälle: So „stolperte“ einmal ein Oberjägermeister über eine Kuh aus einer Herde, die den Weg der Jagdgesellschaft kreuzte, und fiel vom Pferd, was Eger als „Hofbildberichterstatter“ fast karikaturistisch gestaltete. Detailgenau dokumentierte der Maler den Ablauf in Jagdtagebüchern mit Aquarellen und Berichten. Zudem schuf er Porträts erlegter Hirsche, die man an Bäumen platzierte, bei denen die Wildtiere zur Strecke gebracht worden waren, sowie als Erinnerungsbilder in Kleinformaten an Gäste der Jagden verschenkte.
Nach dem Tod Ludwigs VIII. 1768 kehrte Eger nach Württemberg zurück und lebte erst zeitweise, später dauerhaft in Murrhardt. Nun entwickelte er sich zum gefragten Porträtmaler der Fürsten von Hohenlohe und des Bürgertums in größeren Städten. So schuf er etliche Bildnisse bedeutender Persönlichkeiten Schwäbisch Halls. Seit über zehn Jahren verfolgt Christian Schweizer intensiv den Kunstmarkt, was es ihm ermöglichte, im Kunsthandel, in Museen und Schlössern zahlreiche bisher unbekannte Gemälde zu finden und Georg Adam Eger zuzuordnen. Damit zeigte er, dass dessen Spätwerk viel umfangreicher war als bisher bekannt. Unter anderem entdeckte Schweizer das Gemälde einer eleganten Gesellschaft, wohl Mitglieder der Fürstenfamilie Hohenlohe, in einer Parklandschaft. Einige frönten ebenfalls der Jagdleidenschaft und ließen Eger Hirschporträts malen. Erst vor Kurzem waren im Kunsthandel zwei Hirschminiaturen von hoher Qualität mit „vermenschlichtem Blick“ angeboten worden, die Eger um 1780 in seiner Öhringer Zeit schuf. Hinzu kommen zahlreiche Porträts von Kaufleuten, Amtsmännern, Mitgliedern und Verwandten verschiedener Familien. Möglicherweise porträtierte Eger auch Elisabetha Dorothea Schiller, Mutter des Dichters Friedrich Schiller.
Mit fortschreitendem Alter vereinfachte sich Egers Malweise, er gestaltete nur noch kleinformatige Bilder sowie Gemälde, bei denen vielleicht seine 1758 geborene Tochter und Malerin Johannetta Dorothea Regina mitarbeitete. Möglicherweise schuf sie auch die Ansicht des Klosterhofs um 1800 mit dem nicht mehr existierenden Brunnen. Überdies verlas Schweizer einen bisher unbekannten, privat-vertraulichen Brief Egers. Darin bat er in typisch barocker, untertäniger Form Landgraf Ludwigs VIII. Tochter Karoline Luise, verheiratete Markgräfin von Baden, Kunstmäzenin und -sammlerin, um eine Anstellung – ohne Erfolg.