Historisches Finanzpaket
Können Grüne und Söder an einem Strang ziehen, wenn sie müssen?
Union und SPD wollen ein historisches Finanzpaket schnüren. Jetzt richten sich die Blicke gleich doppelt auf CSU-Chef Markus Söder. Denn gebraucht werden die Stimmen der Grünen, die Söder oft attackiert hat. Und es gibt noch ein weiteres Problem.

© picture alliance/dpa/Sven Hoppe
Nicht sparsam mit Gesten: CSU-Chef Markus Söder beim politischen Aschermittwoch in Passau.
Von Tobias Peter
CSU-Chef Markus Söder ist nicht bekannt dafür, dass er auf Daniel Günther, den CDU-Ministerpräsidentenkollegen aus Schleswig-Holstein hört. Ihn und den „Genossen Günther“, wie in der Union manche den Mann aus Schleswig-Holstein leicht gehässig nennen, verbindet eine herzliche Abneigung gegeneinander.
Er schlage, so hat es Günther der „Welt“ gesagt, „mit Beginn der Fastenzeit ein Enthaltsamkeitsgebot vor, nicht mehr despektierlich über die politischen Mitbewerber zu sprechen“. Das sei „für die ein oder andere Person“ zwar eine ziemliche Umstellung. „Aber für den Zusammenhalt in unserem Land wäre es ein echter Segen“, sagte Günther.
Gemeint ist es offenkundig so: Der bayerische Ministerpräsident Söder soll – wenigstens übergangsweise – auf die Herabwürdigung der Grünen verzichten, die im Wahlkampf vom CSU-Chef besonders gnadenlos attackiert worden sind. Manch einem scheint das auch deshalb ein kluger Vorschlag, weil der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz auf dem Weg zu seiner wahrscheinlichen Kanzlerschaft gerade dringend auf die Grünen angewiesen ist.
Wundgescheuertes Verhältnis
Union und SPD wollen mit einem historischen Finanzpaket Milliardensummen für die Verteidigung und für die Infrastruktur sichern. Geplant ist, dass Verteidigungsausgaben künftig nicht mehr auf die Schuldenbremse angerechnet werden – sobald sie ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts übersteigen. Für die Infrastruktur soll es ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für einen Zeitraum von zehn Jahren geben. Das alles soll der bisherige Bundestag noch beschließen, bevor sich der neue am 25. März konstituiert. Der Grund: Im neuen Bundestag bräuchte man die Linke oder die AfD, um eine Zwei-Drittel-Mehrheit zustande zu bekommen.
Doch die weitreichenden Änderungen so schnell noch durch den bisherigen Bundestag und auch durch den Bundesrat zu bekommen, ist ein schwieriges Manöver. Dabei richten sich die Augen gleich doppelt auf Markus Söder.
Erstens werden jetzt für eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag unbedingt die Grünen gebraucht, denen der CSU-Chef immer wieder so kräftig vors Schienbein getreten hat. Grundsätzlich sind die Grünen für eine Änderung der Schuldenbremse – und sie haben, anders als die Union, auch schon im Wahlkampf dafür geworben. Doch auch sie haben noch Ideen, etwa mehr Geld für den Klimaschutz. Und: Die ständigen CSU-Attacken haben das Verhältnis der Parteien wundgescheuert. Wenn die Grünen nicht mitspielen sollten, würden viele Söder dafür mitverantwortlich machen.
Zweitens wird auch eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundesrat benötigt: das sind mindestens 46 der 69 Stimmen. Auch hierfür müssen die Grünen mitmachen, die in den Ländern regieren. Und: Für die Zwei-Drittel-Mehrheit werden auch die sechs Bundesratsstimmen Bayerns gebraucht. Da Ministerpräsident Söder mitverhandelt hat, sollte das selbstverständlich sein. Es könnte dennoch ein Problem geben: Söders Koalitionspartner Hubert Aiwanger von den Freien Wählern.
Wenn es in letzter Minute brachial wird
Beim politischen Aschermittwoch seiner Partei hat Aiwanger gesagt, CDU und CSU hätten im Wahlkampf auf der Schuldenbremse beharrt, um sie dann wenige Tage nach der Wahl zu pulverisieren. Der Freie-Wähler-Chef polterte: „Das ist die Glaubwürdigkeit eines Heiratsschwindlers.“ Wenn sich Koalitionspartner nicht einigen können, ist es üblich, sich im Bundesrat zu enthalten. Bei uneinheitlicher Abstimmung eines Landes ist die Stimme ungültig.
Wenn Aiwanger und die Freien Wähler sich nicht überzeugen lassen sollten oder auch einfach nur unterordnen, bliebe Söder im Zweifel noch die Wahl, ob er sie aus der Regierung werfen will. Er könnte in Bayern zum Beispiel auch mit der SPD regieren, hätte dann aber nur eine hauchdünne Mehrheit.
Anschauungsmaterial, wie man noch in letzter Minute eine einheitliche Abstimmungslinie im Bundesrat herstellen kann, hat Ende vergangenen Jahres Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke gezeigt. Weil er mit seiner Gesundheitsministerin über die Krankenhausreform nicht einig war, entließ er sie kurz vor der Abstimmung. Die Ministerin berichtete, Woidke habe ihr auf dem Flur des Bundesrats das Entlassungsdokument übergeben.