Regionalwahl in Italien

Die italienische Opposition steht sich selber im Weg

Bei den Regionalwahlen in Ligurien hat der sozialdemokratische Partito Democratico gewonnen und bleibt trotzdem in der Opposition.

Dem Chef der Fünf-Sterne-Protestbewegung, Ex-Premier Giuseppe Conte

© AFP/LUDOVIC MARIN

Dem Chef der Fünf-Sterne-Protestbewegung, Ex-Premier Giuseppe Conte

Von Dominik Straub

Die Mittelinks-Parteien haben einen Elfmeter auf das leere Tor verschossen“, kommentierte die Römer Zeitung „La Repubblica“ den Ausgang der Regionalwahlen vom vergangenen Wochenende konsterniert. Nachdem Liguriens rechter Regionalpräsident Giovanni Toti wegen eines Korruptionsskandals hatte zurücktreten müssen, führten die Oppositionsparteien noch wenige Wochen vor dem Urnengang in allen Umfragen klar. Alle Zeichen standen auf einen Regierungswechsel im Genueser Palazzo della Navigazione, dem Sitz der ligurischen Regionalregierung.

Rache geht vor Sieg

Doch dann machte Giorgia Melonis Kandidat Marco Bucci, der bisherige Bürgermeister von Genua, das Rennen, wenn auch knapp mit 48,8 zu 47,3 Prozent der Stimmen. Die Niederlage der Linken ist umso bitterer, als der Partito Democratico (PD), die größte Oppositionspartei, mit knapp 30 Prozent fast doppelt so viele Stimmen erzielte wie die rechtsnationalen Fratelli d’Italia, die Regierungspartei. Grund für die eher überraschende Niederlage war dessen notorische Zerstrittenheit: Kurz vor den Wahlen hatte der Chef der Fünf-Sterne-Protestbewegung, Ex-Premier Giuseppe Conte, Veto gegen die Aufnahme der Mittepartei Italia Viva auf die gemeinsame Liste eingelegt. Italia Viva wird angeführt von einem weiteren Ex-Premier, Matteo Renzi. Und der hatte 2021 Contes zweite Regierung zum Einsturz gebracht, um dem ehemaligen EZB-Chef Mario Draghi den Weg an die Regierungsspitze zu bereiten. Das hat Conte ihm nie verziehen.

Renzis Italia Viva ist zwar klein, aber ihre Stimmen hätten ausgereicht, der Opposition in Ligurien den Sieg zu sichern. „Heute hat derjenige verloren, der Politik als persönliche ,vendetta’ (Rache) versteht, der nicht in erster Linie siegen, sondern ausschließen und hassen will“, erklärte Renzi nach der Wahl an die Adresse von Conte. Die Protestbewegung, die 2018 bei den nationalen Parlamentswahlen mit 32 Prozent noch stärkste Partei des Landes geworden war und deren Gründer Beppe Grillo aus Genua stammt, hat bei der Regionalwahl in Ligurien weniger als 5 Prozent der Stimmen erzielt. Nicht einmal Grillo selbst gab der Protestbewegung noch seine Stimme. Denn auch mit ihm hatte sich Conte überworfen.

Mangelnder Pragmatismus

Die Regionalwahl in Ligurien ist deshalb interessant, weil sie ein Spiegel der politischen Verhältnisse auf nationaler Ebene ist. Unter der 39-jährigen Parteichefin Elly Schlein legt der Partito Democratico von Wahl zu Wahl an Stimmen zu (in Ligurien kam der PD auf beachtliche 28,4 Prozent), während die Partei von Giorgia Meloni stagniert oder sogar Stimmen verliert (in Ligurien sackten die Fratelli d’Italia am Wochenende auf 15 Prozent ab). Und dennoch sitzt die Regierungschefin zwei Jahre nach ihrem Wahlsieg sicherer im Sattel denn je. Denn im Unterschied zu Deutschland, wo Koalitionen jeweils erst nach den Wahlen gebildet werden, begünstigt das italienische Wahlrecht diejenigen Parteien, die sich schon vor den Wahlen zusammenschließen. Und diesbezüglich war die italienische Rechte schon immer pragmatischer gewesen als die Linke.

Schon bei Melonis Triumph bei den nationalen Wahlen im September 2022 hatten die Oppositionsparteien in der Summe mehr Stimmen erhalten als Melonis Rechtskoalition. Aber weil Conte bereits damals nichts von einer gemeinsamen Liste wissen wollte, hatte die Linke das Nachsehen. Nun hat der Linkspopulist Conte der Rechtspopulistin Giorgia Meloni auch in Ligurien den Sieg geschenkt. Und die Geschichte droht sich auch bei den nächsten beiden Regionalwahlen in Umbrien und in der Emilia-Romagna, die in drei Wochen anstehen, zu wiederholen. „Vor der Wahl in Ligurien, Umbrien und Emilia-Romagna glaubte die Linke an einen 3:0-Sieg.

Es kann schon sein, dass es so herauskommt - nur nicht für sie“, spottete der Parteistratege der Fratelli d’Italia, Giovanni Donzelli, nach der Ligurien-Wahl am Wochenende.

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Erstellt:
29. Oktober 2024, 13:44 Uhr

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