Die Klosterwäsche übernahmen vier Frauen

Zu frühen Zeiten des Benediktinerklosters in Murrhardt waren die Arbeiten klar verteilt: Die Mönche selbst verbrachten den Großteil des Alltags mit Andachten. Putz- und Gartenarbeiten erledigten die Bewohner des Orts.

Hat sich deutlich gewandelt: das Aussehen der kirchlichen Gebäude im Klosterhof. Das Foto zeigt von links einen Anbau, das Refektorium, die Alte Abtei, den Fruchtkasten sowie die Stadtkirche im Hintergrund um 1860.  Foto: Fotoarchiv der Stadt Murrhardt

Hat sich deutlich gewandelt: das Aussehen der kirchlichen Gebäude im Klosterhof. Das Foto zeigt von links einen Anbau, das Refektorium, die Alte Abtei, den Fruchtkasten sowie die Stadtkirche im Hintergrund um 1860. Foto: Fotoarchiv der Stadt Murrhardt

Von Karin de la Roi-Frey

Murrhardt. „Auf Sankt Benedikt achte wohl, dass man Hafer säen soll“, sagt eine Bauernregel für den 21. März. Und die scheint im Jahr 1568/69 befolgt worden zu sein, denn in der Erntezeit mähten zehn Männer und Frauen aus Murrhardt den Hafer des Klosters. Zwei Frauen schnitten unter Leitung eines männlichen Krautschneiders 800 Krautköpfe für die Vorratskammer. Andere waren beschäftigt „mit dem Heuen und Öhmden und dem Fegen der Wiesen und Gärten des Klosters“, berichtet Gerhard Fritz in „Murrhardter Sozialgeschichte Mitte des 16. Jahrhunderts bis zum Beginn des 30-jährigen Krieges“.

Heißt die Mönchsregel nicht „Ora et labora“ (Bete und arbeite)? Darstellungen gemäß diesem Auftrag zeigen Mönche bei der Arbeit auf dem Feld und im Garten, auf einer Baustelle, bei der Weinernte, beim Fischfang und sogar in der Küche. Diese Idealvorstellungen vom klösterlichen Leben aber haben mit der Realität wenig zu tun. In den ersten Gründungsjahren oder wenn die Klöster sehr arm waren, ist das sicher vorgekommen, tatsächlich aber überließen die Mönche die anstrengenden körperlichen Arbeiten oft den Laienbrüdern oder, wie in Murrhardt, den Bewohnern des Orts. Denn es fehlte ihnen einfach an Zeit, um alle Arbeiten selbst zu verrichten.

Stundengebet und liturgische Hymnen beanspruchten die meiste Zeit, die erste Andacht dauerte von zwei Uhr morgens bis Sonnenaufgang, die letzte begann um acht Uhr abends. Nur fünf Stunden pro Tag blieben der Arbeit vorbehalten. Die übrigen verteilten sich auf Lektüre und drei Mahlzeiten. Es mussten helfende Hände her. Und so berichtet Gerhard Fritz für das Jahr 1609/10 von Frauen, die an 70 Arbeitstagen „vihl thung vff alle desß closters wisen vnd gärtten gefüerth, solche helffen seübern vnd was dergleichen sein mag“. Auch ist bekannt, dass Kräuterweiber die Klöster belieferten. Mönche verfügten in ihrem streng geregelten Tageslauf gar nicht über die Zeit, außerhalb des Klostergartens noch nach Kräutern zu suchen. Die aber wurden dringend als Medizin oder für den feinen Kräuterlikör benötigt.

Buntes Durcheinander im Kloster

In „Stadt und Kloster Murrhardt im Spätmittelalter und in der Reformationszeit“ weist Gerhard Fritz denn auch darauf hin, dass im Kloster „ein recht buntes Durcheinander aus Mönchen, Klosterbediensteten des Laienstandes sowie Knechten und Mägden“ herrschte. Auch Lehrer wie der so titulierte Klosterhofmeister Friedrich Jacob Hölderlin (1703 bis 1762) aus Großbottwar gehörten über die Zeitläufte zum Klosterpersonal. Er heiratete Elisabeth Juliane Haselmeier (1710 bis 1765), die Tochter des Abts. Sie starb wenige Jahre nach ihrem Mann in Lauffen, dem Geburtsort ihres weltberühmten Enkels Friedrich Hölderlin (1770 bis 1843). Die stille Abgeschiedenheit, mit der wir heute das Klosterleben gleichsetzen, herrschte allenfalls in der Klausur der Mönche, also im innersten Bereich des Klosters Murrhardt. Eine Regel des heiligen Benedikt bestimmt: „Das Kloster soll, wenn möglich, so angelegt werden, dass sich alles Notwendige, nämlich Wasser, Mühle und Garten, innerhalb des Klosters befindet.“ Dazu kamen aber noch ein Gästehaus, oft ein Krankenhaus, das Novizenhaus und landwirtschaftliche Gebäude. In Murrhardt waren Klausur und Wirtschaftsbereich so gut wie gleich groß. Dazu gehörten die Pfarrscheuer (1948 umgebaut zum Gemeindesaal), Faselviehscheuer für die männlichen Zuchttiere (heute: Kommunales Kino), die Zehntscheuer und der Lange Bau (mit dem heutigen Klostercafé), der auch als „Heuhaus“ oder „Pferde- und Viehstall“ bezeichnet wurde.

Schon wenige Jahre nach seinem Regierungsantritt veranlasste Ludwig der Fromme (778 bis 840), ein Sohn Karls des Großen, im Jahr 817 die Gründung eines Benediktinerklosters in Murrhardt. Er setzte seinen Verwandten Walterich als ersten Abt ein und Murrhardt war wohl eines dieser Klöster, die die reformierten Regeln des Benedikt von Nursia (um 480 bis 547) lebten, auf die das ganze abendländische Klosterwesen zurückgeht.

Fixpunkt im dünn besiedelten Gebiet

Eine Regel bestimmt, dass das im Kloster Benötigte selbst hergestellt werden musste. Die Arbeit hörte nicht auf, zumal das Kloster Murrhardt über ausgedehnte Wälder verfügte und die Jagdmöglichkeiten ihm so manche Gäste bescherte. Auch Herrscher nutzten in Zeiten ohne festen Regierungssitz die Klöster gerne als Interimssitz, wo sie sich manchmal über Monate aufhielten. Dazu kamen Pilger, Kranke und Menschen mit vielen anderen Anliegen ins Kloster, dem Fixpunkt in einer über Jahrhunderte ansonsten fast menschenleeren Gegend. Nur mit Hilfe der Ortsansässigen ließ sich das alles bewältigen. Und so war die Murrhardterin, die für den nötigen Wohnkomfort des Abts zuständig war, „von wegen daß sie beth vnd anders versicht“, nach der Reformation wohl auch für das Wohlergehen von dessen Ehefrau und Sohn zuständig, die als Personal eine Magd und ein Kindermädchen hatten. Nur wenige, besonders vertrauenswürdige Frauen wurden unmittelbar im Kloster zu Haushaltsarbeiten eingesetzt, so um sich als Wasch- und Putzfrauen um Bettzeug zu kümmern. Gerhard Fritz berichtet in der „Murrhardter Sozialgeschichte“ über „vier weiber, die deß closters leinwandt gewaschen“.

In der Mitte des 16. Jahrhunderts, so überliefert Fritz, waren Männer und Frauen aus Murrhardt 24 Arbeitstage damit befasst, „den mist, so man uff des closters acker gefüert“ zu verteilen. 1609/10 heißt es, dass fünf Frauen „die schuell und closter hoff vßgefegt und das kutter vff ein hauffen getragen“ haben. Dass die Frauen für ihre Arbeit schlechter bezahlt wurden als die Männer, hat sich zumindest teilweise bis heute gehalten. Da befand sich die verwitwete Betreiberin der Mühle in Klingen, die mit einer Sägmühle verbunden war, in einer besseren Position. Sie sägte für das Kloster 350 Bretter und 60 Rahmschenkel, die ihren Preis gehabt haben werden. „Ob funffzig Jahren“ arbeitete die Murrhardterin Zacher Ann, nun „ein allte arme frau“, als Magd im Kloster und machte sich 1561 noch nützlich: Sie „brennt noch ein und thut, was sie khan“, überliefert Gerhard Fritz in „Stadt und Kloster Murrhardt im Spätmittelalter und in der Reformationszeit“.

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Erstellt:
10. November 2023, 06:00 Uhr

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