Banken und Rüstung
Die LBBW rüstet auf
Die Landesbank Baden-Württemberg unterstützt Rüstungshersteller mit Krediten im Umfang von knapp einer Milliarde Euro – bei deutlichen Steigerungsraten. Ein neuer Fonds mit Schwerpunkt Verteidigung entwickelt sich zu einem Renner.

© AFP/AXEL HEIMKEN
Rüstungskonzerne wie Rheinmetall sind durch die Zeitenwende wieder interessant für die Finanzbranche geworden.
Von Matthias Schiermeyer
Die Finanzwelt, so scheint es, gerät ins Rüstungsfieber. Die auffälligsten Bewegungen zeigen sich an der Börse: Die Rheinmetall-Aktie etwa ist mit einem Plus von mehr als 160 Prozent in den vergangenen sechs Monaten oder 214 Prozent binnen eines Jahres der große Überflieger.
Dem Wertewandel wollen sich auch die Banken nicht entziehen. Folglich hat etwa die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) ihre Vorgaben für die Finanzierung von Rüstungsunternehmen gelockert und die Kreditvergabe ausgeweitet. „Spätestens seit dem Einmarsch in der Ukraine sind Rüstung und Verteidigung eine wesentliche Grundlage für Freiheit, Demokratie und wirtschaftliches Handeln“, sagt LBBW-Chef Rainer Neske. Dem müsse sich eine Bank stellen. Wenige Monate nach Beginn des russischen Angriffskriegs hat sie ihre Strategie angepasst. „Wir haben uns im Wesentlichen an das angenähert, was Bafa-konform ist.“ Gemeint ist, was das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle „sowohl in Deutschland als auch für Nato-Rüstungspartner zulässt“ – „dafür stehen wir grundsätzlich zur Verfügung.“ Am Ende sei jede Finanzierungsentscheidung aber eine Einzelentscheidung.
„Gesamtkreditportfolio noch sehr klein“
Vor 2022 hatte die Bank in einem „sehr eingeschränktem Maße“ Rüstungsunternehmen finanziert. „Unser Portfolio hat sich in den letzten zwei, drei Jahren ausgeweitet, ist aber in Relation zum Gesamtkreditportfolio noch sehr klein“, sagt Neske. Da rede er – „bei sehr starken Wachstumsraten“ – von einem Volumen unter einer Milliarde Euro; bei einem Unternehmenskreditbestand von insgesamt mehr als 120 Milliarden Euro.
Aufgrund der „politischen Willensbildung“ und weil sich die Finanzindustrie nach und nach anpassen werde, geht der Bank-Vorstandschef – speziell mit Blick auf die Reform der Schuldenbremse – ohnehin nicht davon aus, dass es zu Finanzierungsengpässen bei den Unternehmen kommen wird. Da dürfte eher die Frage sein, wie die Produktion rechtzeitig hochgefahren werden kann.
Vorbei sind demnach auch die Zeiten, in denen sich – insbesondere mittelständische – Rüstungsfirmen beklagen, dass sie von den Banken zu wenig mit Krediten unterstützt werden. „Es gibt immer mal wieder Themen in einzelnen Kundenbeziehungen, wo eine Bank im einem konkreten Fall sagt: Das mache ich nicht“, schildert Neske vage. „Jede einzelne Entscheidung unterliegt einem eigenen Kreditprozess.“ Aus seiner Sicht sollte dies aber „auf Augenhöhe“ stattfinden.
Auch auf politischer Ebene gibt es noch Beschränkungen, die sogenannten ESG-Regeln in der EU, wonach Investitionen in Rüstung nicht als nachhaltig gelten. Gemeint ist der Standard „Environmental, Social and Governance“ (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) für besonders verantwortungsvolle Geldanlagen. Auch nachhaltig vertriebene Fonds dürfen nicht in Rüstungshersteller investieren. Mit Macht setzt sich der Bundesverband der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie dafür ein, Rüstungsfirmen für die erheblichen Finanzmittel, über die Banken, Versicherungen und Investmentfonds verfügen, attraktiver zu machen. Die EU-Kommission hat schon voriges Jahr immerhin klargestellt, dass der EU-Rahmen diese Investitionen nicht unterbinden soll.
„Völlig entspanntes Verhältnis“ zum Rüstungsbereich
Neske legt nach: Er hält es „für sinnvoll, sich auf der politischen Ebene ein Stück weit den neuen Realitäten zu öffnen“ – die Bank habe dies „sehr frühzeitig gemacht“ und insofern „ein völlig entspanntes Verhältnis“ zum Rüstungsbereich. Über Jahrzehnte sei es freilich auch ein „nicht besonders attraktives Geschäftsfeld“ gewesen. Mangels Aufträgen von der Bundeswehr konnten die Firmen nur durch das Exportgeschäft überleben. Da sei auch die Finanzierungsnachfrage sehr gering gewesen, sagt der Vorstandschef.
Neu aufgelegt hat das Landesbank Asset Management den Themenfonds „LBBW Sicher Leben“, der in Unternehmen investiert, „die an der wachsenden Bedeutung des Themas Sicherheit partizipieren“, wie es heißt. Das Portfoliomanagement konzentriere sich auf Aktien von Unternehmen in der Verteidigungstechnologie- und Rüstungsbranche sowie auf Firmen, die sich an der Cyberabwehr beteiligen oder „Produkte für die physische Sicherheit“ im Alltag anbieten. Der Fonds sei Ende Dezember 2024 gestartet und gehöre „mit mittlerweile mehr als 22 Millionen Euro an Kundengeldern und einem Fondsvolumen von 32,5 Millionen Euro zu den – bezogen auf den Fondsstart – am meisten nachgefragten Fonds der LBBW Asset Management in den vergangenen 15 Jahren“, sagte ein Sprecher unserer Zeitung.