Bundestagswahl 2025
„Die Partei“ und ihr Intimfeind Merz – was darf Satire?
Die Partei“ schaffte es jüngst mit einem bösen Wahlwerbespot in die Schlagzeilen. Was steckt hinter der Spaßtruppe, die mit der Satire-Zeitschrift „Titanic“ verbandelt ist und den CDU-Chef hasst?
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© IMAGO/Guido Schiefer/IMAGO/Guido Schiefer
Angehörige der „Hintner-Jugend“ werben für „Die Partei“.
Von Michael Haug
„Die Partei“ hat jüngst mit einem Wahlwerbespot das umstrittene Abstimmungsverhalten von Union-Kanzlerkandidat Friedrich Merz im Jahr 1997 zum Thema Vergewaltigung in der Ehe thematisiert und es damit in die Medien geschafft. Was steckt hinter der „Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative“?
„Die Partei“ wurde 2004 von Mitarbeitern des Satire-Magazins Titanic gegründet. Ihr prominentestes Gesicht ist Martin Sonneborn, ihr Gründungsvorsitzender. Sonneborn ist auch durch seine Rolle als Außenreporter in der heute-show zwischen 2009 und 2014 bekannt. Seit 2014 sitzt er im Europaparlament. Bei der Bundestagswahl 2025 tritt Dominic Harapat als Spitzenkandidat der Partei an.
„Die Partei“ und ihr Wahlprogramm
Das Wahlprogramm ist bemerkenswert kurz – es umfasst nur 708 Wörter. Zum Vergleich: Laut dem Informationsdienst Wissenschaft haben von den parlamentarisch vertretenen Parteien die Grünen mit 30.693 Wörtern das längste Wahlprogramm. Das Bündnis Sahra Wagenknecht hält sich mit 17.011 Wörtern am Kürzesten, braucht aber immer noch etwa 24-Mal mehr Wörter als „Die Partei“.
Inhaltlich hat es direkt der erste Abschnitt des Wahlprogramms der Satirepartei in sich: „Kinderarbeit ist ein unschöner und unzeitgemäßer Begriff aus dem letzten Jahrtausend, der uns eine entscheidende Ressource zu unendlichem Wohlstand vorenthält. Trennen wir uns davon und alles wird gut werden!“
YouGov-Umfrage vom 17. Februar
- CDU/CSU: 27 Prozent (-2)
- AfD: 20 Prozent (-1)
- SPD: 17 Prozent (+1)
- Grüne: 12 Prozent (+-0)
- Die Linke: 9 Prozent (+3)
- BSW: 5 Prozent (+-0)
- FDP: 4 Prozent (+-0)
- Sonstige: 5 Prozent (-1)
„Die Partei“ gegen Merz und BlackRock
Und mit der Aufschrift „Black Rock Matters“ plakatiert „Die Partei“ derzeit auf den Straßen mit einem nachgemachten Logo der Union, bevor man hinter einem Trompe-l’œil erkennt, dass es sich hier um Satire handelt.
Eine Anspielung auf die mutmaßlichen wirtschaftlichen Interessen von Kanzlerkandidat Friedrich Merz, mit dem „Die Partei“ eine lang gehegte Abneigung verbindet. Von 2000 bis 2005 wurde „Fritze Merz“ von Sonneborn & Co. jedenfalls konsequent mit einem unschönen Schimpfwort tituliert, das ebenfalls mit dem Buchstaben F beginnt und gleichzeitig mit dem Vornamen des angehenden Kanzlers spielt.
Sonneborn vs. Merz
Während das für „Die Partei“ damals als Satire durchging und nicht geahndet werden konnte, wurden Nachahmer im Internet durchaus vom Büro Friedrich Merz juristisch zur Rechenschaft gezogen.
Heute könnte so etwas unter den jüngst verschärften Paragraphen zur Majestätsbeleidigung fallen (§ 188 StGB), denn Politiker sind in Deutschland inzwischen stärker vor (mutmaßlichen) Anfeindungen geschützt als Normalbürger, was bereits zu umstrittenen Hausdurchsuchungen und Strafverfahren geführt hat – auch unter Beteiligung von Merz sowie dem offenbar dünnhäutigen Vizekanzler Robert Habeck (Grüne).
„Majestätsbeleidigung“ nicht mehr erlaubt?
Dies obwohl man erst 2017 im Rahmen der „Böhmermann-Affäre“ einen ähnlichen Paragrafen abgeschafft hatte, der ausländische Staatsoberhäupter wie den türkischen Präsidenten Erdogan besonders vor „Majestätsbeleidigung“ schützte. Das böse Schimpfwort für Friedrich Merz aus den Nullerjahren war von Martin Sonneborn indes in letzter Zeit nicht mehr zu hören.
„Sinnentleerte Jobs“ und „modifizierte Katzenbilder“
Bei neuen Entwicklungen wie der künstlichen Intelligenz findet „Die Partei“ dagegen deutliche Worte: „Existenzen, die vorher in kleinen Büros mit sinnentleerten Jobs vor sich hinvegetierten“ könnten durch sie „ einen produktiven Beitrag zur Gesellschaft leisten“. Hoffnung sei „wichtiger als Karrieren“ und nicht durch Geld aufzuwiegen.
„Die Partei“ spricht sich für „Energieoffenheit“ aus, damit könne man die „Preise schmelzen lassen wie Polkappen“. Kanzler Harapat wolle zudem den Meta-Konzern erwerben und „zu einer Anstalt des öffentlichen Rechts umbauen“. Mit modifizierten Katzenbildern solle die junge Generation dann beeinflusst werden – soweit das nicht über die parteieigene „Hintner-Jugend“ gelinge.
„Die Partei“ schwört auf Bahn, Telekom und Merkel
Der ÖPNV soll abgeschafft werden („nicht mehr zu retten“). Der Rentenplan der Satirepartei soll „Ein gesichertes Erbe (...) mit staatlich angeleiteter Investition zu einer garantierten Rendite nach Vorbild der Deutschen Telekom führen.“ Armut werde unter Strafe gestellt.
Garniert werden die Forderungen von Mut machenden Sprüchen wie „Wir klären das!“, „Das wird schon!“ oder „Wir schaffen das!“. Der Wähler quittierte es in letzter Zeit mehrfach mit Ergebnissen von bis zu zwei Prozent und mehr. Landet „Die Partei“ auch bei der Bundestagswahl über 0,5 Prozent hat sie Anspruch auf Wahlkampfkostenerstattung von mindestens 1,05 Euro pro Stimmzettel – und kann die Einnahmen wieder in Satire umsetzen.