Die Stunde der Strategen

Sebastian Hoeneß und Thiago Motta haben ihren Mannschaften einen neuen Spielansatz vermittelt – und schätzen sich dafür gegenseitig.

Von Carlos Ubina

Turin - Sebastian Hoeneß darf sich geschmeichelt fühlen. Ein italienischer Reporter hat ihn in eine prominente Trainerreihe gestellt – mit Thiago Motta von Juventus Turin, Xabi Alonso von Bayer Leverkusen und Mikel Arteta vom FC Arsenal. Die Verbindung des Quartetts sei das Alter. Die vier Fußballlehrer sind 42 Jahre alt und stehen für einen modernen Spielansatz. Daraus wird die Frage abgeleitet, ob auf den Trainerbänken der Champions League ein Generationswechsel ansteht.

Motta muss während der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen den VfB Stuttgart an diesem Dienstag (21 Uhr) schmunzeln, ehe er antwortet. „Nein“, meint er, „das Alter spielt keine Rolle.“ Vielmehr Entwicklungen, Ergebnisse und Erfolge. Alles bieten nicht nur die Turiner, sondern ebenso die Stuttgarter. Allerdings auf einem anderen Niveau, wenn man auf die ruhmreiche Historie des italienischen Rekordmeisters schaut.

In der Gegenwart schätzen sich die beiden aufstrebenden Strategen an der Außenlinie. „Juve kennt viele Wege, um gut zu verteidigen“, sagt Hoeneß und schreibt Motta diese Variabilität zu. Das einzige Manko, das er erkennt, liegt vorne. Für die ausgeübte Dominanz würden die Juve-Stars zu wenig Tore erzielen. Das soll so bleiben – und Alexander Nübel hat eine Idee, wie Dusan Vlahovic zu stoppen ist. „Er ist ein Büffel vorne drin mit einem starken Abschluss“, sagt der VfB-Torwart über den serbischen Stürmer, „aber wir haben hinten auch ein paar Büffel drin.“

Motta mag keinen VfB-Angreifer herausheben. Weder Deniz Undav noch Jamie Leweling, die zuletzt in der deutschen Nationalmannschaft getroffen haben und auch international Applaus erhielten. Der Italiener sieht eine weiß-rote Einheit vor sich. „Ich mag diese Mannschaft“, sagt Motta und lobt die Elf, die Hoeneß geformt hat. Insbesondere die beiden Sechser Atakan Karazor und Angelo Stiller haben es dem früheren Mittelfeldspieler angetan. „Sie agieren sehr intelligent und helfen, das Spiel zu organisieren.“

Spannend wird es deshalb zu sehen sein, welches Team seinen Matchplan durchbringt. „Sie fühlen sich wohl und sind gut, wenn sie in Ballbesitz sind“, sagt Motta. Hoeneß hat die 0:4-Niederlage beim FC Bayern mit den Spielern aufgearbeitet. Er hat sich dabei jedoch nicht nur auf die letzte halbe Stunde gestürzt, als die Stuttgarter vier Gegentore kassierten. „Wir haben auch zuvor nicht immer mit der letzten Konsequenz verteidigt“, sagt der VfB-Coach. „Wir müssen uns aber auch nicht in Grund und Boden schämen, weil wir in München verloren haben.“

Der Fokus soll neu ausgerichtet werden und nur noch das Juve-Spiel in den Köpfen sein. Spaß soll die Champions League machen und keinen zusätzlichen Druck erzeugen. Der Blick auf den Qualifikationsstand hat bei Hoeneß deshalb keine Priorität, vielmehr die Leistung. Ähnlich sieht es Motta. „Wir müssen darum kämpfen, den Ballbesitz zu erreichen.“ Das Topspiel in der Serie A am Wochenende gegen Inter Mailand, versichert der Juve-Coach, sei keineswegs in den Köpfen. Er und das Team seien „zu 200 Prozent auf den VfB fokussiert“.

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Erstellt:
21. Oktober 2024, 22:09 Uhr
Aktualisiert:
22. Oktober 2024, 21:59 Uhr

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