Globushersteller Columbus
Die Welt entsteht in Krauchenwies
Columbus, die älteste produzierende Globusmanufaktur, sitzt im schwäbischen Krauchenwies und will verstärkt Billiganbietern aus China Paroli bieten. Wo die Welt entsteht, und warum dort auch für den Stuttgarter Kosmos-Verlag produziert wird.

© /Jan Greune
Fingerspitzengefühl ist gefragt bei einer handkaschierten Weltkugel von Columbus.
Von Imelda Flaig
Es geht um Millimeterarbeit, jeder Handgriff scheint der Wichtigste zu sein. Wenn die Beschäftigten in der Produktionswerkstatt bei Columbus in Krauchenwies (Kreis Sigmaringen) Streifen aus Kontinenten und Weltmeeren akribisch zusammenfügen und auf Acryl- oder mundgeblasene Kristallglaskugeln kleben, sieht es aus als würde man eine geschälte Orange zusammensetzen. Bis die Welt komplett ist, ist viel Fingerspitzengefühl gefragt.
Jährlich werden bei Columbus 7000 bis 15 000 Globen von Hand gefertigt, also handkaschiert wie es im Fachjargon heißt, maschinell im Tiefziehverfahren sind es bis zu 35 000. Künftig sollen es bis zu 200 000 Globen im Jahr sein, sagt Co-Geschäftsführer Armin Sinnwell mit Blick auf geplante Investitionen in die Fertigung. Damit will sich Columbus weitere Kunden im günstigeren Preissegment erschließen und gegen Billiganbieter aus China punkten – auch wenn der Fokus des Familienunternehmens auf handkaschierten Weltkugeln liegt. Der Globenmarkt ist klein, weltweit gibt es nur eine Handvoll Anbieter.
Weltmarktführer in der Nische
Nicht nur in die Fertigung der Weltkugeln soll investiert werden, sondern auch ins Kartografiegeschäft – dazu zählen Karten, Atlanten und der Weltalmanach. Dieses Geschäft hat der Stuttgarter Kosmos Verlag Anfang 2025 bei seiner Tochter Columbus gebündelt. Durch die engere Zusammenarbeit verspricht man sich mehr Tempo bei Innovationen und positive Effekte im Vertrieb. Ziel sei, in dieser speziellen Nische Weltmarktführer zu werden, sagt Sinnwell, der bei Kosmos das Kartografiegeschäft verantwortet, und in der Übergangsphase wöchentlich zwischen Stuttgart und Krauchenwies pendelt. Seit 2017 hält Kosmos 51 Prozent an Columbus, 49 Prozent liegen bei der Familie Oestergaard.
Niklas Oestergaard und seine Schwester Marcia, die Kinder von Geschäftsführer Torsten Oestergaard, repräsentieren die fünfte Generation im Familienunternehmen, das 1904 gegründet wurde und nach eigenen Angaben die älteste noch produzierende Globusmanufaktur der Welt ist. Beide sind mit Herzblut dabei. „Auf der Weltkugel lässt sich die Schönheit der Erde in allen Farben darstellen“, sagt Marcia Oestergaard (24). Der umtriebigen Frau nimmt man die Begeisterung ab. Sie kümmert sich um Marketing und Vertrieb.
„Wenn man die Erde in Miniatur vor sich hat, werden einem die Ausmaße erst richtig bewusst“, sagt Niklas Oestergaard. Grönland etwa habe auf dem Globus eine ganz andere Form als auf der Weltkarte, weil auf einer flachen Ebene die Rundung der Erde nicht originalgetreu, sondern nur verzerrt dargestellt werden könne. Der 29-Jährige ist für IT und Digitalisierung verantwortlich. Er programmiert etwa die Algorithmen, die die Globen interaktiv machen, hat für den „Entdeckerstift“ gesorgt, mit dem Weltkugeln, Karten und Atlanten Informationen preisgeben und hat auch kleinste Veränderungen im Weltgeschehen im Blick – wenn sich Grenzen verschieben oder neue Städtenamen auftauchen.
Die Welt verändert sich laufend – was fast einmal das Aus für Columbus bedeutet hätte. Mauerfall, die Wiedervereinigung und das Auseinanderbrechen des Ostblocks wirbelte die internationale Landkarte dermaßen rasant durcheinander, dass tausende Erdkugeln eingestampft werden mussten. In Zeiten digitaler Kartografie kann sich das Unternehmen schnell auf Änderungen einstellen.
240 Swarowski-Kristalle für Metropolen und Städte
Doch wer kauft heute überhaupt noch einen Globus? „Die Nische ist klein, aber die Nachfrage ist da“, sagt Sinnwell. Die Zeiten, in denen nahezu in jedem bürgerlichen Haushalt ein Globus stand, sind zwar vorbei, für viele hat er dennoch Faszination – auch als Designstück. Statt im klassischen Buchhandel sind Columbus-Globen längst auf Möbelmessen zu finden. Auf Bestellung gibt es fast alles, farblich sogar passend zur Einrichtung. Wie etwa der Globus mit weißen Kontinenten und orangefarbenen Ozeanen, auf dem dann auch noch 240 Swarowski-Kristalle in Metropolen und Städten um die Wette funkeln, wenn das Licht in der Weltkugel angeschaltet wird. Oder lieber das Modell, das frei schwebt oder das mit Edelstahl-Meridian und Standfuß aus Nussbaum?
An Innovationen und Ideen mangelt es nicht. Globen aus Krauchenwies sind in Kinderzimmern, Wohnräumen, Museen, Bibliotheken und Unternehmen zu finden – ob in Europa, England oder in den USA. Die Preise variieren je nach Ausführung und Material. Ein Kinderglobus mit 26 Zentimetern Durchmesser kostet knapp 30 Euro, einer mit Swarovski-Steinchen ist ab knapp 680 Euro zu haben.
Ein Riesenglobus für 20 000 Euro
Spezialanfertigungen – wie beispielsweise für den Europapark oder den Gasometer in Oberhausen – sind teurer. Der größte Globus von Columbus hat immerhin einen Durchmesser von zwei Meter, da sind dann auch Kran und Gabelstapler gefragt. Solche Einzelstücke können bis zu 20 000 Euro kosten, wie dies für einen US-Kunden der Fall war. Der Transport kostete im Übrigen noch 15 000 Euro extra.
In Krauchenwies beschäftigt Columbus rund 70 Mitarbeiter. Der Umsatz liegt bei rund fünf Millionen Euro und soll deutlich zulegen. Mit der Fertigung für Kosmos hat man sich schon vor Jahren ein zweites Standbein geschaffen. Auf hochautomatisierten Spritzgussmaschinen werden unter anderem Figuren für den Spieleklassiker Catan, Teile für die Kugelbahn Gecko Run oder für Experimentierkästen hergestellt, die bei Columbus auch konfektioniert werden.
Auch Kosmos profitiert, weil sich damit Lieferrisiken, die es bei der Auslandsproduktion gab, vermeiden lassen. „Columbus ist nicht nur Produzent, sondern auch ein Innovationslabor für Kosmos“, beschreibt es Sinnwell – etwa wenn man Spielfiguren aus nachhaltigem Kunststoff spritzt, der auf Zuckerrohr basiert. Neue Ideen, die nicht nur für den Globenhersteller eine runde Sache sind, sondern auch für den Kosmos Verlag.