Migration: Polen bleibt hart

Donald Tusks neue Härte

Premier Donald Tusk setzt die rigide Einwanderungspolitik der vor ihm regierenden PiS-Partei fort. Er verspricht sich davon auch bessere Umfragen. In seiner Koalition stößt das auf teils harsche Kritik.

Tusk bleibt in der Migrationsfrage hart.

© imago//Aleksander Kalka

Tusk bleibt in der Migrationsfrage hart.

Von Jens Mattern

Außenministerin Annalena Baerbock fordert angesichts der polnischen Debatte über eine vorübergehende Aussetzung des Asylrechts eine rasche Umsetzung des EU-Reformpakets zur Verschärfung des gemeinsamen europäischen Asylsystems (GEAS). Das Paket „muss jetzt ambitioniert beschlossen und national umgesetzt werden“, verlangte die Grünen-Politikerin bei einem Treffen mit ihrem nordmazedonischen Kollegen Timco Mucunski in Berlin. Die polnische Regierung von Ministerpräsident Donald Tusk will im Laufe des Tages über die Aussetzung des Asylrechts diskutieren. Tusk hatte angekündigt, das Asylrecht zeitweise auszusetzen. Auch das EU-Migrationspaket werde er „hart und rücksichtslos“ anfechten, sollte es polnischen Interessen zuwider laufen, so der Premier. Polen und die EU werfen Russlands Präsidenten Wladimir Putin und dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, Migranten aus Krisenregionen in organisierter Form an die polnische Ostgrenze zu bringen.

Warschau lässt bereits seit Jahren die Grenze mit einem hohen Zaun absichern. Die Regierung Tusk baut die Sperren weiter aus und übernahm von der Vorgängerregierung auch die Sicherheitszone vor dem Grenzbereich. Dort dürfen sich keine Zivilisten aufhalten.

Für die Regierung Tusk wird die Migrationsfrage zum Problem. Vor genau einem Jahr verdrängte die Mitte-Links-Koalition die autoritär regierende nationalkonservative Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) bei den Parlamentswahlen. Doch heute mag von Feiern keine Rede sein, denn die Migrationspolitik des Regierungschefs ist bei den Koalitionspartnern höchst umstritten. „Sicherheit schließt Menschlichkeit nicht aus“, betonte Szymon Holowania, Co-Vorsitzender des christlich-argrarischen Koalitionspartners „Dritter Weg“. Der bekennende Katholik nannte das Asylrecht „heilig“. Deutlicher äußert sich die „Linksallianz“, ein weiterer Koalitionspartner. Sie vergleicht Tusk mit Ungarns Premier Wiktor Orban oder gleich mit dem politischen Gegner, der PiS. Auch sei der Vorstoß Tusks nicht mit ihnen abgesprochen worden.

Will Tusk Präsident werden?

In den polnischen Medien werden die Töne des gelegentlich rücksichtslosen agierenden Tusk als Wahlkampfmanöver betrachtet. Im August 2025 wird ein neuer Präsident gewählt, das jetzige Staatsoberhaupt Andrzej Duda muss nach zwei Amtszeiten abdanken. Zwar stehen die Kandidaten noch nicht fest, doch Präsidentschaftsambitionen hegt der ehrgeizige Historiker schon seit langem – im Jahr 2005 verlor er gegen den PiS-Kandidaten Lech Kaczynski. Gleichzeitig schwankt die Stimmung im Land nach rechts – die PiS ist mit rund 33 Prozent im Aufwind, die weiter rechts stehende antiukrainische Partei „Konföderation“ hat bereits über zwölf Prozent erreicht.

Ob Donald Tusk mit seiner harten Asylpolitik nun Gegenwind aus Brüssel bekommt, darf bezweifelt werden. Kein Politiker ist dort so gut vernetzt wie der ehemalige Präsident des Europäischen Rates.

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Erstellt:
15. Oktober 2024, 17:21 Uhr

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