Drei musikalische Erzähler in Hochform

Das Konzert des Vergil Trios in Murrhardt ist eine Premiere: Erstmals präsentieren die Kammermusiker Bertram Schade (Violine), Gregor Pfisterer (Violoncello) und Michael Kuhn (Klavier) Werke von Beethoven, Bridge und Dvořák vor überschaubarer Zuhörerkulisse.

Vergil Trio (von links), das sind Bertram Schade an der Violine, Michael Kuhn am Klavier und Gregor Pfisterer am Violoncello. Mit dem römischen Schriftsteller als Teil ihres Namens signalisieren sie, wie wichtig ihnen das erzählerische Element der Musik ist. Foto: Elisabeth Klaper

© Elisabeth Klaper

Vergil Trio (von links), das sind Bertram Schade an der Violine, Michael Kuhn am Klavier und Gregor Pfisterer am Violoncello. Mit dem römischen Schriftsteller als Teil ihres Namens signalisieren sie, wie wichtig ihnen das erzählerische Element der Musik ist. Foto: Elisabeth Klaper

Von Elisabeth Klaper

Murrhardt. Ein Kammermusikabend der absoluten Spitzenklasse ist das Premierenkonzert mit dem kürzlich gegründeten Vergil Trio im Heinrich-von-Zügel-Saal. Erstmals treten die Kammermusiker Bertram Schade (Violine), Gregor Pfisterer (Violoncello) und Michael Kuhn (Klavier), Kollegen der Tübinger Musikschule mit langjähriger internationaler Konzerterfahrung in unterschiedlichsten Besetzungen, als klassisches Klaviertrio mit einem überaus abwechslungsreichen Programm auf.

„Musik ist immer am besten, wenn sie gut erzählt wird, deshalb haben wir unser Trio nach dem römischen Schriftsteller Vergil benannt, der einer der berühmtesten Erzähler war“, erklärt Bertram Schade den Namen. So „erzählen“, sprich interpretieren die Künstler voller Hingabe und mit feinstem Gespür für Stimmungen und Charakteristiken vollendet interagierend und zusammenwirkend hochkarätige Kompositionen aus verschiedenen Epochen und Stilen mit großer Musizierkunst, Virtuosität und Liebe zum Detail.

Schillerndes Juwel von Beethoven

Ein vor innovativen Ideen sprühendes und in einer Fülle unterschiedlicher Klangfarben schillerndes Juwel der Klassik ist das Klaviertrio Opus 1 Nr. 3 in c-Moll von Ludwig van Beethoven mit vier Sätzen. Es ist eines der frühesten Werke des grandiosen Tonschöpfers, in dem dessen Originalität „zündende Funken sprüht“, wie ein Musikkritiker nach der Uraufführung 1795 schrieb. Darin schüttet er ein Füllhorn an unterschiedlichen Motiven, Melodien, Harmonien und tänzerisch beschwingten Rhythmen aus.

Bezaubernd schön gestalten die Musiker die Kantilenen der Streichinstrumente, ebenso die ausgeklügelten Klavierfigurationen und Läufe. Ein verträumtes „Liebeslied“ wird anmutig variiert, graziös verspielt erklingt das kunstvolle Menuett. Chromatische Läufe, überraschende Tonartwechsel und Kontraste zwischen spannungsvollen und idyllischen Passagen bestimmen das Finale in hohem Tempo. In der gesamten Komposition spiegelt sich Beethovens jugendliche Fröhlichkeit wider, zugleich schimmern bereits die zarte Innigkeit und der spätere tiefe Ernst durch.

Ein selten aufgeführtes spätromantisch-impressionistisches Meisterwerk ist die Fantasie in c-Moll des britischen Komponisten Frank Bridge von 1907. Ein breites Spektrum aus rasch changierenden Stimmungen und Charakteristiken prägt das vom Vergil Trio überaus kunstvoll und emotional inszenierte Klanggemälde.

Manche Passagen klingen wie Filmmusik

Es umfasst eine Vielzahl von melodramatischen, effektvoll gestalteten Passagen, die teils schon wie Filmmusik klingen. Mehrfach folgen auf sehr düstere und schwermütige Klangfarben hinreißend idyllische, schwärmerische Kantilenen. Hinzu kommen diverse moderne Klangelemente, die typisch sind für die Zeit zwischen 1900 und dem Beginn des Ersten Weltkriegs 1914. Möglicherweise beeinflussten die damalige unruhige Atmosphäre und die zunehmenden internationalen Spannungen Frank Bridges Komposition.

Kein Klaviertrio im klassischen Sinne, sondern eine Suite aus sechs Tänzen ist Antonín Dvořáks 1891 uraufgeführtes Klaviertrio Nr. 4 Opus 90, auch Dumky Trio genannt. Die Dumka ist ein ursprünglich aus der Ukraine stammender Volkstanz mit zweimaligem Wechsel zwischen langsamen und wehmütigen sowie schnellen und ausgelassenen Charakteren. Mit Dumky kreierte der tschechische romantische Komponist Antonín Dvořák aus Volksmusik ein vielschichtiges Tonkunstwerk. Jede Dumka hat eine eigene Klangsprache und die ersten drei Tänze gehen ineinander über. Alle zeichnen sich durch eine große Vielfalt unterschiedlicher Klangnuancen, Melodien und Harmonien aus. In zahlreichen bezaubernd schönen, ausdrucksvollen und getragenen Kantilenen tritt oft das Violoncello hervor, ab und zu auch die Violine.

Hinzu kommen melodisch und harmonisch brillante „Duos“ der Streichinstrumente, virtuose und teils chromatische Klangkreationen auf dem Klavier. Volksfestatmosphäre und Lebensfreude strahlen die kurzen, temperamentvollen Tanzpassagen in hohem Tempo aus. In starkem Kontrast dazu stehen fast meditative, feierliche und innige Momente sowie eine Melodie, die an geistliche orthodoxe Gesänge erinnert.

Außerordentlich bedauerlich ist jedoch, dass das Vergil Trio vor nur einem Dutzend Zuhörerinnen und Zuhörern auftritt. Diese bringen ihre Faszination über das wunderbare Konzert mit tosendem Beifall zum Ausdruck. Daraufhin trägt das Vergil Trio noch das erste der drei russischen Lieder von Michail Glinka mit klangschönen romantischen Kantilenen als Zugabe vor.

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Erstellt:
1. Februar 2024, 06:00 Uhr

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