Olympia

„Dürfen träumen“: Deutsche Handball-Teams als Party-Crasher?

Die deutschen Handball-Teams fordern im Viertelfinale Frankreich - und damit eine ganze Nation. Während die DHB-Männer vor Selbstbewusstsein strotzen, herrscht bei den Frauen eher Ernüchterung.

Die deutschen Handballer bekommen es im Viertelfinale mit Frankreich zu tun – kein glückliches Los.

© dpa/Aaron Favila

Die deutschen Handballer bekommen es im Viertelfinale mit Frankreich zu tun – kein glückliches Los.

Von Michael Bosch/dpa

Für die deutschen Handball-Teams wird es ernst bei Olympia: Mit einer Mischung aus Wehmut und Vorfreude verließen die Männer das olympische Dorf. Rund zwei Wochen lang waren die kleinen Wohngemeinschaften am Stadtrand von Paris das Zuhause der Medaillenjäger um Juri Knorr.

Nun geht es von den Pappbetten auf komfortablere Hotelmatratzen. Von der Gruppenphase in die K.o.-Runde. „Jetzt ist es vorbei mit Dorf genießen und Spaß haben. Der Handball ist jetzt im absoluten Fokus“, kündigte Kapitän Johannes Golla an.

Beide DHB-Teams treffen auf Frankreich

Als die Gruppensieger von Bundestrainer Alfred Gislason ihren Umzug starteten, warteten die DHB-Frauen rund 220 Kilometer entfernt schon auf ihre Landsmänner. „Wir sind mit beiden Mannschaften bei den Olympischen Spielen unter den Top-Acht, das heißt quasi im Endlauf eines 100-Meter-Rennens“, beschrieb Sportvorstand Axel Kromer die Ausgangslage.

Gemeinsam möchte man die Medaillenmission im Hexenkessel von Lille fortsetzen. Sowohl die deutsche Handball-Nationalmannschaft der Männer als auch der Frauen trifft auf Frankreich – aber nur einmal scheint ein deutscher Sieg realistisch. 

Wann spielen die deutschen Handballer? (Männer)

Die Partie der deutschen Handball-Nationalmannschaft gegen Gastgeber Frankreich findet am Mittwoch, 7. August, statt. Anwurf ist um 13.30 Uhr. Auch die restlichen Viertelfinals finden am Mittwoch statt:

  • Spanien – Ägypten (9.30 Uhr)
  • Deutschland – Frankreich (13.30 Uhr)
  • Dänemark – Schweden (17.30 Uhr)
  • Norwegen – Slowenien (21.30 Uhr)

Wo wird Handball übertragen? (TV, Livestream)

Die Partie zwischen Deutschland und Frankreich wird im ZDF und auf Eurosport gezeigt. Außerdem kann man sie parallel in den entsprechenden Streams der Sender (ZDF Mediathek und Discovery+) verfolgen.

„Dass du Frankreich im Viertelfinale bekommst, ist nicht die Belohnung“

Für den Gastgeber, bei dem Starspieler Nikola Karabatic sein Karriereende so lange wie möglich hinauszögern möchte, lief das Turnier bislang überhaupt nicht rund. Der Olympiasieger und Europameister war als großer Gold-Favorit in das Heimturnier gestartet und zitterte sich schließlich als Gruppenvierter ins Duell mit Deutschland. Ein Los, mit dem die DHB-Auswahl als Gruppensieger eigentlich nicht gerechnet hatte. „Dass du Frankreich im Viertelfinale bekommst, ist nicht die Belohnung, die man sich erhofft. Die haben auf jeder Position mit das Beste zu bieten, dass es im Handball gibt“, warnte Linksaußen Rune Dahmke nach vier deutschen Siegen aus fünf Vorrundenspielen.

Dennoch: Das auf olympischer Bühne vergleichsweise unerfahrene deutsche Team beeindruckt bei diesen Sommerspielen. Ob sie damit klarkommt, dass sie gegen eine ganze Halle – ein ganzes Land – antritt, wird sich zeigen. Hoffnungsvoll stimmt die Handballer der Sieg Mitte Juli, auch wenn es nur ein Testspiel war und die Franzosen ohne Leistungsträger Dika Mem antraten. „Wir haben uns in der Gruppenphase Selbstvertrauen geholt, die Franzosen sicherlich nicht“, sagte Golla und schwor sein Team auf das „Riesenhighlight“ ein: „Wir wollen den besten Handball spielen, den wir spielen können. Dann können wir jeden schlagen. Wir wollen die Party crashen.“

Wann spielen die deutschen Handball-Frauen?

Vor den Männern sind die Frauen dran. Sie spielen bereits am Dienstag gegen Frankreich. Los geh es um 13.30 Uhr. Das Team von Bundestrainer Markus Gaugisch wird den Männern dann berichten können, wie sich ein Duell mit dem Gastgeber vor über 20.000 Zuschauern im Fußballstadion des OSC Lille anfühlt. Die Aufgabe gegen den Weltmeister ist riesig – ganz im Gegensatz zum Selbstbewusstsein der deutschen Handballerinnen. Nach vier Niederlagen in fünf Spielen und teils desolaten Auftritten herrscht Kater- statt Aufbruchsstimmung. 

Der Glaube an den Coup ist vorhanden. Aber groß kann er nicht sein. „Gegen Frankreich müssen wir ganz anders auftreten, um ernst genommen zu werden“, forderte Kromer und gestand, „dass wir uns eine Stabilität erhofft hätten, die größer ist.“ 

Die weiteren Viertelfinals der Frauen:

  • Dänemark – Niederlande (9.30 Uhr)
  • Frankreich – Deutschland (13.30)
  • Ungarn – Schweden (17.30)
  • Norwegen – Brasilien

Die Partie der deutschen Mannschaft wird in der ARD und bei Eurosport übertragen.

Nach intensiven Lehrgängen im Allgäu und Testsiegen gegen Ungarn und Brasilien war die Hoffnung groß, die Lücke zu den Topteams weiter geschlossen zu haben. Umso ernüchternder sind die bisherigen Ergebnisse. „Deshalb ist es auch wichtig, dass wir jetzt das, was die letzten Tage war, alles abschütteln“, forderte Gaugisch. Mut schöpfen die DHB-Frauen aus dem Standortwechsel. Sie wollen vergessen, was war, und in Lille neu starten. „Ich habe nicht gearbeitet, um hier hinzukommen und dann abgeschlachtet zu werden. Diese Siegermentalität müssen wir wieder aufbauen“, appellierte Führungsspielerin Xenia Smits an ihre Teamkolleginnen und befand: „Wir dürfen träumen“. 

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Erstellt:
6. August 2024, 11:26 Uhr

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