Ein touristischer Gemeinschaftscoup
Vor 90 Jahren haben die Fornsbacher ihren Waldsee geschaffen – Bürgermeister Mößner beschreibt die wichtigen Stationen
2019 ist für den Fornsbacher Waldsee ein besonderes Geburtstagsjahr, was bereits beim Sommernachtsfest thematisiert wurde. Bürgermeister Armin Mößner hob in seiner kurzen Eröffnungsrede die Entstehung des Waldsees und seine Bedeutung für den Tourismus im Schwäbischen Wald heraus. Im seinem folgenden Abriss sind wichtige Etappen und Hintergründe der Seeanlage zusammengetragen, die nun 90 Jahre alt ist.

Die idyllische Lage mitten im Wald – der Fornsbacher Waldsee ist auch heute ein beliebtes Ausflugsziel. Foto: MZ-Archiv
FORNSBACH (pm). In den 1920er-Jahren entdeckten immer mehr Städter das Gebiet des Schwäbischen Waldes als Erholungsregion und als Sommerfrische (Erholungsaufenthalt der Städter auf dem Land). Die Verdienstmöglichkeiten außerhalb der Land- und Forstwirtschaft waren zudem für die Bevölkerung vor Ort dünn gesät. So machte es die Fornsbacher nachdenklich, dass zahlreiche Ausflügler an schönen Sonntagen zwar den von Stuttgart ankommenden Zügen entstiegen, den Ort jedoch links liegen ließen und in Richtung Ebnisee marschierten. Lediglich vor der abendlichen Heimfahrt profitierte das in der Nähe des Bahnhofs gelegene Gasthaus Rose von den Ausflüglern, die sich noch mit einem Glas Most oder Bier stärkten und den Einheimischen von der Schönheit des Ebnisees vorschwärmten.
So schlossen sich im Sommer des Jahres 1928 die Pioniere des Fremdenverkehrs in Fornsbach zusammen, um einen Bürgerverein zu gründen. Johann Georg Braun, der Vater des späteren Seebesitzers Georg Braun, konnte die beitrittswilligen Bürger davon überzeugen, dass die Anlage eines Stausees inmitten des Waldes ein besonderer Anziehungspunkt für erholungsuchende Gäste sein würde.
Für dieses Vorhaben bot sich ein sumpfiges Waldgelände einen Kilometer außerhalb des Dorfes an, auf dem, wie die Chronik zu berichten weiß, bereits im 14. Jahrhundert ein später verlandetes Gewässer zum Holzflößen bestand. Im September 1928 gründeten 32 Bürger der Gemeinde Fornsbach besagten Verein zur Förderung des Fremdenverkehrs. Jedes Mitglied hat bis 1. Januar 1934 einen unverzinslichen Anteilschein in Höhe von 50 Reichsmark gezeichnet.
Um das Projekt zu finanzieren, wurde eine Seegesellschaft gegründet
Im Januar 1929 wurden die Grundlagen für den Erwerb des Grundstücks im Gewann Seeteich auf der Markung Fornsbach geschaffen, auf dem der Stausee entstehen sollte. Da dem Verein hierfür die finanziellen Mittel fehlten, sprangen einzelne Mitglieder für die Finanzierung ein und gründeten eine Gesellschaft als finanziellen Träger des Waldsees mit Gaststätte. Der Vertrag vom 23. Januar 1929 weist als Gesellschafter aus: Johann Georg Braun (Privatmann), Gustav Gunzer (Möbelfabrikant), Adolf Braun (Kaufmann), Johann Herrmann (Schreiner), Karl Hurlebaus (Landwirt) und Adolf Möck (Schreinermeister). Dies ermöglichte, bereits im Herbst 1928 weitere erforderliche Grundstücke, die überwiegend im Besitz des Landwirts Hurlebaus waren, zu erwerben. Daraufhin wurde nach Plänen des Murrhardter Architekten Albert Schüle der etwa neun Morgen große See mit Gaststätte am östlichen Ufer in der damaligen Rekordzeit von neun Monaten geschaffen. Bei den Bauarbeiten hat der Großteil der Bevölkerung mitgeholfen und zum Gelingen des Werkes beigetragen. Das Erdmaterial wurde mit Loren herangeschafft, das beim Aushub der Zufahrtsstraße angefallen war. Reste des ehemaligen Flößerseedamms wurden dabei freigelegt. Die Anlage des Sees war eine große Gemeinschaftsleistung der Gemeinde Fornsbach.
An Pfingsten 1929 wurde der Waldsee eingeweiht, und erster Pächter wurde Johann Herrmann, der bereits im Ort eine Pension betrieb. Das Verhältnis zwischen der damaligen Gemeindeverwaltung, dem Bürgerverein und der Seegesellschaft war alles andere als gut. So beschwerte sich der Bürgerverein am 12. Juli 1929 schriftlich beim Oberamt in Backnang, dass der damalige Schultheiß „mit willkürlicher Ansetzung von Vergnügungssteuer bei unentgeltlicher Vergnügungsmusik am See die örtliche Gaststätte und die Entwicklung des Fremdenverkehrs hemme“. Die neue Attraktion Waldsee sprach sich in der Region Stuttgart schnell herum, da für Werbezwecke auch Prospekte gedruckt wurden. An einem schönen Sommersonntag konnten auf dem Seeparkplatz 800 Fahrräder gezählt werden. Weitere Gäste kamen unter anderem auch mit der Eisenbahn. Infolge von Uneinigkeiten löste sich die Seegesellschaft bereits im Jahre 1930 wieder auf. Alleineigentümer waren nun die bisherigen Gesellschafter Adolf und Johann Georg Braun. Im Herbst des Jahres 1930 übernahm der aus Südamerika in die Heimat zurückgekehrte Georg Braun die Waldseeanlage – zunächst als Pächter und ab 1936 als Eigentümer. Mit Elan und neuen Ideen baute Georg Braun die Anlage, die nicht nur den Fremden zur Erholung, sondern auch den Einheimischen als Freibad diente, weiter aus. Die Kriegsjahre unterbrachen die Aufwärtsbewegung. Mit Entschlossenheit und Tatkraft setzte Georg Braun anschließend die Arbeit fort und legte durch den Bau eines Kinderspielplatzes, einer Freiluftkegelbahn, Tischtennisanlage und einer der ersten Kleingolfanlagen des Landes den Grundstock zum heutigen Freizeitgebiet Waldsee. Im Jahre 1956 entstand ein Zeltplatz mit Gaststätte und Sanitärräumen. In der Zwischenzeit erkannte auch die Gemeindeverwaltung in Fornsbach die Vorteile des Waldsees für die Gemeindeentwicklung und den Fremdenverkehr im Schwäbischen Wald. So bot Georg Braun im Jahre 1959 der Gemeinde Fornsbach die Seeanlage nebst Parkplatz und weiteren Einrichtungen zum Kauf an. Bürgermeister Emil Kaspar und der damalige Gemeinderat in Fornsbach zögerten nicht und übernahmen die Waldseeanlage zum 15. September 1959. Der Betrieb wurde im bisherigen Umfang weitergeführt. Zudem übernahm die Gemeinde am 1. Oktober 1967 den Campingplatz sowie Waldschenke und Waldseegaststätte und betrieb das Freizeitgebiet mit viel Engagement und unterstützt durch zahlreiche Hilfskräfte aus der Bevölkerung.
Bei der Eingliederung bestand die Gemeinde Fornsbach auf die Weiterführung der Anlage
So ist es auch verständlich, dass im Eingliederungsvertrag zwischen der Gemeinde Fornsbach und der Stadt Murrhardt von 1971 ausdrücklich die Weiterführung des Freizeitgebietes vereinbart wurde. Bereits 1972 begann die Stadt Murrhardt mit der Neugestaltung der gesamten Anlage. Zunächst wurde der Campingplatz modernisiert und die damalige Waldschenke 1974 durch ein modernes Campingplatzhauptgebäude ersetzt. Pünktlich zum 50-jährigen Bestehen des Waldsees 1979 wurde der neue Küchen- und Selbstbedienungstrakt zur Waldseegaststätte in Betrieb genommen. Es erfolgte die anschließende Sanierung des Gaststättengebäudes und des Saals. Durch Verlegung der Zufahrtsstraße zum Campingplatz konnte die geräumige und umgestaltete Terrasse direkt an die Gaststätte angegliedert werden. Die Zufahrtsstraße zum Waldsee wurde übersichtlicher gebaut. Gleichzeitig wurde ein breiter und beleuchteter Gehweg für die Fußgänger angelegt. Im Jahr 1984 wurde die Minigolfanlage renoviert. Bis dato hatte die Stadt Murrhardt drei Millionen D-Mark in das Freizeitgebiet investiert.
Zum 1. Januar 2000 hat die Familie Pfitzenmaier die Waldseegaststätte als Kulinarium am Waldsee übernommen und sich über die Stadtgrenzen hinaus einen guten Ruf aufgrund ihrer hervorragenden Küche und des schönen Ambientes erarbeitet. Zur Badesaison 2001 wurde an der Flachwasserzone ein Sandstrand angelegt. Dem Orkan Lothar im Jahre 1999 fiel der angrenzende Wald komplett zum Opfer. So konnte zur Badesaison 2002 eine neue, große Liegewiese errichtet werden.
Im Jahr 2013 musste eine größere Dammsanierung an der Stauanlage des Waldsees durchgeführt werden, um die entsprechenden DIN-Vorschriften einhalten zu können. Der Höhepunkt der Waldseesaison ist seit Jahrzehnten traditionell Anfang August das Sommernachtsfest. Bis heute ist das Freizeitgebiet Waldsee für die Bürgerinnen und Bürger von Fornsbach und der Stadtgemeinde Murrhardt sowie für Gäste aus nah und fern ein beliebtes Ausflugsziel. „Es wird auch in der Zukunft Aufgabe und Pflicht sein, dem Pioniergeist der Waldseeväter zu folgen und sich auch weiterhin für eine gedeihliche Weiterentwicklung des Freizeitgebietes Waldsee einzusetzen“, stellte Bürgermeister Armin Mößner denn auch bei der Eröffnung des vergangenen Sommernachtsfestes fest.

Eine Aufnahme von der Eröffnung des Waldsees 1929.

Die Pioniere vor dem Wirtschaftstand am Waldsee 1929 vor dem Bau der Gastwirtschaft am See.

In den Anfangsjahren: Der See wird per Bootsfahrt erobert.