Wilder Job im Enzkreis
Eine Anwältin für wilde Tiere
Die Forstingenieurin Sophie Bloß ist jetzt Wildtierbeauftragte im Enzkreis. Sie sieht sich als Vermittlerin zwischen Menschen und Tieren.

© Simon Granville
Sophie Bloß samt Hündin Frieda an ihrem Arbeitsplatz im Enzkreis.
Von Brunhilde Arnold
„Ich bin für alle Arten von Wildtieren da“, sagt Sophie Bloß. Die 27-Jährige ist die neue Wildtierbeauftragte des Enzkreises. Zu ihrer „Klientele“ gehören nicht nur Rehe und Wildschweine, an die man neben Füchsen und Hasen wohl zuerst denkt, wenn es um die Bewohner von Wald und Flur geht. Dazu gehören inzwischen auch wieder Wildkatzen, es gibt Rebhühner und Fasane und es gibt den Wolf, der im Nordschwarzwald umherstreift. In diesem Jahr hat auch schon ein mehrfach gesichteter Luchs für Aufregung gesorgt. Im Friolzheimer Wald ist er bereits zweimal in die Fotofalle eines Jagdpächters getappt. „Der Luchs ist da“, betont Rolf Müller, zu dessen Forstrevier die Wälder in Heimsheim, Wimsheim, Friolzheim und Wurmberg gehören. Es ist eines von 16 Forstrevieren des Enzkreis-Forstamts, für das Sophie Bloß nun in erster Linie die Wildtiere im Auge behält.
Zum Ortstermin am Rande des Hagenschieß-Waldes kommt die Wiernsheimerin mit ihrer jungen Hündin Frieda, einem Australian Shepard-Mischling, den sie aus dem Tierheim geholt hat. Frieda, nur einer ihrer drei Hunde, wird gerade zur Rettungshündin ausgebildet. Sie habe schon als Kind ein Faible für Tiere aller Art gehabt und sei am liebsten im Freien unterwegs gewesen, erzählt sie. Ihre Leidenschaft für die Natur, für ein intaktes Ökosystem Wald nennt sie als Gründe für ihre Berufswahl. Nach dem Abitur studierte sie an der Hochschule in Weihenstephan-Triersdorf Forstingenieurswesen. In dieser Zeit war sie als studentische Hilfskraft bei der bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) in der Wildforschung tätig. Sie arbeitete bei einem Projekt mit, das zum Ziel hatte, die Zahl der beim Mähen von Wiesen und Feldern getöteten Rehkitze zu verringern, etwa durch das Aufspüren mit Drohnen oder durch den Einsatz akustischer Warnsensoren. Später absolvierte die junge Forstingenieurin beim Enzkreis eine Traineezeit, bevor sich die Försterin schließlich erfolgreich auf die frei werdende Stelle der Wildtierbeauftragten bewarb. „Wenn ich diese Stelle nicht bekommen hätte, hätte ich mir auch die Arbeit in einem Forstrevier direkt vorstellen können“, sagt sie. Mit ihrer Berufswahl ist sie auch nach ihren ersten praktischen Erfahrungen mehr als zufrieden. „Es ist ein vielfältiger Job, jeder Tag ist anders, man kann da was bewegen“, ist sie sicher.
Enzkreis ist eine von zwei Modellregionen für Wildunfallprävention
Wildmonitoring und Rissdokumentantion von Wolf und Luchs gehören ebenfalls zu ihren Aufgaben wie die Fachberatung von Ämtern, Institutionen und Privatpersonen. Und die Arbeit in Projekten gehört dazu – aktuell etwa, wie Unfällen mit Tieren auf den Straßen vorgebeugt werden kann. Der Enzkreis ist eine von zwei Modellregionen des Landes zur Wildunfallprävention. Sophie Bloß leitet dazu eine Arbeitsgruppe, zu der etwa Jagdverbände, Behörden und Kommunen gehören. Man will prüfen, welche Maßnahmen sich eignen.
Enzkreis ist eine von zwei Modellregionen für Wildunfallprävention
Dazu gehört es zum Beispiel, den Pflanzenbewuchs an den Straßenrändern der besonders häufig von Wildunfällen betroffenen Strecken stets niedrig zu halten, damit die Tiere früh sichtbar werden. Auch über blinkende Wildwarnzeichen werde nachgedacht. Solche Maßnahmen könnten aber nur wirken, wenn die Autofahrer in der Dämmerung ihr Tempo auch drosselten, sagt die Wildtierbeauftragte. Wenn ein Unfall mit einem Tier passiert oder verletzte oder tote Tiere gefunden werden, sollte laut Sophie Bloß stets die Polizei informiert werden. Dort wisse man, wer der zuständige Jäger oder Förster vor Ort ist, der sich um die Tiere kümmern kann. Auch sie als Wildtierbeauftragte sei Ansprechpartnerin.
Lösungen finden, wenn Wildtiere betroffen sind
„Der Lebensraum von Wildtieren wird bei uns immer kleiner und zerschnittener“, konstatiert die Försterin, die sich in ihrer Position als Vermittlerin zwischen den Interessen der Menschen und denen der Tiere sieht. Dazu arbeite sie mit vielen verschiedenen Stellen zusammen, mit Landwirten, dem Landschaftserhaltungsverband und der unteren Naturschutzbehörde. „Ich schaue, dass unsere Belange auch gehört werden“, sagt sie. Ihr Job sei es, Lösungen zu finden, wenn niemand zuständig ist, aber Wildtiere betroffen sind. Manchmal kommen Wildtiere den Menschen auch näher, als letzteren lieb ist, und zwar außerhalb des Waldes, denn Fuchs, Waschbär oder Marder suchen aus Nahrungsgründen nicht selten die Nähe zu menschlichen Behausungen. Bei solchen Konflikten zwischen Mensch und Tier sieht sie sich ebenfalls als Ansprechpartnerin, kommt auch vor Ort und berät über Vorbeugung – oder aber mögliche Vorgehensweisen, wenn es dafür zu spät ist.