Bundestag

Eine harte Debatte – und eine letzte Botschaft von Kevin Kühnert

Kurz vor der Bundestagswahl liefern sich Olaf Scholz und Friedrich Merz im Bundestag noch eine harte Debatte. Seine letzte Rede hält Kevin Kühnert. Und der hat dem Unionskanzlerkandidaten noch etwas zu sagen.

Kevin Kühnert hält seine letzte Rede im Bundestag.

© dpa/Kay Nietfeld

Kevin Kühnert hält seine letzte Rede im Bundestag.

Von Tobias Peter

Konrad Adenauer habe Europa geeint, Helmut Kohl habe es gestärkt und Angela Merkel habe es zusammengehalten. So sagt es der Sozialdemokrat Olaf Scholz über drei seiner CDU-Vorgänger im Kanzleramt. Um dem Kanzlerkandidaten der Union Friedrich Merz, vorzuwerfen, er wolle mit seinen Vorschlägen in der Migrationspolitik Europarecht brechen.

„Dann wird künftig jedes Land für sich entscheiden, ob es ihm gerade passt, europäisches Recht anzuwenden oder nicht“, warnt Scholz. „Friedrich Merz tritt an, Europa zu Grabe zu tragen“, ruft der Kanzler aus.

Merz, der während Scholz‘ Rede teils ungeduldig mit seinem Stuhl vor und zurückrutscht, tritt nach dem Kanzler ans Rednerpult. Und der Mann, der laut Umfragen sehr gute Chancen hat, der nächste deutsche Kanzler zu werden, fragt: „Liebe Kolleginnen und Kollegen, was war das denn?“ 25 Minuten abgelesene Empörung über den Oppositionsführer seien einfach nicht genug, so Merz. „Sie verwechseln den Plenarsaal des Deutschen Bundestags anscheinend mit einem Juso-Bundeskongress“, hält er Scholz entgegen.

Die Zeit der Marktschreier

Keine zwei Wochen vor der Bundestagswahl ist eine Bundestagsdebatte zur Situation in Deutschland vor allem eines: Wahlkampf. Es ist ein Wettstreit der Marktschreier, die nicht nur für ihr eigenes Angebot werben. Sondern die auch laut ausrufen: „Kauft nicht den Fisch da drüben! Der stinkt.“

Vieles in der Debatte läuft also wie erwartet. Scholz wirft Merz vor, bei der Frage, ob an die Ukraine der Marschflugkörper Taurus geliefert werden solle, nicht eine, sondern vier Meinungen zu haben. Ein Kanzler müsse besonnen handeln. In der Finanzpolitik kritisiert er, sein Herausforderer wolle mit seinen Steuersenkungsplänen jedes Jahr mehr Geld an jeden einzelnen Millionär verschenken, als eine Frisörin überhaupt verdiene.

Merz wiederum verweist auf die anhaltend schlechte Wirtschaftslage in Deutschland. Er sagt, Scholz und Vize-Kanzler Robert Habeck erinnerten ihn an Geschäftsführer, die ein Unternehmen an die Wand gefahren hätten – und dann trotzdem weitermachen wollten. Ob Scholz eigentlich wisse, was in so einem Fall im normalen Leben passiere? „Im normalen Leben würden Sie die Eigentümer bitten das Unternehmen zu verlassen.“

Habeck versucht, der Debatte einen anderen Ton zu geben, indem er darauf verweist, die Klimapolitik und die Bildung kämen als Themen im Wahlkampf bislang zu kurz. Der Union wirft der Grünen-Politiker vor, nicht in die Zukunft zu schauen.

Von ihr komme kein Wort zum Hochlauf von künstlicher Intelligenz, zu Quantencomputern oder zu einer Cloud-Infrastruktur. „Das ist zutiefst unernst und ahnungslos.“

FDP-Chef Christian Lindner warnt, nach der Wahl könne es eine Koalition aus Union, SPD und Grünen geben – ohne Politikwechsel. Der entlassene Finanzminister wendet sich scharf gegen seine früheren Koalitionspartner. „Was macht Robert Habeck eigentlich beruflich?“, fragte er mit Blick auf den Wirtschaftsminister. Und: Kanzler Scholz habe einen Nobelpreis für Physik verdient. „Er hat den endgültigen Beweis erbracht, dass es Paralleluniversen tatsächlich gibt.“

Weidels Vorwurf

Die AfD-Fraktionschefin Alice Weidel wirft Unionskandidat Merz vor, er betreibe Wählertäuschung, da er in einer Koalition mit SPD oder Grünen nichts von seinen Vorschlägen werde durchsetzen können.

Die Vorsitzende der Linke-Gruppe, Heidi Reichinnek, hält der Ampel-Koalition Versäumnisse in der Mietenpolitik vor. BSW-Chefin Sahra Wagenknecht machte deutlich, dass sie bei einer Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine Kriegsgefahr für Deutschland sehe.

Einen ungewöhnlichen Moment gibt es zum Schluss. Kevin Kühnert, aus gesundheitlichen Gründen vor drei Monaten als SPD-Generalsekretär zurückgetreten, hält seine letzte Bundestagsrede. Kühnert wendet sich entschieden gegen Angriffe auf CDU-Büros, die es nach der gemeinsamen Abstimmung von Union und AfD zur Migrationspolitik gab. Von Friedrich Merz fordert er, man dürfe den Menschen nicht nur nach dem Mund reden, sondern müsse auch mit ihnen ringen. Sonst sei ein Politiker „nicht mehr als eine Echokammer auf zwei Beinen“, sagt Kühnert. „Und Echokammern haben wir schon genug.“

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Erstellt:
11. Februar 2025, 14:52 Uhr
Aktualisiert:
11. Februar 2025, 19:27 Uhr

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