Eine klimabewegte SPD-Vorsitzende
Ines Preuß steht dem Ortsverein Oberes Murrtal vor – Die 42-Jährige sieht sich familiär von sozialdemokratischen Ideen geprägt
Ines Preuß ist Mutter von zwei Jungs und hat sich in jüngster Zeit auch der einen oder anderen Klimaschutzdemonstration angeschlossen, beispielsweise in Stuttgart. Dabei hat sie keine Angst, sich als SPD-Engagierte zu sehr auf grünes Terrain zu begeben. Viel zu wichtig sei das Thema und eine schematische, parteipolitische Einordnung sollte keine Rolle spielen, sondern „für etwas einzustehen“, sagt sie.

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Ines Preuß fühlt sich in Murrhardt wohl und richtig gut angenommen. Sie freut sich auf die Arbeit in der SPD Oberes Murrtal. Foto: J. Fiedler
Von Christine Schick
MURRHARDT. Salopp könnte man sagen, dass Ines Preuß bei ihrem Start in Partei und Ortsverein ein ziemliches Tempo hingelegt hat. Im März dieses Jahres ist sie mit ihrem Mann Tino und den zwei Kindern von Sulzbach an der Murr nach Murrhardt gezogen. Als Mitglieder sind die zwei von der SPD Oberes Murrtal eingeladen und „mit offenen Armen empfangen“ worden. Bei den Treffen wurde klar, dass sich der Vorstand des Ortsvereins neu formieren wollte. So wurde das Ehepaar gefragt, ob es nicht Interesse hat, zu kandidieren. Die beiden schlugen ein und Ines Preuß wurde zur Vorsitzenden, ihr Mann zum Stellvertreter (gemeinsam mit Erdogan Gültekin) gewählt. „Das ist schon eine Herausforderung, aber ich möchte das einfach peu à peu im Rahmen meiner Möglichkeiten anpacken“, sagt sie. Als erste Frau dieses Amt im Murrhardter Ortsverein übernommen zu haben, empfindet sie nicht als Besonderheit.
Die 42-Jährige verschweigt aber auch nicht, dass ihr Verhältnis zur Partei nicht ganz ungetrübt und sie mit vielem nicht einverstanden ist. „Ich bin 2016 in die SPD eingetreten, um die GroKo zu verhindern“, erklärt sie. Sie empfindet die Politik mittlerweile als viel zu kompromisslastig und zu wenig am Bürger orientiert. Ginge es nach ihr, müsste einiges im Koalitionsvertrag neu verhandelt werden. Dazu gehören Nachforderungen beim Klimaschutz, auch das Beharren auf der schwarzen Null sei eigentlich niemandem mehr zu vermitteln. „Vieles, was die SPD durch ihre Arbeit erreicht hat, wird ihr aber nicht zugeschrieben.“ Auch potenzielle Neuwahlen und Prognosen für die SPD, die sie auf vielleicht dreizehn Prozent absinken sehen, schrecken sie nicht. „Dann soll es eben so sein und die Partei muss sich neu aufstellen“. Insofern verwundert es nicht, dass Ines Preuß auf das neue Führungsduo Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans gesetzt hat. „Ich hatte mir eigentlich noch mehr erhofft“, sagt sie, da es mittlerweile um die beiden und ihre Forderungen etwas ruhiger geworden ist. Dazu gehöre auch, den Klimaschutz weiter voranzubringen. Die Wissenschaftler hätten die Probleme und den Klimawandel vielfach dokumentiert und die Konsequenzen wie Fluchtbewegungen seien enorm – wenn man die Kehrtwende nicht schaffe. „Umweltministerin Svenja Schulze ist mir da zu zögerlich.“
Trotzdem oder gerade deshalb engagiert sie sich nun in der SPD und vor Ort. Zum einen, weil sie sich in die gesellschaftspolitischen Diskussionen einbringen möchte, zum anderen, weil sie familiär auch ein Stück weit von sozialdemokratischen Ideen geprägt ist. Gerechtigkeit und Solidarität seien vor allem bei ihrer Großmutter hoch im Kurs gestanden. Ines Preuß ist in einer großen Familie mit vier Geschwistern aufgewachsen, ihr Vater arbeitete damals als Arzt, ihre Mutter als Architektin. „Das war aber hart erarbeitet“, sagt sie und berichtet vom Gang ins Abendgymnasium des Vaters und der Ausbildung der Mutter vor dem Studium.
Ines Preuß hat nach ihrem Abitur auf dem Max-Born-Gymnasium in Backnang Geschichte und Politik in Stuttgart studiert, 2004 ging sie für vier Jahre nach Berlin, wo sie auch die Arbeit von SPD-Bundestagsabgeordneten Christian Lange bei einem Praktikum kennenlernte. Die Liebe führte sie aber zurück, sie lernte ihren späteren Mann Tino kennen und zog 2008 nach Sulzbach. Um eine berufliche Alternative wegen des nicht abgeschlossenen Studiums zu haben, machte Ines Preuß eine kaufmännische Ausbildung in Bürokommunikation, arbeitete zunächst für ein Stuttgarter Architektenteam, heute ist sie bei einem Oppenweiler Betrieb tätig, der sich im Bereich der Pneumatik und Zylinderherstellung spezialisiert hat. Zudem wird sie Mutter – Jonathan wurde 2013, Jannik ein Jahr später geboren.
Als Frau hat sie ganz selbstverständlich das Engagement beim Ortsverein übernommen, genauso selbstverständlich möchte sie über ihre Berufstätigkeit teilhaben und gefordert sein, was über die soziale Infrastruktur mit Kita und Kernzeitbetreuung sowie Unterstützung in der Familie ermöglicht wird. Und dann ist da die feste Überzeugung, dass es wichtig ist, sich für seine Ideale und Ziele einzusetzen. „Nichts zu tun, bringt logischerweise auch nichts.“ Auf der Liste der Punkte, die ihr am Herzen liegen, steht beispielsweise, sich um Kinder zu bemühen, die familiär schlechtere Startbedingungen haben – durch Bildungsangebote oder Hausaufgabenbetreuung. Den Spirit von sozialer Gerechtigkeit möchte sie auch im Ortsverein hochhalten. Ines Preuß freut sich auf die Arbeit in der SPD Oberes Murrtal und das gemeinsame Entwickeln von Ideen. Gleichzeitig will sie auch die Fühler ausstrecken, sich von den Initiativen und Themen in den SPD-Ortsvereinen in der Nachbarschaft anregen lassen, wie einem Windkraftprojekt in Welzheim.
Wie gesagt, der Klimaschutz ist für die 42-Jährige eines der entscheidenden Zukunftsthemen. Das ist auch in ihrem Alltagsdenken fest verankert. Als sie sich am Abend nach dem Gespräch wieder nach Hause aufmacht, tut sie das zu Fuß. „Ich kann doch nicht für den Klimaschutz trommeln und dann bei kurzen Strecken das Auto nehmen“, sagt sie und geht los.