Eine Operation möglichst lange abwarten

Oberarzt Jochen Bartholomä informiert in Gesundheitsvortrag über individuelle Therapiemöglichkeiten bei Gelenkerkrankungen

Viele Menschen leiden unter Gelenkbeschwerden. Daher war der medizinische Vortrag „Wenn die Gelenke schmerzen – Lebensqualität und Mobilität steigern“, zu dem der Krankenpflegeverein Murrhardt eingeladen hatte, ein Zuhörermagnet. Jochen Bartholomä zeigte Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten sowie vorbeugende Maßnahmen auf.

Medikamente können Gelenkschmerzen lindern, doch sie sind nie ohne Nebenwirkungen. Trotz Beschwerden ist es wichtig, in Bewegung zu bleiben, wobei Jochen Bartholomä gelenkschonende Sportarten wie Schwimmen, Radfahren und Nordic Walking empfahl. Fotos: Adobe Stock/eyepark/E. Klaper

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Medikamente können Gelenkschmerzen lindern, doch sie sind nie ohne Nebenwirkungen. Trotz Beschwerden ist es wichtig, in Bewegung zu bleiben, wobei Jochen Bartholomä gelenkschonende Sportarten wie Schwimmen, Radfahren und Nordic Walking empfahl. Fotos: Adobe Stock/eyepark/E. Klaper

Von Elisabeth Klaper

MURRHARDT. Der Oberarzt und stellvertretende Leiter der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie des Endoprothetik-Zentrums der Maximalversorgung am Rems-Murr-Klinikum Winnenden vertrat seinen Chef Joachim Singer. Im Mittelpunkt seines Vortrags stand die Arthrose, die am weitesten verbreitete Gelenkerkrankung, bei der der Knorpel im Gelenk immer stärker geschädigt und schließlich zerstört wird. Sie entsteht, „wenn im Gelenk ein Ungleichgewicht herrscht zwischen der Belastbarkeit des Knorpels und der mechanischen Belastung“, sagte Bartholomä im voll besetzten Heinrich-von-Zügel-Saal.

Risikofaktoren sind Übergewicht, höheres Alter, Verletzungen und Fehlbelastungen der Gelenke sowie sonstige Erkrankungen wie Rheuma, aber auch Stoffwechselstörungen wie Diabetes oder Gicht. „Arthrose kann in jedem Gelenk entstehen, am häufigsten im Schulter-, Hüft- und Kniegelenk, man kann sie aber nicht heilen“, stellte der Oberarzt klar. Für die Schädigung des Knorpels gebe es verschiedene Ursachen wie Überlastungen, Verletzungen, Knochenbrüche, Entzündungen der Gelenkschleimhaut sowie Infektionen.

Die Schmerzen zu lindern, die Bewegungsfähigkeit zu erhalten und das Fortschreiten der Arthrose zu verhindern, seien die Ziele der Therapie. Sinnvoll sei die Einnahme von Medikamenten, die schmerzlindernd, abschwellend und entzündungshemmend wirken, so Tabletten und Zäpfchen mit den Wirkstoffen Paracetamol, Ibuprofen und Diclofenac. Kurz ging der Arzt auf das Chondroitin ein, das Bestandteil des Gelenkknorpels ist und von den Knorpelzellen gebildet wird. Dessen Einnahme soll Schmerzen und Schwellung vermindern sowie die Ernährung des Knorpels verbessern, doch sei die Wirksamkeit bisher nicht nachgewiesen.

Spritzen direkt ins Gelenk mit dem entzündungshemmenden Kortison oder Hyaluronsäure als Schmiermittel könnten Schmerzen und Entzündungen über mehrere Wochen lindern. Aber: „Es gibt kein Medikament, das keine Nebenwirkungen hat“, und je höher die Dosis und je länger die Einnahme, desto stärker werden diese unerwünschten Effekte, stellte der Referent klar. Wichtig sei auch die Bewegung, am besten häufig und kurz. „Dadurch wird die Ernährung der Knorpelzellen im Gelenk und die Stabilität durch eine kräftigere Muskulatur verbessert, ebenso die Beweglichkeit“, betonte Jochen Bartholomä. Er empfahl gelenkschonende Sportarten wie Schwimmen, Radfahren und Nordic Walking. Ideal sei Wassergymnastik, bei der man sich ohne Belastung bewegen könne. Auch Physiotherapie und Krankengymnastik verbesserten Beweglichkeit und Koordination und kräftigten die Muskulatur.

„Erst bei Versagen sämtlicher konservativer Therapiemöglichkeiten und erheblichem Leidensdruck sollten operative Verfahren zum Einsatz kommen“, verdeutlichte der Mediziner. Er informierte über die unterschiedlichen Ursachen und Symptome von Schulter-, Knie- und Hüftgelenksarthrose und stellte die Möglichkeiten zur operativen Therapie mit verschiedenen Prothesentypen vor. Zur exakten Diagnose werden die Gelenke mit Röntgen, Kernspin- oder Magnetresonanztomografie abgebildet und untersucht.

Kurz zeigte Bartholomä die verschiedenen, individuell auf die jeweilige Situation der Patienten abgestimmten Möglichkeiten und Lösungen für Teil- oder Vollprothesen verschiedenster Arten und Materialien auf, auch bei schwierigen anatomischen Verhältnissen. „Vor einer Operation erfolgt eine genaue, computergestützte Planung des Eingriffs und der Prothese mithilfe von Spezialsoftware“, verdeutlichte der Mediziner.

Seit der Erweiterung des Spektrums des Endoprothetik-Zentrums 2017 sei der Einsatz von Teilprothesen mit modernen gewebeschonenden Operationstechniken neu hinzugekommen. „Teilprothesen ermöglichen eine bessere Bewegungsfähigkeit, auch bleibt dabei der Knorpel erhalten.“ Sie verbesserten die Chancen auf kürzere Klinikaufenthalte, schnellere Heilung und Rehabilitation. Vollprothesen werden dagegen mit speziellem sogenannten Knochenzement fest verankert. Bei Patienten mit Metallallergien setze man hypoallergene Prothesen ein, so Bartholomä.

Nach der Operation werden die Gelenke ruhiggestellt, damit alles rasch verheilt und die Schmerzen gelindert werden. Bei der Rehabilitation werden verschiedene Therapien angewendet. Die Wundheilung dauere etwa 14 Tage, die Sehnenheilung bis zu zwölf Wochen, die Wiederherstellung eines harmonischen Bewegungsablaufs bis zu zwölf Monate. Etwa drei bis sechs Monate nach der Operation seien auch sportliche Aktivitäten sinnvoll: Optimal eigneten sich Schwimmen, Gymnastik, Radfahren, Wandern und Walking.

Ungünstig seien aber Arbeiten in der Hocke, auf den Knien, schweres Heben und Tragen sowie unter Witterungseinflüssen. Und etwa sechs bis zwölf Wochen nach einer Operation dürfe der Patient wieder selbst Auto fahren, sagte Jochen Bartholomä. Anschließend beantwortete der Oberarzt noch einige Zuhörerfragen. „Weder Schmerzsalben noch -gele dringen bis zum Gelenk vor“, stellte er klar. Und bei aktivierter, entzündlicher Arthrose sei Kühlung sinnvoll, bei gleichzeitig vorhandenen Muskelverspannungen dagegen Wärme.

Eine Operation möglichst lange abwarten

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Erstellt:
25. September 2019, 06:00 Uhr

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