Emotional und künstlerisch starker Auftakt

Internationale Klavierakademie: Beim ersten Teilnehmerkonzert widmen sich vier Pianistinnen Werken von Schubert und Liszt

Das Auftaktkonzert der 19. Internationalen Klavierakademie in der Murrhardter Festhalle war zwei großen Komponisten des 19. Jahrhunderts gewidmet – Franz Schubert (1797 bis 1828) und Franz Liszt (1811 bis 1886), die von den aus dem Fernen Osten stammenden Pianistinnen beeindruckend interpretiert wurden.

Mako Kodama, Asami Inakagata, Albertina Eunju Song und Miku Arizono (von links) servierten dem Publikum spannende Interpretationen. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Mako Kodama, Asami Inakagata, Albertina Eunju Song und Miku Arizono (von links) servierten dem Publikum spannende Interpretationen. Foto: J. Fiedler

Von Petra Neumann

MURRHARDT. Mako Kodama kommt aus Japan und begeisterte schon 2015 das Murrhardter Publikum. Die mehrfache Preisträgerin studiert derzeit in Dresden. Ihre Interpretation des „Impromptu B-Dur Opus 142 Nr. 3“ von Franz Schubert war sehr ausgereift und mit einem sehr schönen, weichen Anschlag gespielt. Sein Auftakt ist äußerst verträumt, in sich ruhend und wirkt so lieblich wie ein Biedermeierstrauß. Zwar wird das Thema variiert, verliert jedoch nie seinen Ruhepol. Erst in der zweiten Hälfte kommt so etwas wie eine Gefühlswallung auf, so als hätte die Melodie einen Reifeprozess durchlaufen. Auffallend war, wie weich die Künstlerin die Töne modellierte, wie fein – fast einem Harfenspiel gleich – sie die Glissandi anschlug. Ein beeindruckender Vortrag.

Albertina Eunju Song aus Südkorea war vergangenes Jahr die Publikumspreisträgerin und studiert ebenfalls in Deutschland. Aus der Feder desselben Komponisten stammt „Gretchen am Spinnrade“, das auf einer Szene aus „Faust I“ von Johann Wolfgang von Goethe (1749 bis 1832) basiert, wobei Schubert natürlich vom tragischen Ende Gretchens wusste. Die Tonfolge der linken Hand antizipiert das stetige Surren und Kreiseln des Spinnrads, während die Melodie das Ewiggültige dieser Tätigkeit zum Ausdruck bringt. Nicht umsonst spinnen die Schicksalsgöttinnen den Lebensfaden, der den Menschen durch alle Unwägbarkeiten, Höhen und Tiefen führt, wobei das Schicksal selbst frei von Empathie ist. Diese Konstellation wurde von der Interpretin ganz großartig herausgearbeitet. Franz Liszt überarbeitete „Auf dem Wasser zu singen“ von Franz Schubert, der wiederum von dem Gedicht von Graf Friedrich Leopold zu Stolberg-Stolberg (1750 bis 1819) inspiriert wurde. Die Weise ist ganz fein, nahezu unirdisch (wozu die Wasserszenerie beiträgt) und gibt sich dem Moment der Existenz ganz hin. Es ist die reine Freude am Sein, die sich in den flirrenden und funkelnden Tönen entäußert. Im Verlauf des Stücks jedoch wird das Spiel immer ungestümer und wilder. Ein wirklich eindringlicher Hörgenuss.

Noch zwei Japanerinnen begeisterten das Publikum am Abend. Miku Arizono studiert zurzeit in Freiburg und hat schon einige Preise eingeheimst. Die „Ballade Nr. 2 h-Moll“ von Franz Liszt ist schwere Kost. Einem Donnergrollen gleich wühlen sich die Töne aus den Tasten und erfüllen wie tosende Wogen den Raum. Eine Finsternis, die alles verschluckt. Dem gegenüber stellte der Tonsetzer ganz feine ätherische Klänge, denen eine transparente Schönheit innewohnt. Die Interpretin lotete das ganze Spektrum dieser kontrastierenden Extreme aus. Die Helle kann sich immer stärker durchsetzen, sie ist das Trotzdem, die Standhaftigkeit, die sich gegenüber den Schatten bis hin zum furiosen Finale durchzusetzen vermag. Sehr beeindruckend.

Mit Asami Inakagata und der „Paraphrase de concert sur Rigoletto“ von Franz Liszt klang der Klavierabend aus. Die Doktorandin, die sich schon mehrfach bei Wettbewerben an die Spitze gespielt hat, überzeugte durch ein sehr fein akzentuiertes, ausgefeiltes Spiel. Die ursprüngliche Melodie wird stark verändert, geht in irrwitzige Arabesken und Tastenläufe über, die im wahrsten Sinne die ganze Klaviatur der Gefühle ausreizen. Auch hier überzeugte die Musikerin mit jedem angeschlagenen Ton.

Klavierakademiegründer und -leiter Professor Felix Gottlieb freut sich über dieses hohe Niveau, das sich gleich im ersten Teilnehmerkonzert widerspiegelt. „Wir haben weniger Anmeldungen, aber die Qualität ist sehr hoch. Dass die Teilnehmer kurz nach Beginn der Akademie eine solche Vorstellung hinlegen, ist sehr beeindruckend. Die Asiaten haben in den letzten Jahren stark aufgeholt, dort gibt es nun großartige Schulen. Ich bin sehr zufrieden“, sagte er.

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Erstellt:
30. August 2019, 06:00 Uhr

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