EU

Erleichterungen für die Stahlbranche

Brüssel startet einen Strategischen Dialog, um Wege aus der Krise zu sondieren.

Ein Arbeiter schaufelt Sand in eine Abstichrinne an einem Hochofen.

© dpa/Hauke-Christian Dittrich

Ein Arbeiter schaufelt Sand in eine Abstichrinne an einem Hochofen.

Von Knut Krohn

Europas Stahlindustrie befindet sich in einer schweren Krise. Den Unternehmen machen nicht nur gestiegene Energiepreise, Umweltauflagen der EU und die Billig-Konkurrenz aus China zu schaffen. Nun drohen auch noch neue US-Zölle auf europäische Stahl- und Aluminiumprodukte. Um der in Bedrängnis geratenen Branche zu helfen, hat sich am Dienstag EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Brüssel mit Vertretern der europäischen Stahlindustrie getroffen.

Erwartungen der Stahlbranche sind hoch

Im Rahmen dieses „Strategischen Dialoges“ sollen Wege aus der Krise gefunden werden. Geredet werden soll über die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und die Förderung beim Übergang zur Dekarbonisierung. Auch der Schutz vor Billigimporten aus dem Ausland steht zur Debatte. Die Erwartungen der Stahlbranche sind hoch, denn am Montag hatte sich von der Leyen bereits mit Vertretern der Automobilbranche getroffen und zum Abschluss eines strategischen Dialogs mit den Fahrzeugbauern den Konzernen gelockerte EU-Abgasvorschriften in Aussicht gestellt.

Allerdings sind die Probleme der Stahlindustrie seit Jahren bekannt. Aus diesem Grund schlägt der EU-Kommission einige Ungeduld entgegen. Die Zeit für „intensive Gespräche“ sei vorbei, kritisiert der SPD-Europaabgeordnete Bernd Lange. „Hier muss schlichtweg schnell gehandelt werden. Sonst ist der Ofen im wahrsten Sinne des Wortes bald aus“, fordert der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament. Auch sein CDU-Kollege Dennis Radtke mahnt zur Eile. „Der Dialog darf nicht nur ein schöner Fototerminen mit netten Absichtserklärungen sein“, erklärt der beschäftigungspolitische Sprecher der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament. Er erwartet „ganz konkrete Maßnahmen“ und stellt zwei grundsätzliche Forderungen: „Wir brauchen schnellstmöglich unter anderem niedrigere Energiepreise für die Industrie und Schutz vor unfairem Wettbewerb aus China.“

Stahlunternehmen begrüßen den Strategischen Dialog

Die EU-Kommission unterstrich zum Beginn des strategischen Dialoges noch einmal die Wichtigkeit des Industriezweiges. In 22 Mitgliedstaaten werden in rund 500 Werken Stahlprodukte hergestellt und sicherten so 2,5 Millionen Arbeitsplätze. In Brüssel wird betont, dass dieser Sektor auch für andere Industriebereiche wie den Autobau, das Baugewerbe oder die Verteidigungsindustrie von essenzieller Wichtigkeit ist.

Die Stahlunternehmen begrüßen den am Dienstag gestarteten Strategischen Dialog, fordern aber ebenso mehr als bloße Lippenbekenntnisse. „Um gegenzusteuern ist auf europäischer Ebene zeitnahes und geeintes politisches Handeln erforderlich“, betont Gunnar Groebler, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl. Es sei längst überfällig, „dass die EU-Kommission die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie stärker berücksichtigt, insbesondere mit Blick auf die angestrebte Klimaneutralität Europas.“

Produktion von „Grünstahl“ verzichtet auf konventionelle Hochöfen

Auch beim deutschen Industriekonzern Thyssenkrupp blickt man gespannt auf die Gespräche in Brüssel. Von dort kam zuletzt wiederholt das Signal, dass das Unternehmen am Bau einer milliardenteuren Anlage zur CO2-ärmerem Stahlherstellung in Duisburg festhalte. Trotz einer möglichen Kostensteigerung geht das Unternehmen nach Worten von Thyssenkrupp-Chef Miguel López davon aus, dass die Anlage „realisiert werden kann“.

Die sogenannte Direktreduktionsanlage zur Produktion von „Grünstahl“ soll einen klassischen Hochofen ersetzen. Sie soll zunächst mit Erdgas, später dann mit Wasserstoff betrieben werden. Die Anlage soll rund drei Milliarden Euro kosten. Davon wollen der Bund rund 1,3 Milliarden Euro, das Land NRW rund 700 Millionen Euro übernehmen. Die Stahlsparte des Konzerns, Thyssenkrupp Steel, ist Deutschlands größter Stahlhersteller.

Neue Anlage benötige 140 000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr

López machte allerdings deutlich, dass die Pläne ohne den schnellen Aufbau eines Wasserstoff-Pipelinenetzes in Europa zur Makulatur werden könnten. Pipelines seien das einzige effiziente Transportmittel, so der Manager. Die neue Anlage benötige 140 000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr. Sobald man wisse, wann die Pipeline tatsächlich fertig ist, könne man sich um die benötigten Mengen kümmern. „In dem Moment, wenn wir diese Pipeline-Termine auch tatsächlich haben, dann können wir die Frage stellen: Wer kann das produzieren? In welchem Umfang?“ Laut López warten die Produzenten darauf, Gewissheit zu bekommen.

Zum Artikel

Erstellt:
4. März 2025, 15:33 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen