Erst der Pokalcoup, dann der Abstieg

Serie 70 Jahre Fußball an Rems und Murr (1990 bis 2000): Die TSG sorgt erst für Furore und muss ein Jahr später sang- und klanglos runter. Der WFV integriert Ausländerklubs in seine Ligen.

Überraschten den großen Favoriten SSV Reutlingen in dessen Stadion und feierten den ersten WFV-Pokalsieg der TSG-Geschichte: Udo Veith, Spielleiter Volker Hecht-Rost, Andreas Nickel, Andreas Ebert, Frank Welz, Markus Sailer, Jochen Bacher, Andreas Fried und Trainer Bob Augustyn (hinten von links) sowie Armin Scheiffele, Alexander Suckut, Axel Bohmwetsch, Roberto Sadler, Klaus Petz, Jürgen Stecher und Andreas Belz. Foto: B. Strohmaier

Überraschten den großen Favoriten SSV Reutlingen in dessen Stadion und feierten den ersten WFV-Pokalsieg der TSG-Geschichte: Udo Veith, Spielleiter Volker Hecht-Rost, Andreas Nickel, Andreas Ebert, Frank Welz, Markus Sailer, Jochen Bacher, Andreas Fried und Trainer Bob Augustyn (hinten von links) sowie Armin Scheiffele, Alexander Suckut, Axel Bohmwetsch, Roberto Sadler, Klaus Petz, Jürgen Stecher und Andreas Belz. Foto: B. Strohmaier

Von Dieter Gall

Der WFV-Pokalsieg der TSG Backnang im Mai 1991 war in den Neunzigern das erste sportliche Ausrufezeichen im Rems-Murr- Fußball. Für viel Gesprächsstoff sorgten aber auch die Einführung der Drei-Punkte-Regel und die Integration von Vereinen, die zum Beispiel türkisch, italienisch oder griechisch geprägt waren und zuvor in einem eigenen Ligensystem um Punkte gekämpft hatten. Diese Klubs machten nun im WFV-Spielbetrieb mit, was im Bezirk eine zusätzliche Kreisliga-B-Staffel erforderte. Und: Der FC Sonnenhof Kleinaspach war 1994 in der Landesliga angelangt, fusionierte mit der Spvgg Großaspach und wurde als SG Sonnenhof Großaspach sofort zu einer richtigen Größe.

Vereine mit ausländischen Wurzeln mischen im WFV mit: Ganz ohne Diskussionen ging es nicht ab, als der Verband beschloss, Vereine mit ausländischen Wurzeln, die sich bisher nur in eigenen Ligen bewegten, in den Regelspielbetrieb zu integrieren. Über 90 Klubs gab es fortan im Bezirk Rems-Murr. Um die Kreisligen B auf einem Normalmaß zu halten, wurde ab der Saison 1992/93 eine vierte Staffel geschaffen. Wobei Vereine wie Inter-Club Waiblingen und Hellas Fellbach zuvor schon seit 1990 in der Kreisliga B 1, der TSC Murrhardt und der TAHV Gaildorf sowie beispielsweise Zrinski Waiblingen ab 1991 in der B 2 sowie B 3 mitgemischt hatten. Ein Jahr später kamen Klubs wie AS Etna Fellbach, Atromitos Plüderhausen, Türkgücü Fellbach, Inter Großheppach, Anagennisis Schorndorf, AC Beinstein Italia, Türk. SV Welzheim, Aris Murrhardt oder Makedonikos Schwaikheim dazu. Jahr für Jahr stieg diese Zahl zunächst an – 1994 zum Beispiel durch Achileas Unterrot und den Großen Alexander Backnang. Einer der letzten neuen Vereine war 1998 der ESK Backnang. Ihn wie auch so manch anderen Klub gibt es längst nicht mehr, andere wie der TAHV Gaildorf, der TSC Murrhardt oder der Große Alexander sind längst etabliert.

TSG Backnang holt sich den WFV-Pokal: In der Punktrunde zählte die TSG in jenen Jahren zum gehobenen Verbandsliga-Mittelfeld. Im WFV-Pokal sorgte die Etzwiesenelf unter Trainer Bob Augustyn in der Saison 1990/91 aber für Furore. Höhepunkt des Teams um Routinier Axel Bohmwetsch war der 20. Mai 1991, als der Außenseiter im Finale an der Kreuzeiche den dort beheimateten Oberligisten SSV Reutlingen mit 2:1 besiegte. Armin Scheiffele und Markus Sailer sorgten für Riesenjubel im Murrtal. Damit war die TSG erstmals in ihrer Vereinsgeschichte im DFB-Pokal dabei. In der damals vorgeschalteten Qualifikationsrunde hatten die Roten ein Freilos. Für die Hauptrunde wurde – wenig attraktiv – Nordost-Oberligist 1. Suhler SV zugelost, dem die Schwaben zu Hause mit 1:3 unterlagen.

Erst der Pokalcoup,
dann der Abstieg

FC Viktoria Backnang steigt aus Verbandsliga ab: Der FCV dagegen hatte in der Saison 1990/91 nichts zu feiern. Er stieg aus der Verbands- in die Landesliga ab. Dort erwartete die Grünen in der folgenden Runde der SV Allmersbach, der als Bezirksliga-Meister aufgestiegen war. Der Neuling hielt die Klasse problemlos und begrüßte in der Spielzeit darauf, in der der SVA jedoch wieder abstieg, mit der TSG einen zweiten Backnanger Verein in der Landesliga. Denn auf den WFV-Pokalsieg folgte in den Etzwiesen die sportliche Tristesse. Erst musste Erfolgscoach Augustyn gehen, dann waren die Roten unter dessen erfahrenem Nachfolger Rudi Abele auf einem richtig guten Weg, doch am Ende reichte es einfach nicht.

FC Sonnenhof Kleinaspach klettert hoch und fusioniert mit der Spvgg Großaspach: Kleinaspach war auf seinem Weg nach oben im Sommer 1994 in der Landesliga angelangt. Allerdings bedurfte es dafür gleich zweier Bezirksliga-Titel. Denn in der Saison 1992/93 scheiterten Trainer Görge Kalb und seine Jungs in einer Aufstiegsrunde zur Landesliga, die es davor nie gegeben hatte und es seither nie mehr gab. Ein Jahr später waren Kalb und Co. erneut Meister. Diesmal hinderte sie keiner am umjubelten Aufstieg. Überhaupt ging es in Aspach voran. Zwar scheiterte die Großfusion aller vier Vereine zum FC Aspach, doch zwei Klubs kamen zusammen. Aus dem FC Sonnenhof Kleinaspach und der Spvgg Großaspach wurde 1994 die SG Sonnenhof Großaspach.

TSG Backnang steigt wieder in Verbandsliga auf: Der neue Aspacher Verein bereicherte die Landesliga sofort. Zumal mit der TSG und dem FC Viktoria zwei weitere Klubs aus dem Murrtal vorne mitmischten und es einige reizvolle Duelle gab. Wobei sich das Etzwiesenteam und Trainer Günter Wellm im Sommer 1995 als Meister erst einmal in die Verbandsliga verabschiedeten. Die Backnanger waren damit der erste Landesliga-Meister nach Einführung der Drei-Punkte-Regel. In der Verbandsliga lief es für die TSG in der ersten Saison ordentlich, in der zweiten gut, in der dritten gar nicht. Ab 1998 vertrat nur noch der SV Fellbach den Bezirk in Württembergs Eliteliga. Die Bundesliga des Murrtals hieß Landesliga, in der sich FCV, Sonnenhof und TSG heiße Duelle lieferten. Im Titelkampf hatte aber immer jemand anderer die Nase vorne.

Großer Alexander Backnang nimmt den Spielbetrieb auf, SV Burgstall stellt ihn ein: Der Große Alexander Backnang feierte im Sommer 2000 nur drei Jahre nach seinem Einstand den Titelgewinn in der Kreisliga B 4. Woanders ging da längst nichts mehr, denn der SV Burgstall hatte 1996 den Spielbetrieb eingestellt.

Mit der Serie blicken wir auf die sieben Jahrzehnte Fußball im Murrtal und auch an der Rems nach dem Zweiten Weltkrieg zurück. Wir erzählen von großen Erfolgen, heißen Duellen und Vereinen, die es nicht mehr gibt.

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Erstellt:
17. März 2021, 06:00 Uhr

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