Eklat nach Fasnetspredigt
Erzbistum: Kein Zurück für den reimenden Pfarrer
Das Freiburger Erzbistum rechtfertigt die Ablösung des beliebten Pfarrers in Baden-Baden mit der Sorge um die „Einheit“. Doch überzeugen kann sie damit nicht.

© BNN / Michael Rudolphi
Matthias Koffler ist ein unkonventioneller Pfarrer.
Von Eberhard Wein
Bei einem Abendgebet unter dem Motto „Für Vielfalt und Toleranz“ auf dem Platz vor Sankt Bernhardus wollen sich Baden-Badens Katholiken am Freitag für die Rückkehr ihres Pfarrers Matthias Koffler einsetzen. Vor einer Woche hatte das Freiburger Erzbistum überraschend mitgeteilt, der beliebte Geistliche werde aus der Kurstadt abgezogen. Auslöser ist eine humoristische Fasnachtspredigt des unkonventionellen Pfarrers, die zwar viel Zustimmung erhielt, einzelne aber offenbar vor den Kopf stieß.
Dass die Gebete im Erzbischöflichen Ordinariat in Freiburg erhört werden, ist allerdings unwahrscheinlich. Die Erzdiözese Freiburg sehe „die Zukunft von Pfarrer Koffler außerhalb dieser Pfarrei“, heißt es in einer jetzt veröffentlichten Erklärung des Bistums. Das hätten der Freiburger Generalvikar Christoph Neubrand und der für Personalangelegenheiten zuständige Domkapitular Michael Hauser bei einer Videokonferenz gegenüber dem örtlichen Pfarrgemeinderat und dem Seelsorgeteam deutlich gemacht.
Gereimte Predigt kommt gut an
Man habe die Positionen ausgetauscht, bestätigte der Vorsitzende des Pfarrgemeinderats, Markus Bähr. Allerdings herrschten nach wie vor Unverständnis und Enttäuschung über die Freiburger Entscheidung. „Wir können das alles nicht nachvollziehen.“ In den vergangenen Tagen hätten sich viele Menschen bei ihm gemeldet: Ehrenamtliche, Gläubige, aber auch Kirchenferne hätten ihre Solidarität mit dem unkonventionellen Pfarrer bekundet. Selbst die Vertreter des Ordinariats mussten bei der Videokonferenz offenbar einräumen, von der Vielzahl positiver Rückmeldungen zu Kofflers Amtsführung überrascht gewesen zu sein.
In seiner Fasnachtspredigt hatte sich Koffler in Reimform unter anderem darüber lustig gemacht, dass sich eine Frau beim Ordinariat schriftlich darüber beschwert habe, dass er in die Sauna gehe und in kurzen Hosen durch die Stadt jogge. Obwohl er den Namen der Frau nicht nannte, fühlte sich die Betroffene bloßgestellt – und beschwerte sich erneut. Das Ordinariat griff daraufhin durch – warum, geht aus der Erklärung der Erzdiözese nicht hervor.
Bistum fürchtet um die Einheit
Bei der Videokonferenz sei auf den „Grundsatz zur Einheit“ verwiesen worden, dem Pfarrer grundsätzlich unterlägen, sagte Bähr. „Das wurde uns als entscheidender Faktor genannt.“ Doch in Baden-Baden stößt dies auf wenig Verständnis. Indem der Beschwerde einer Einzelnen nachgegeben werde, werde die Einheit erst recht gefährdet, glauben viele. Tatsächlich befinden sich die Gemeinden der Seelsorgeeinheit im Aufruhr. Zehn der 13 Pfarrgemeinderäte traten bereits zurück.
Weitere Vorwürfe gegen Koffler gibt es offenbar nicht. Die Zahl der Beschwerdebriefe liege nicht höher als bei anderen Priestern, räumte das Ordinariat ein. Man habe Pfarrer Koffler auch nicht suspendiert, sondern suche nach einer anderen Aufgabe für ihn. Geplant sei, ihn als Kooperator in einer anderen Gemeinde einzusetzen. Dies würde allerdings eine Degradierung zum „priesterlichen Mitarbeiter“ bedeuten. Bisher durfte Koffler selbst eine Gemeinde leiten.
„Wer hat da Lust zu kandidieren?“
Nach dem Abendgebet am Freitag, das ursprünglich gar als Mahnwache angekündigt worden war, soll auch der Sonntagsgottesdienst demonstrativ vor dem Kirchengebäude stattfinden. Es herrsche Unverständnis darüber, vor der Personalentscheidung nicht gehört worden zu sein, sagte Bähr. Das sei bei einem solchen Prozess nicht vorgesehen, erklärte dazu das Ordinariat. Dies zeige, „dass die Bedeutung der Ehrenamtlichen weiter unterschätzt wird“, sagte Bähr. Gerade beginnt die Suche nach Kandidaten für die im Herbst stattfindenden Kirchenwahlen. „Ich weiß nicht, wer Lust hat zu kandidieren, wenn man doch nichts zu sagen hat.“
Auch der stellvertretende Vorsitzende des Diözesenrates, Klemens Gramlich, kritisierte das Ordinariat. „Kirchenrechtlich mag das Vorgehen korrekt sein.“ Andererseits habe sich das Erzbistum eine „Partizipationskultur“ auf die Fahnen geschrieben. „Die Kirchenleitung setzt sich über ihre eigenen Grundsätze hinweg“, so der Laienvertreter. Es brauche eine klare Aussage, wie es künftig gehandhabt werde. „Man kann nicht den Ehrenamtlichen immer mehr Aufgaben übertragen, sie aber nicht mitsprechen lassen.“