Olympia 2024
Feiern und trainieren im Rugby-Stadion – das Deutsche Haus in Paris setzt neue Maßstäbe
Zwei Jahre lang gab es wegen der Coronapandemie bei Olympischen Spielen kein Deutsches Haus. In Paris meldet sich die Dependance des deutschen Sports zurück – und setzt ein großes Ausrufezeichen.
Von Dirk Preiß
Man muss ein bisschen suchen auf dem Spielfeld des Stade Jean Bouin zu Paris. Aber irgendwann, wenn man seinen Blick aufmerksam schweifen lässt, fällt es einem ins Auge. Das kleine Tiny-House neben der großen Konzertbühne – unweit von Biergarten, Sportangeboten, Leinwänden sowie den Ständen, an denen Getränke und Essen geordert werden können. Wie das wirkt: Als ob man das Fürstentum Liechtenstein mit seiner Fläche von 160 Quadratkilometern mal eben irgendwo nach Deutschland (357 588 Quadratkilometer) verfrachtet hätte.
Nun liegt das einerseits natürlich an der überschaubaren Größe des „Liechtenstein-Hauses“ – andererseits aber natürlich an den Dimensionen, die die Dependance des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) in diesem Jahr hat. Das Deutsche Haus gab es fast immer bei Olympischen Spielen seit 1988 – so groß wie 2024 in Paris war es aber noch nie. Denn: Das Haus ist diesmal ein Stadion.
„Wir haben drei Jahre kreativ geplant und hatten uns mehrere Locations angeschaut“, sagt Claudia Wagner. Irgendwann, ergänzt die Geschäftsführerin der Deutschen Sportmarketing (DSM), habe sie dann das Stade Jean Bouin betreten, „und mein Herz hat sofort schneller geschlagen“. Nun, da das Zuhause der deutschen Sportfamilie fertig geplant und eingerichtet ist, spürte sie schon kurz vor dem Start der Spiele „die Energie“, die von diesem Ort ausgehen soll. Mehr denn je.
Wie bisher soll das Deutsche Haus dem DOSB Raum und Möglichkeit geben, seine Medaillengewinner gebührend zu feiern, Pressekonferenzen abzuhalten, Sponsorenvertreter zu betreuen und Gäste aus Politik und Gesellschaft einzuladen. Doch das ist in diesem Jahr längst nicht alles.
Direkt neben dem Prinzenpark und Roland Garros
Da das Stadion direkt neben dem Parc des Princes (hier spielt Paris St. Germain) und den Tennisstadien von Roland Garros, in dem der Rugby-Club Stade Francais Paris normalerweise seine Heimat hat, viele sportspezifische Räumlichkeiten bietet, sollen die deutschen Athletinnen und Athleten nicht erst nach ihren Wettkämpfen profitieren. Ein voll ausgestatteter Trainingsbereich, Möglichkeiten für Regeneration und eine Physiotherapie geben den Sportlerinnen und Sportlern auch die Möglichkeit, sich noch einmal für ihre Wettkämpfe vorzubereiten. „Wir wollen für die Athleten mehr bieten als einen Raum zum Feiern“, sagt Claudia Wagner. Das habe, ergänzt sie, auch „mit Teambuilding“ zu tun.
Weil am besten das ganze Land die deutschen Olympiastarter unterstützen soll, wurde diesmal auch an die Fans gedacht. Aufgrund der Nähe von Paris zu Deutschland werden im Nachbarland zahlreiche Olympia-Touristen erwartet, die in der Fanzone ihre Heimat finden sollen. Auch das gab es noch nie.
7000 Quadratmeter Fläche bieten jeden Tag Platz für 3000 Besucherinnen und Besucher. Für 20 Euro Eintritt kann man sich hier aufhalten, die Wettbewerbe auf Leinwänden verfolgen, Mitmachangebote nutzen – oder Konzerten lauschen. Clueso wird hier singen, auch die Band Revolverheld oder Tim Bendzko. „Wir wollen uns als guter Gastgeber präsentieren“, sagt Claudia Wagner – nicht nur mit Blick auf die Fans, die empfangen werden sollen.
Eine deutsche Olympiabewerbung wurde bereits auf den Weg gebracht, seit dieser Woche gibt es auch ein Bekenntnis dazu von der Politik. Das Deutsche Haus soll nun auch demonstrieren, wie ernst es dem deutschen Sport mit der olympischen Idee ist. Eben auf möglichst breiter Basis.
Keine Fanzone während der Paralympics
In den Katakomben der Haupttribüne sind die eigentlichen Räumlichkeiten für 1500 Gäste untergebracht. Mit einem Clubbereich zum Feiern bis in die Nacht, einem Medienbereich und den sonstigen Flächen zum Netzwerken und sich Austauschen. Mehrere ehemalige Olympia-Sportler wie der Ringer Frank Stäbler (Bronze 2021), aber auch Wintersportler wie der Skispringer Andreas Wellinger haben sich angekündigt. Ein eigener Shuttle-Service bringt die aktiven Sportlerinnen und Sportler vom Olympischen Dorf ins Deutsche Haus und wieder zurück. Für die Paralympics bleibt das Innere der Tribüne bestehen, die Fanzone wird nach Olympia aber wieder abgebaut.
Bleibt die Frage, wie sich diese neuen Dimensionen eigentlich finanzieren lassen. Über die Kosten schweigt sich Claudia Wagner aus, betont aber, dass sie komplett durch Sponsoren gedeckt werden. Und der Hausherr des Stade Jean-Bouin ist ja auch ein Gönner des Sports.
Der Unternehmer Hans-Peter Wild („Capri-Sun“) unterstützt seit vielen Jahren den Olympiastützpunkt Rhein-Neckar, war zudem finanziell engagiert im deutschen Rugbysport. Seit 2017 hält er die Anteile des Stade Francais Paris – in dessen Heimstätte nun der DOSB sein olympisches Quartier bezogen hat. Aber, wie erwähnt, nicht alleine.
Neben Liechtenstein ist auch Luxemburg Untermieter.