Feuerwerk der Klänge, Rhythmen und Effekte
Acht Pianistinnen und Pianisten präsentieren beim dritten Teilnehmerkonzert der Klavierakademie ein breit gefächertes Programm mit Werken vom Barock bis zum 20. Jahrhundert.
Von Elisabeth Klaper
Murrhardt. Mit vollem Einsatz und hörbarem Spielvergnügen interpretieren acht vorwiegend junge Künstlerinnen und Künstler ästhetisch facettenreiche und komplexe Kompositionen aus verschiedenen Musikepochen beim dritten Teilnehmerkonzert der 21. Internationalen Klavierakademie in der Festhalle.
Die 17-jährige Deutsche Maria Litsoukov ist in der Nachwuchsförder- und Klavierklasse in Leipzig. Voller Anmut und in klangschöner Präzision bringt sie Johann Sebastian Bachs wie ein Menuett wirkendes Präludium und die meditative Fuge Nr. 4 cis-Moll zur Entfaltung. Stilvoll gestaltet sie auch ein Juwel der Klassik: das virtuos verspielte Allegro aus der Klaviersonate Nr. 1 Opus 2 Nr. 1 f-Moll von Ludwig van Beethoven, dessen ornamentale Figuren sie stimmig herausarbeitet. Auch die an der Musikakademie Kassel studierende, 23-jährige Chinesin Kexin Zhou trägt vollendet ein Tonkunstwerk Bachs vor: den ersten Satz des Italienischen Konzerts F-Dur, BWV 971. Feinsinnig stellt sie die charakteristische, heiter wirkende „italienische“ Melodik dar mit kunstreichen Ornamenten, die an Koloraturen erinnern.
Die gleichaltrige Chinesin Yiyang Sun studiert am Zhejiang-Musikkonservatorium in Hangzhou. Mit elegantem, variablem Anschlag bringt sie Frédéric Chopins Fantasie Opus 49 f-Moll zur Entfaltung. Detailliert arbeitet sie die orchestrale Vielzahl an Klangfarben und schnell changierenden Stimmungen heraus, ebenso die unterschiedlichen melodischen und harmonischen Strukturen sowie die schillernden Läufe aus gebrochenen Akkorden.
In Berlin studiert der 23-jährige Chinese Haotian Sun, der gefühlvoll die Sätze Andante und Prestissimo volando aus Alexander Skrjabins Klaviersonate Nr. 4 Opus 30 darbietet. Romantische und impressionistische Klangelemente bilden lyrisch verträumte Szenerien, untermalt von jazzartig synkopierten Rhythmen. Der 25-jährige Italiener Giacomo M. Gabriele studiert Kammermusik in Rom. Er präsentiert atmosphärisch stimmig die ersten vier Stücke aus dem Klavierzyklus „Bilder einer Ausstellung“ von Modest Mussorgskij. In der Hommage an dessen früh verstorbenen Malerfreund Victor Hartmann flaniert ein Erzähler durch eine Galerie und betrachtet unterschiedliche Bilder. Dahinter steckt die Idee einer Zeitreise durch Länder und Epochen. Die festliche „Promenade“ ist zugleich Thema und wiederkehrendes Zwischenspiel, das die Bilder verbindet und die Stimmung des Betrachters widerspiegelt. „Gnomus“ charakterisiert spannungsvoll das unglückliche Dasein eines Zwergs als Hofnarr. „Das alte Schloss“ illustriert mit „altertümlich“ klingenden Harmonien das Bild einer mittelalterlichen Burg. In „Tuilerien“ mit erst heiter, dann aufgewühlt wirkenden Klängen geraten im Garten spielende Kinder in Streit, weinen und werden von ihren Kindermädchen getröstet.
Die 24-jährige Chinesin Muzi Li, die ebenfalls in Berlin an der Hochschule ist, gestaltet György Ligetis Etüde Nr. 4 „Fanfares“ virtuos in hohem Tempo und trotzdem fein differenziert. Ligeti schuf einen Zyklus von 18 Etüden, die zu den schwierigsten Klavierwerken überhaupt gehören. Verschiedenartige Akkorde stellen die Fanfaren dar, untermalt von permanent wiederholten gleichartigen Figuren mit komplexen, teils jazzartigen Rhythmen.
Mit Verve bietet der in Rostock studierende 18-jährige Deutsche Toby Olias Brechler die orientalische Fantasie „Islamej“ von Mili Balakirew dar. Sie ist inspiriert vom gleichnamigen traditionellen Volkstanz der Tscherkessen oder Adygejer, islamischer, nicht arabischer Ureinwohner des Nordkaukasus. Nuancenreich und präzise bringt Brechler die vielschichtigen, teils orientalisch wirkenden folkloristischen, teils traditionellen Harmonien, die temperamentvolle Feststimmung und die schnellen, virtuosen Figurationen zur Entfaltung.
Den Abschluss des Programms bildet wie schon im zweiten Teilnehmerkonzert Guido Agostis Klavierbearbeitung von Igor Strawinskys Ballettmusik „Feuervogel“. Die energische Interpretation dieses „Feuerwerks“ aus innovativer Melodik, Harmonik und Rhythmik durch die in Leipzig studierende 30-jährige Südkoreanerin Seonghyeon Leem wirkt hochdramatisch und leidenschaftlich.
Die vielen Zuhörerinnen und Zuhörer danken den Pianistinnen und Pianisten für die faszinierenden Hörerlebnisse mit Bravorufen und stürmischem Beifall.