Oscar-Verleihung
Filmdrama „Konklave“: Nur Fiktion, doch sehr nah an der Realität
In der Nacht zum Montag werden die diesjährigen Oscars verliehen. Zu den Favoriten gehört „Konklave“, der Thriller um Vorbereitungen und Verlauf einer Papstwahl. Reine Fiktion, doch die Aktualität in Rom steigert die Aufmerksamkeit.
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© Imago/Landmark Media
Dass gleichzeitig der echte Papst in einer römischen Klinik liegt und viele weltweit über Rücktritt, Tod und mögliche Nachfolger spekulieren, ist zwar purer Zufall, steigert das Interesse an dem Filmdrama „Konklave“ und der Oscarverleihung noch weiter.
Von Markus Brauer
Es ist sicher eines der geheimnisvollsten Rituale überhaupt und in unserer modernen, digitalisierten Welt fast schon aus der Zeit gefallen. Doch vermutlich stößt die Wahl eines Papstes in einem Konklave gerade deshalb auf so viel Interesse – auch auf der Kinoleinwand.
Wenn dann der entsprechende Film auch noch so brillant gelungen ist wie Edward Bergers Filmdrama „Konklave“ nach dem gleichnamigen Bestseller von Robert Harris, ist es kein Wunder, dass er für die Oscar-Verleihung in Hollywood in der Nacht zum Montag (2. auf 3. März) ganz hoch gehandelt wird.
Dass gleichzeitig der echte Papst in einer römischen Klinik liegt und viele weltweit über Rücktritt, Tod und mögliche Nachfolger spekulieren, ist zwar purer Zufall, steigert das Interesse allerdings noch weiter.
„Konklave, kein Krieg“
„Es ist ein Konklave, kein Krieg“, mahnt Kardinal Thomas Lawrence (Ralph Fiennes) im Film seinen Freund und Kollegen Aldo Bellini (Stanley Tucci). Der widerspricht: „Es ist ein Krieg! Und du musst dich entscheiden, wo du stehst!“
Schon dieser Dialog zeigt, dass Oscar-Gewinner Edward Berger („Im Westen nichts Neues“) einen echten cineastischen Thriller gedreht hat. Es ist ein Kampf zwischen (erz-)konservativen und progressiven kirchlichen Kräften, der hier entbrennt. Eine Fehde um Macht und Einfluss, geführt mit oft fragwürdigen Mitteln. Der Vatikan als Intrigantenstadl.
Dabei sind die Fronten keineswegs klar definiert. Allenfalls die Extreme lassen sich verorten. Und mittendrin: KardinalThomas Lawrence, der das Konklave nach dem plötzlichen Tod des bisherigen Papstes als Kardinaldekan leitet. Eine zerrissene und oft (ver-)zweifelnde Figur, überragend gespielt von dem britischen Schauspieler Ralph Fiennes: Es gibt wenige Schauspieler, die mit einem angedeuteten Lächeln derart viele Facetten aufschimmern lassen können – Trauer, Mitleid, Reue, Selbstzweifel.
Aktuelle kirchliche Debatten als Thema
Neben den Einblicken in die geheimnisvollen Abläufe eines Konklaves geht es im Film auch um die Rolle von Frauen, interreligiösen Dialog, Sexualmoral und um Verfehlungen beim Missbrauchsskandal. Der Film befindet sich also auf der Höhe des innerkirchlichen Diskurses, ohne trocken oder verkopft zu wirken.
Im Gegenteil: „Konklave“ ist ein enorm spannender und unterhaltsamer Thriller, der seine Handlung geschickt mit aktuellen Debatten zu verknüpfen weiß und dabei gelegentlich sogar ziemlich witzig ist.
Doch wie sieht es nicht auf der großen Kinoleinwand aus, sondern im echten Leben? Was geschieht bei einem realen Konklave? Wie läuft es ab? Wer nimmt daran teil? Und was ist mit dem Namen eines zukünftigen Papstes, seiner Kleidung und dem Hilfspersonal?
Der Ablauf eines Konklaves
Die Abstimmung im vatikanischen Konklave erfolgt traditionell in drei Phasen:
Phase 1: Vorstufe
- Die päpstlichen Zeremoniäre verteilen je zwei oder drei Stimmzettel an jeden Kardinal.
- Unter den Papstwählern werden ausgelost: drei Wahlhelfer, drei Wahlprüfer sowie drei sogenannte Infirmarii. Diese sammeln die Stimmen von kranken Kardinälen ein, die in dem nahe der Sixtinischen Kapelle gelegenen päpstlichen Gästehaus Domus Santa Marta geblieben sind.
- Der ausgegebene Stimmzettel muss rechteckig sein und sollte in der oberen Hälfte die grdruckten Worte „Eligo in summum pontificem“ („Ich wähle zum höchsten Pontifex“) enthalten. Jeder Wähler schreibt in möglichst verstellter Schrift den Namen seines Kandidaten auf den Zettel.
- Während des Wahlgangs selbst dürfen nur die wahlberechtigten Kardinäle in der Sixtinischen Kapelle anwesend sein.
Phase 2: Wahlgang
- Jeder Wähler bringt seinen ausgefüllten Stimmzettel – gemäß der Rangfolge der Kardinäle – mit erhobener Hand zum Altar, spricht die lateinische Eidesformel „Hunc eligens quem Deus eligi voluit“ („Jene gewählt zu haben, der nach Gottes Willen gewählt werden sollte“) und wirft den Wahlzettel in die auf dem Altar stehende Urne.
- Für kranke Kardinäle, die in der Sixtinischen Kapelle sitzen und nicht selbst zum Altar gehen können, legen die Wahlhelfer die Stimmzettel in die Urne.
- Die Voten von kranken Purpurträgern aus dem Domus Santa Marta bringen die Infirmarii nach einem strengen Reglement herbei
- Die Wahlzettel in der Urne werden gemischt und gezählt. Wenn die Zahl der Stimmzettel nicht mit der Zahl der Wähler übereinstimmt,beginnt sofort ein neuer Wahlgang.
- Zuletzt werden die Stimmzettel gelocht und mit einer roten Schnur verknotet.
Phase 3: Abschluss
Das Stimmergebnis wird bekannt gegeben. Die Wahlprüfer kontrollieren die Arbeit der Wahlhelfer. Sofort nach der Prüfung werden die Wahlzettel, sofern es keine Entscheidung gab, unter Beifügung von Pech verbrannt. Der schwarze Rauch signalisiert der Außenwelt, dass noch kein neues Kirchenoberhaupt gewählt worden ist.
Ist ein Papstnachfolger gewählt werden die Wahlzettel dieses Wahlgangs ohne Beifügung von chemischen Zusätzen verbrannt. Die Öffentlichkeit außerhalb der Sixtinischen Kapelle kann am weißen Rauch erkennen, dass die versammelten Kardinäle eine Entscheidung getroffen haben.
Was ist ein Konklave?
Das Konklave ist die Versammlung der Kardinäle des gesamten Erdkreises, die streng abgeschieden im Vatikan den Papst wählen. Ihm gehören alle Kardinäle an, die das 80. Lebenjahr noch nicht vollendet haben.
Die Versammlung tritt 16 Tage nach dem Tod des Papstes zusammen und wird vom ranghöchsten Purpurträger, dem Kardinaldekan, geleitet. Der „Decanus Sacri Collegii“ ist die Bezeichnung für den Vorsitzenden des Kardinalskollegiums. Er hat das höchste Amt der römisch-katholischen Kirche nach dem Papst inne.
Warum sind die Kardinäle von der Außenwelt völlig abgeschirmt?
In 2000 Jahren Kirchengeschichte sind manche Papstwahlen unter politischer Einflussnahme, mit Bestechung oder Intrigenabgelaufen. Deshalb sollen die wahlberechtigten Kardinäle unter strengster Geheimhaltung, abgeschottet von der Außenwelt in der Sixtinischen Kapelle, unabhängig und ohne vorherige Wahlabsprachen den neuen Pontifex wählen. Gebete und Beichtmöglichkeiten während des Konklaves prägen den religiösen Charakter.
Sind noch andere Personen während des Konklaves anwesend?
Als Hilfspersonal stehen zur Verfügung:
- der Sekretär des Kardinalskollegiums
- der Päpstliche Zeremonienmeister mit zwei Zeremoniären
- zwei Ordensschwestern der Päpstlichen Sakristei
- ein Kleriker als Assistent des Kardinaldekans
- zudem sollen einige Ordenspriester verschiedener Sprachen für die Beichte zugegen sein
- ferner zwei Ärzte für eventuelle Notfälle
- außerdem muss für Tisch- und Reinigungspersonal gesorgt sein
- Alle müssen Geheimhaltung schwören. Wer den Eid bricht, dem droht Exkommunikation.
Wie viele Stimmen muss ein Kandidat auf sich vereinen?
- Notwendig sind zwei Drittel der Stimmen. Falls deren Zahl nicht durch drei teilbar ist, bedarf es einer Stimme mehr.
- Nach vier ergebnislosen Wahlrunden mit 30 Wahlgängen können die Kardinäle mit absoluter Mehrheit bestimmen, wie sie weiter verfahren wollen.
- Die vier Wahlrunden würden zwei Wochen dauern. Frühestens nach dem 30. Wahlgang und spätestens nach dem 34. Wahlgang ist der Wechsel zur absoluten Mehrheit möglich.
Kann sich der neue Papst seinen Namen aussuchen?
Wenn der neue Papst nach dem Konklave auf die Loggia des Petersdoms tritt, muss er der Öffentlichkeit umgehend bekannt geben, welchen Namen er annimmt. Das war nicht immer so: Erst seit dem Jahr 996 änderten die Nachfolger des Apostels Petrus als erstem Papst der Kirchengeschicht regelmäßig ihren Taufnamen. Die Namenswahl bezieht sich vorwiegend auf die Vorbilder, an dene sich der neue Papst orientieren will.
Was trägt der neue Papst nach seiner Wahl?
Drei weiße Talare der exklusiven römischen Papstschneiderei Gammarelli stehen schon zu Beginn des Konklaves bereit, damit sich das neue Kirchenoberhaupt sofort nach seiner Wahl den auf Gläubigen korrekt angezogen präsentieren kann. Weil seine Maße aber genauso unbekannt sind wie sein Name, wurden sie von Gammarelli in drei Einheitsgrößen angefertigt.
Welches war das kürzeste und welches das längste Konklave?
- Das längste Konklave begann im Jahr 1268 im italienischen Viterbo und dauerte zwei Jahre, neun Monate und zwei Tage. Die Kardinäle konnten sich auch nach einer drastischen Kürzung der Lebensmittelrationen nicht auf einen Nachfolger einigen. Erst als die Bevölkerung begann, das Dach über dem Wahlraum abzutragen, wurde schließlich Gregor X. gewählt.
- Die kürzeste Wahl fand am 31. Oktober 1503 in Rom statt: Nach wenigen Stunden ging daraus Julius II. hervor.
- Mit einer Dauer von 20 Stunden zählt auch die Wahl von Pius XII. im Jahr 1939 zu den kürzesten Konklaven der Kirchengeschichte.
Wer kann Papst werden?
Wählbar ist jeder männliche Katholik,. De facto haben aber nur Kardinäle Chancen, zumal der letzte Papst, der nicht aus ihren Reihen stammt, Urban VI. (1378-1389) das Große Abendländische Schisma auslöste. Ist der Gewählte kein Bischof – zuletzt war das Gregor XVI. (1831-1846) –, ist er sofort nach seiner Papstwahl zu weihen.
Info: Kirchenrecht regelt Verfahren bei Krankheit oder Tod eines Papstes
Was passiert, wenn ein Papst längere Zeit im Krankenhaus liegt und sein Amt nicht wie gewohnt ausüben kann? Ein Papst hat keinen Stellvertreter. Bestimmte Aufgaben sind nicht delegierbar. Dazu gehören so genannte Unfehlbare Lehrentscheidungen, Heilig- und Seligsprechungen, Dispens (Auflösung) von Eheschließungen oder Zölibatsversprechen, also die genehmigte Entlassung von Priestern aus dem Dienst. Die Veröffentlichung päpstlicher Dokumente wie Enzykliken oder der Erlass päpstlicher Gesetze ist zwangsläufig nicht möglich. Die römische Kurie mit ihren verschiedenen Kongregationen ist in ihrer Arbeit aber nicht beschnitten.
Was passiert, wenn ein Papst zurücktritt? In der Apostolischen Konstitution „Universi Dominici Gregis“ aus dem Jahr 1996 hat Papst Johannes Paul II. verbindlich geregelt, was im Fall der Vakanz des Papststuhls zu tun ist und welche Rechte die Kurie und das Kardinalskollegium haben. Das Dokument geht nur von der Vakanz aus, unterscheidet also nicht zwischen einem Rücktritt eines Pontifex und dem Todesfall. Nach dem geltenden Kirchenrecht kann ein Papst jederzeit seinen Rücktritt erklären. Er wäre dann praktisch – wie Benedikt XVI. – der Alt-Bischof der Diözese Rom und hätte keinerlei Amtsgewalt mehr. Bestimmte Verhaltensregeln wie etwa der Rückzug aus der Öffentlichkeit sind allerdings nicht konkret festgelegt.
Was geschieht, wenn ein Papst stirbt? Wie bei einem Rücktritt wäre die katholische Kirche bis zur Wahl eines neuen Papstes ohne Oberhirten. Unmittelbar nach bekanntwerden des Todes muss der Camerlengo (der Kardinalskämmerer) Arbeitszimmer und Privatgemächer des verstorbenen Papstes versiegeln. Der Leichnam des verstorbenen Pontifex darf nicht fotografiert werden, wenn dieser nicht mit seinen Pontifikalgewändern bekleidet ist. Die hohen Kirchenvertreter – der Kardinalstaatssekretär und die Kardinalpräfekten – treten zurück. Das Kardinalskollegium übernimmt gemeinsam die kirchlichen Amtsgeschäfte. Doch das Kollegium hat lediglich Vollmacht die laufenden Geschäfte zu führen, die Trauerfeiern und die Beisetzung des verstorbenen Papstes vorzubereiten sowie die Wahl des neuen Mannes an der Spitze der katholischen Kirche zu organisieren. Besondere Bedeutung kommt dem Kardinaldekan zu, der alle Fäden in der Hand hält.
Wie wird die Trauerfeier gestaltet? Als wichtigste Amtshandlung muss das Kardinalskollegium den Tag, die Stunde sowie die Art und Weise bestimmen, wie der Leichnam des Papstes in die Vatikanische Basilika zu überführen ist, um dort zur Verwehrung durch die Gläubigen aufgebahrt zu werden. Die Trauerfeiern sollen während neun aufeinander folgenden Tagen gehalten werden. Die Bestattung ist vier bis sechs Tage nach dem Tod vorgesehen. Es ist aber nicht vorgeschrieben, dass der tote Papst – wie in der neueren Geschichte üblich – unbedingt im Petersdom sein Grab findet.
Wann tritt das Konklave der Kardinäle zusammen? Frühestens 15, spätestens 20 Tage nach dem Tod des Papstes müssen die Kardinäle, die das 80. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, zum Konklave in der Sixtinischen Kapelle im Vatikanstaat zusammenkommen, um das neue Oberhaupt der katholischen Kirche zu wählen (mit dpa-/KNA-Agenturmaterial).