Maschinenbauer Heller in Nürtingen
Finanzinvestor übernimmt Mehrheit bei Heller
US-Finanzinvestor H.I.G. Capital steigt beim traditionsreichen Maschinenbauer Heller in Nürtingen ein. Das Familienunternehmen erhofft sich damit neue finanzielle Spielräume, um das Wachstum zu beschleunigen.
Von Imelda Flaig
Mit einem Finanzinvestor im Rücken will der Maschinenbauer Heller in Nürtingen wieder auf Erfolgskurs kommen und weltweit wachsen. Die US-Investmentgesellschaft H.I.G mit Stammsitz in Miami beteilige sich „substanziell“ an der Heller Gruppe, teilte das Nürtinger Familienunternehmen mit.
Den genauen Anteil beziffert Heller nicht, lediglich dass es sich um eine Mehrheitsbeteiligung handle. „Die Partnerschaft mit H.I.G. ist ein Meilenstein für unser Unternehmen. Wir werden durch die zusätzlichen finanziellen Mittel und das globale Netzwerk von H.I.G. in die Lage versetzt, unsere strategischen Ziele schneller umzusetzen“, sagte Heller-Chef Thorsten Schmidt. Er steht seit zwei Jahren an der Spitze des Familienunternehmens, das künftig dezentraler aufgestellt wird und neue Branchen und Kunden rund um den Globus gewinnen soll.
Die Gebr. Heller Maschinenfabrik, Spezialist für modernste CNC-Werkzeugmaschinen und Fertigungssysteme für die hochpräzise Metallverarbeitung, ist ein Schwergewicht der Branche. Die enge Verbindung zur Autoindustrie hat jahrzehntelang den Erfolg getragen und Heller in die Top Ten der umsatzstärksten Werkzeugmaschinenhersteller Europas mit Werken in Nürtingen, England, Brasilien, China und den USA gebracht. Doch in den letzten Jahren machten dem Unternehmen nicht nur Corona, sondern auch die Abhängigkeit vom Verbrenner und zuletzt der weltweit rückläufige Markt bei Werkzeugmaschinen zu schaffen.
Das hat auch 2024 Spuren hinterlassen: Schmidt bezifferte den Umsatzrückgang im vergangenen Jahr auf „knapp unter zehn Prozent“, wobei man eine „schwarze Null“ schreibe. 2023 lag der Umsatz bei rund 588 Millionen Euro. In verschiedenen Bereichen gibt es auch Kurzarbeit. Mit dem neuen strategischen Partner, seinem globalen Netzwerk und dessen Expertise will Heller die Transformation schaffen und nach eigenen Angaben die Innovationsführerschaft im Markt sichern und ausbauen. Unter anderem will man auch verstärkt Kunden beispielsweise aus der Luftfahrt, der Energietechnik und Verteidigung gewinnen, aber auch bei E-Mobilität (Strukturbauteile) punkten.
„Heller ist eine technologische Perle“
Das Engagement gehe über eine reine Finanzbeteiligung hinaus, die Partnerschaft biete zusätzliche Expertise –unter anderem auch, wie man Prozesse effizienter gestalten könne. Heller sei zu klein, um in allen relevanten Märkten eine Schlüsselposition zu erreichen, sagte Schmidt mit Blick auf Märkte wie Türkei, Indien oder etwa Mexiko. Dies gelinge schneller und besser mit H.I.G Capital als Partner. Von einer „Heuschrecke“ oder gar der Sorge um einen möglichen Ausverkauf des Unternehmens könne nicht die Rede sein. „Heller ist solide finanziert und kein Sanierungsfall“, so Schmidt. Es gehe vielmehr um nachhaltige Investitionen in Zukunftsfelder.
„Heller ist eine technologische Perle“, sagte Christian Kraul-von Renner, Manager von H.I.G. Capital. Er sieht enormes Potenzial und eine erfolgreiche Zukunft für den Nürtinger Maschinenbauer. „Wir freuen uns darauf, gemeinsam mit der Familie Heller und dem Managementteam das volle Potenzial dieses Unternehmens zu entfalten“, sagte Kraul-von Renner.
Die Familie bleibt Gesellschafter bei Heller und bringt sich auch künftig ein. „Diese Partnerschaft ermöglicht es uns, die Transformation des Unternehmens aktiv zu gestalten und gleichzeitig unsere Wurzeln zu bewahren“, kommentierten die Geschwister Nicole Pfleiderer und Marc Heller, Vertreter der vierten Generation der Eigentümerfamilie, den Einstieg des Investors. Gemeinsam mit H.I.G. lege man die Basis für nachhaltiges Wachstum und Erfolg.
240 Jobs in Nürtingen auf der Kippe
Statt aufs Projektgeschäft – dazu zählen etwa Spezialmaschinen für Zylinderköpfe und -blöcke – legt Heller künftig verstärkt den Fokus auf Universalmaschinen. Ein Prozess, der schon vor vielen Monaten angestoßen wurde. Am Stammsitz Nürtingen, wo der Maschinenbauer rund 1500 der weltweit 2600 Mitarbeiter beschäftigt, laufen Gespräche über einen Jobabbau. Etwa 240 Arbeitsplätze stehen auf der Kippe. Schmidt begründete das mit dem Umbau des Unternehmens. „Die alten Strukturen waren sehr zentralisiert, was fürs Projektgeschäft wichtig ist.“ Heller müsse sich lokaler ausrichten und zentrale Strukturen abbauen.
H.I.G Capital ist eine weltweit tätige Investmentgesellschaft, verwaltet ein Kapital von 67 Milliarden Dollar (knapp 65 Milliarden Euro) und hat seit ihrer Gründung 1993 in mehr als 400 Unternehmen investiert. Aktuell im Portfolio sind mehr als 100 Unternehmen mit einem Gesamtumsatz von umgerechnet mehr als 51 Milliarden Euro.
Der Fokus liegt auf Mittelständlern, denen sowohl Fremd- als auch Eigenkapital zur Verfügung gestellt wird. Neben dem Stammsitz Miami gibt es Büros in den USA sowie Niederlassungen in Hamburg, London, Luxemburg, Madrid, Mailand, Paris, Bogotá, Rio de Janeiro, São Paulo und Dubai.