Musterung wieder eingeführt

Fragen und Antworten zum neuen Wehrdienst

In Deutschland müssen junge Männer wieder zur Musterung. Die Bundesregierung will die Wehrpflicht wieder einführen? Wann geht es los? Wer muss zur Bundeswehr? Fragen und Antworten:

Deutschland braucht mehr Soladten – zumindest sieht das die Ampel-Regierung so.

© dpa/Klaus-Dietmar Gabbert

Deutschland braucht mehr Soladten – zumindest sieht das die Ampel-Regierung so.

Von Michael Bosch

Deutschland kehrt zurück zur Wehrpflicht. Die Bundesregierung billigte am Mittwoch in Berlin entsprechende Gesetzespläne von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). Wer muss jetzt zur Bundeswehr? Und gibt es Alternativen?

Für wen gilt die Wehrpflicht?

Dem Gesetzentwurf zufolge sollen künftig alle jungen Männer, die ihren 18. Geburtstag feiern, einen digitalen Fragebogen erhalten. Darin werden sie unter anderem danach gefragt, ob sie bereit sind, Soldat zu werden. Wer das mit Ja beantwortet, wird zur Musterung eingeladen – davon allerdings auch nur ein Teil. Der Online-Fragebogen ist verpflichtend, für Frauen ist die Auskunft freiwillig. Wer sich weigert, dem droht ein Bußgeld wegen einer Ordnungswidrigkeit.

Zur Musterung werden diejenigen eingeladen, die aufgrund der Selbstauskünfte als geeignet erscheinen. Der Aufwand, um den Fragebogen zu beantworten, sei überschaubar, heißt es aus dem Ministerium. Dort rechnet man mit 15 Minuten.

Wie lange geht der Wehrdienst?

Die neuen Rekruten, können – wenn sie wollen – sechs Monate „Basisausbildung“ bei den Streitkräften machen. Sie können dann freiwillig auf bis zu 23 Monate verlängern.

Neuer Wehrdienst: Wie viele Personen sollen gemustert werden?

Insgesamt sollen so rund 5.000 junge Männer anfangs pro Jahr zusätzlich zu den aktuell rund 10.000 freiwillig Wehrdienstleistenden pro Jahr eingezogen werden.

Kann man den Kriegsdienst verweigern?

Im „alten Wehrdienst“ hatten junge Männer, das Recht darauf, den Dienst an der Waffe zu verweigern. Das gilt auch weiterhin.

Wehrdienst: Warum nicht auch für Frauen?

Das Grundgesetz beschränkt die Wehrpflicht in Artikel 12a ausdrücklich auf Männer. Diese Ungleichbehandlung erscheint manchen heute nicht mehr zeitgemäß. Doch für eine Angleichung müsste das Grundgesetz geändert werden - ein langwieriger Prozess. Pistorius wollte dieses heiße Eisen in dieser Legislaturperiode nicht mehr anpacken. Eine allgemeine Dienstpflicht unabhängig von der Wehrpflicht würde indes gegen das Zwangsarbeitsverbot der UN-Menschenrechtskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention (ERMK) verstoßen.

Wann geht es mit dem neuen Wehrdienst los?

Das hängt davon ab, wie schnell Bundestag und Bundesrat das Gesetz jetzt verabschieden. Läuft dort alles nach Plan, könnte der neue Wehrdienst voraussichtlich schon im Frühjahr nächsten Jahres beginnen. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass nur diejenigen eine Bereitschaftserklärung abgeben müssen, die nach dem 31. Dezember 2006 geboren sind.

Was verdient man im Wehrdienst?

Die bisher schon freiwillig Wehrdienstleistenden erhalten nach Bundeswehr-Angaben gut 1800 Euro brutto, wenn sie ledig sind. Wer schon Kinder hat oder es bis zum Ober- oder Hauptgefreiten geschafft hat, bekommt ein paar hundert Euro mehr.

Warum braucht die Bundeswehr neue Soldaten?

Bis 2011 mussten Jahr für Jahr zehntausende junge Männer „zum Bund“. Seit mehr als einem Jahrzehnt ist die Wehrpflicht ausgesetzt. Doch angesichts einer deutlich verschärften Bedrohungslage seit dem Krieg in der Ukraine und Rekrutierungsproblemen bei der Bundeswehr trieb Pistorius Pläne für einen neuen Wehrdienst voran.

Die Stärke der Truppe liegt seit Jahren unter dem Soll von 203.300 Soldatinnen und Soldaten in Friedenszeiten. Derzeit sind es rund 181.000. Das Verteidigungsministerium verweist darauf, dass zur Bündnisverteidigung innerhalb der Nato zwischen 370.000 und 460.000 Soldatinnen und Soldaten notwendig wären.

Durch mehr als ein Jahrzehnt ohne Wehrdienst fehlen aber nun nicht nur ausreichend Reservisten, sondern auch verlässliche Personaldaten, um diese Zahl im Fall der Fälle schnell zu erreichen. Dies soll der neue Wehrdienst ändern. Wie die Resonanz auf die „freiwillige Wehrpflicht“ sein wird, ist noch völlig offen.

Mit Material von epd und AFP.

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Erstellt:
6. November 2024, 15:54 Uhr

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