Was geschah am . . . 25. April 1953?
Francis Crick und James Watson veröffentlichen ihre Studie zur DNA-Doppelhelix
25. April 1953 - Sternstunde der Wissenschaft: Die beiden Molekularbiologen und Biochemiker Francis Crick und James Watson veröffentlichen im Fachjournal „Nature“ ihren berühmten zweiseitigen Artikel über ihre Entdeckung der Doppelhelixstruktur der Erbsubstanz DNA.

© Imago/Westend61
Der Physiker und Molekularbiologe Crick und der Molekularbiologe Watson finden heraus, dass die Struktur der DNA einer Wendeltreppe oder spiralförmig gedrehten Strickleiter ähnelt, deren Sprossen jeweils aus zwei Bausteinen bestehen.
Von Markus Brauer/dpa
Kriminelle fassen oder dem eigenen Stammbaum nachspüren: Heute ist Genom-basierte Forschung längst Alltag. Doch erst seit 72 Jahren wissen wir: Das, was Menschen, Tiere und Pflanzen biologisch ausmacht, gleicht einer winzigen, elegant in sich gedrehten Strickleiter aus dem Erbmaterial DNA.
Baupläne aller Lebewesen
Die Genforschung, eine der faszinierendsten Wissenschaften des 20. Jahrhunderts und der zukunftsträchtigsten. Der 28. Februar 1953 ist eine Sternstunde der Wissenschaft: Es gelingt zwei jungen Forschern, dem Amerikaner James D. Watson (* 1928) und dem Briten Francis Crick (1916-2004) die Struktur des Erbgutes lebender Zellen zu bestimmen. Der Stoff, der seit Milliarden von Jahren die Baupläne aller Lebewesen von einer Generation zur nächsten weiterträgt, heißt DNA oder Desoxyribonukleinsäure.
Der Physiker und Molekularbiologe Crick und der Molekularbiologe Watson finden heraus, dass die Struktur der DNA einer Wendeltreppe oder spiralförmig gedrehten Strickleiter ähnelt, deren Sprossen jeweils aus zwei Bausteinen bestehen.
Das Forscherduo rekonstruiert die Doppelhelix der DNS, die sich aus zwei Molekülketten ergibt, in einem dreidimensionalen Modell. Und das, ohne viel Fachwissen in Chemie. Vorangegangen sind dem zwei Jahre Knobelarbeit, für die sie Laborwerte und Röntgenbilder von Kollegen nutzen.
„Lies das genau, damit Du es verstehst“
Damals schreibt Cricks seinem Grippe-kranken Sohn Michael einen Brief, in dem er von einer „aufregenden Entdeckung“ berichtet und kritzelig die DNA-Struktur aufmalt: Fäden aus Phosphor und Zucker, zwischen denen sich die Basen Adenin (A) und Thymin (T) sowie Guanin (G) und Cytosin (C) jeweils paarweise zusammenfügen wie Treppenstufen. „Lies das genau, damit Du es verstehst“, fordert er den Zwölfjährigen auf.
Einen Monat später, am 25. April 1953, veröffentlichen die Forscher ihren Fund auf nur zwei knappen Seiten „A Structure for Deoxyribose Nucleic Acid“ im Fachmagazin „Nature“ mit den Worten: „Diese Struktur hat neue Eigenschaften, die von beträchtlichem biologischen Interesse sind.“ Eine absolute Untertreibung: Ihre Entdeckung gilt heute als eine der bedeutendsten in der Geschichte der Wissenschaft.
Molecular structure of nucleic acids: a structure of deoxyribose nucleic acid Nature 171, April 25,1953; 737:738 Francis Crick and James Watson A special day for us as a genome-scientist pic.twitter.com/R5P40kzHfR — Felipe Guillen, M.D (@pipeguillenMD) April 25, 2020
1962: Watson, Crick und Wilkins erhalten den Nobelpreis
Doch statt selbst zu experimentieren, fügten die beiden die vorhandene Forschungsergebnisse anderer Wissenschaftler geschickt zusammen. „Wir hatten einfach Glück mit der DNA“, sagte Crick einmal. „Wie Amerika wartete sie nur darauf, entdeckt zu werden.“
Ihre Entdeckung fußt vor allem auf der Vorarbeit der Forscher Maurice Wilkins und Rosalind Franklin am King‘s College in London, deren Röntgenbilder zeigen, dass die Struktur der DNA zweier umeinander gewundener Ketten ähnelt. Daher erhalten 1962 Watson, Crick und Wilkins gemeinsam den Nobelpreis für Medizin. Franklin war vier Jahre zuvor an Eierstockkrebs gestorben.
Watson verhökert 2014 seine Nobelpreismedaille
Der heute 97-jährige Watson hat diese besondere Auszeichnung 2014 versteigert – aus Geldmangel. Schon Jahre zuvor hat er sich, nach lauter Kritik an seinen abschätzigen Bemerkungen über Farbige, aus seinem Labor und der Öffentlichkeit zurückgezogen.
Dann erlöst er aus der Auktion 4,1 Millionen Dollar und bekommt die Medaille vom Ersteigerer, einem extrem reichen Russen, umgehend zurückgeschenkt. Dieser möchte damit die Anstöße würdigen, die die Entdeckung der Doppelhelix der Krebsforschung gegeben hat.
Meilenstein in der Geschichte der Biologie
Das „Watson-Crick-Modell“ gilt als Meilenstein in der Biologie. Es ebnet den Weg für zahlreiche neue Ergebnisse in der Genetik und Biochemie. Es führt zu der entscheidenden Erkenntnis, wie Gene dupliziert werden. Watson selbst hilft später dabei, den genetischen Code zu entschlüsseln, eine Entdeckung, die allerdings vor allem seinem Landsmann Marshall W. Nirenberg zugeschrieben wird, der 1968 den Nobelpreis für Medizin erhält.
Der genetische Code ist die „Sprache“, welche die Umsetzung der Informationen auf den Genen in Eiweißverbindungen ermöglicht. Einige dieser Proteine dienen als Bausteine des Körpers, andere, vor allem Enzyme und Hormone, regulieren Reaktionen des Körpers.
In der Tat sind Genforschung und mittlerweile sogar Gentherapie erst dadurch möglich geworden, dass der Aufbau des Erbgutträgers DNA (Desoxyribonukleinsäure) verstanden ist. Bestimmte Abschnitte dieser langen Reihe von Basenpaaren, die Gene, enthalten die Informationen für konkrete Merkmale. Und Mutationen in diesen Genen – etwa Basen, die nach Vervielfältigung der Helix nicht mehr zusammenpassen – können beispielsweise Krebs befördern.
Ist Bewusstsein nur das Verhalten unzähliger Nervenzellen?
Dort wollen Forscher der Universität Harvard ansetzen, als sie am 12. April 1988, in den USA die erste Krebsmaus patentieren lassen. Sie pflanzen den Tieren menschliche Brustkrebsgene ein, um sie als Modelle zur Erforschung von Tumoren oder deren Behandlung zu nutzen.
Der Erfolg bleibt in dem Fall aber gering, denn es gibt nicht nur ein Brustkrebsgen, sondern 20 bis 40, vielleicht sogar 100 verschiedene Brustkrebsarten. Trotzdem öffnet die Krebsmaus die Tür für Hunderte ähnliche Patentanmeldungen.
Crick promoviert erst 1954, ein Jahr nach der Entdeckung der Erbgutstruktur, über eine Methode zur Strukturanalyse von Eiweißen. Ab Ende der 1970er Jahre konzentriert sich der Nobelpreisträger am Salk Institute in den USA auf das menschliche Bewusstsein.
„Freude und Trauer, Erinnerungen und Wünsche, Bewusstsein der eigenen Identität und freier Wille sind im Grunde nichts anderes als das Verhalten unzähliger Nervenzellen und der mit ihnen verbundenen Moleküle“, schreibt er. Am 28. Juli 2004 stirbt Francis Crick im Alter von 88 Jahren in Kalifornien.
Angewandte Gen-Therapien
CRISPR, eine preisgünstige und zielgenaue Technik zur Genveränderung, sorgt indes seit Jahren für einen weiteren Schub: 2017 gibt es gleich mehrere Durchbrüche in Sachen Gentherapie. In den USA wird die zwölfjährige Emily Whitehead, deren CAR-T-Immunzellen außerhalb des Körpers mit der Genschere CRISPR behandelt worden sind, von einer besonderen Leukämieform geheilt.
Die Therapie ist mittlerweile in den USA wie in der EU für schwere Fälle von Akuter Lymphatischer Leukämie zugelassen. Auch für B-Zell-Lymphome und eine bestimmte Form von ererbter Blindheit gibt es bereits Therapien.
Kein festgeschriebenes Buch mit den Buchstaben des Lebens
Der genauere Blick tief hinein ins Erbgut zeigt allerdings auch: Es sind noch viele Fragen offen und die Doppelhelix ist, anders als bei der ersten Entzifferung des menschlichen Erbgutes noch bejubelt, kein festgeschriebenes Buch mit den Buchstaben des Lebens.
Dafür herrscht im Genom zu viel Vielfalt und Veränderung. Bei jeder Zellteilung kommt es zu Mutationen – meist nur minimal und ohne Auswirkung. Das menschliche Erbgut ist eben stets im Wandel.
Die Früchte von Watsons, Cricks und Nirenbergs Arbeiten und der vieler anderer seit der Geburtsstunde der Genforschung haben mehrere Disziplinen revolutioniert. Am stärksten betroffen sind Medizin, Landwirtschaft und Umweltschutz. Mit den Möglichkeiten der Gentechnik wuchs allerdings auch das Heer von Kritikern, die schon eine eigene Disziplin aus der Taufe hoben, die Bioethik.
Info: Genetik – wichtige Begriffe erklärt
Zellen
Sie sind die kleinste biologische Einheit jedes Organismus. Der Mensch besteht aus Billionen von Zellen. Erst durch ihr perfektes Zusammenspiel entsteht Leben. Damit die Zellen wissen, wie sie aussehen und funktionieren sollen, enthalten sie in verschlüsselter Form Informationen, die sich in ihrem Zellkern befinden. Dieses Datenmaterial, das für ein bestimmtes Merkmal des Organismus verantwortlich ist, nennt man Gen.
Zelltypen
Die Billionen von Zellen entwickeln sich zu mehr als 250 verschiedenen Zelltypen, von denen jede darauf spezialisiert ist, eine bestimmte Funktion zu erfüllen oder ein spezialisiertes Gewebe zu bilden. Zu den wichtigsten Zelltypen im Körper gehören zum Beispiel: Stammzellen, rote Blutzellen (Erythrozyten), weiße Blutzellen (Leukozyten), Blutplättchen (Thrombozyten), Nervenzellen (Neurone), Muskelzellen (Myozyten) und Knorpelzellen (Chondrozyten).
Genom
Alle Zellen des menschlichen Körpers – zusammengenommen sind das rund 28 Billionen – besitzen die gleiche genetische Information – das Genom, die Gesamtheit aller Gene. Dieses Erbgut des Menschen besteht aus mehr als 22.000 Genen und enthält sämtliche Erbinformationen. Es ist erste Code des Lebens. Die DNA ist die Trägerin der Erbinformationen. Warum beispielsweise ein Individuum schwarze und keine blonden Haare hat, wieso seine Augen grau und nicht braun sind oder weshalb sein Intelligenzquotient höher ist als der anderer.
DNA Dieses Kürzel steht für Desoxyribonukleinsäure (DNS, englisch: deoxyribonucleic acid). DNA ist ein Makromolekül – dass heißt ein großes Molekül –, das im Kern fast jeder Zelle eines Lebewesens zu finden ist. In der DNA sind die Informationen zur Entwicklung und Funktion des Lebewesens gespeichert. Jeder Abschnitt der DNA, der für ein bestimmtes Protein kodiert (verschlüsselt), wird als Gen bezeichnet.
DNA-Bausteine
Die DNA ist spiralförmig wie eine Strickleiter aufgebaut und besteht aus einer schier endlosen Abfolge von vier verschiedenen chemischen Grundbausteinen. Sie sind die Buchstaben des genetischen Textes und bilden einen Code, den die Zellen wie Baupläne lesen und in die zahlreichen Eiweißmoleküle übersetzen, aus denen sich ein Lebewesen zusammensetzt. Die vier DNA-Bausteine sind der Zucker Desoxyribose, verbunden im Wechsel mit Phosphat. Die Sprossen dieser Leiter werden von vier organischen Basen gebildet: Adenin (A) und Thymin (T), Cytosin (C) und Guanin (G). A bindet sich mit T, C bindet sich mit G. Eine andere Kombination ist nicht möglich.
Gen-Code
Der Gen-Code – also die Erbinformationen im Zellkern – ist auf den Chromosomen gespeichert. Die in den Chromosomen gespeicherte Information kann mit einer Gebrauchsanweisung für alle Zellen des Körpers verglichen werden. Jede Zelle enthält dieselben Chromosomen und damit denselben Satz von Genen. Jede menschliche Zelle besteht aus 46 solcher Chromosomen: 23 väterliche und 23 mütterliche Erbgutabschnitte, die in der befruchteten Eizelle zusammenfinden.
Doppelhelix
Die DNA-Strickleiter wiederum ist zweifach um die eigene Achse schraubenförmig gedreht – die Helix. Ihr Durchmesser beträgt zwei Nanometer – zwei Billionstel Meter. Die Einzelstränge bilden die sogenannte Doppelhelix.
Chromosomen
Man muss sich Chromosomen als lange, fadenförmige Gebilde vorstellen, die aus DNA (Desoxyribonukleinsäure; englisch: DNA - „Deoxyribonucleic acid“) und Proteinen (Eiweißmolekülen) bestehen. Die DNA trägt die Erbinformation bei allen Lebewesen und den DNA-Viren.
RNA
Ribonukleinsäure (RNA) – hat wie DNA eine wichtige, aber andere Funktion in der Genetik: Beides sind Nukleinsäuren. Während die DNA den genetischen Code des Erbguts und somit den Bauplan des Lebens speichert, hat die RNA eine zentrale Rolle bei der Proteinbiosynthese sowie wichtige regulatorische Funktionen.
Nukleinsäuren
Nukleinsäuren sind aus einzelnen Bausteinen – den sogenannten Nukleotiden – aufgebaute Makromoleküle, die bei allen Organismen (Viren und Zell-Organismen) die genetische Informationen enthalten.
Epigenom
Diese ungeheure zelluläre Vielfalt beruht auf Mechanismen, die in den verschiedenen Zelltypen bestimmte Gene ausprägen und andere deaktivieren. Dabei werden Gene und die sie einhüllenden Proteine chemisch modifiziert (umgestaltet). Die genetische Information – der genetische Code – wird allerdings nicht verändert. All diese Modifizierungen bilden zusammen das sogenannte Epigenom (von griechisch „epi“ – darüber). Das Epigenom ist der zweite Code des Lebens, der quasi wie eine Hülle über unserem Erbgut liegt.
Epigenetik
Dieser Code kann den Genen eine Art Gedächtnis verleihen, das ihre Aktivität langfristig beeinflusst und vererbt werden kann. Vor allem äußere Einflüsse wie Ernährung, Stress oder Umweltgifte prägen die epigenetische Programmierung unserer Zellen. Die Wissenschaft, die sich mit den Epigenomen beschäftigt, heißt Epigenetik, ein noch relativ junges Teilgebiet der Biologie. Begründet hat sie der britische Entwicklungsbiologe und Genetiker Conrad Hal Waddington (1905-1975), der den Begriff Epigenetik im Jahr 1942 erstmals verwendete.
Umwelt und Gene
Der Begriff Epigenetik setzt sich zusammen aus den Wörtern Genetik (griechisch: „génesis“, Abstammung, Ursprung) und Epigenese (griechisch: „epigenesis“, nachträgliche Entstehung). Die Epigenetik fügt zwei fundamentale Bereiche zu einer Einheit zusammen: zum einen Umweltfaktoren, zum anderen Gene und angeborene Merkmale. Die Medizin spricht von sogenannten konnatalen Merkmalen, die im Mutterleib oder während der Geburt erworben werden. Äußere Einflüsse können sie regulieren, so dass ein Gen unter ganz bestimmten Umständen aktiviert oder deaktiviert wird.