Neues Kabinett
Frei, Dobrindt, Reiche: Diese Minister sollen für CDU und CSU regieren
Am Montag haben CDU und CSU verkündet, wer künftig für sie im Kabinett sitzen soll. Ein Überblick über die neuen Ministerinnen und Minister.

© Carsten Koall/dpa
Thorsten Frei steht Friedrich Merz künftig als Chef des Bundeskanzleramts zur Seite.
Von Tobias Heimbach, Tobias Peter, Norbert Wallet und Rebekka Wiese
Erst das Unangenehme, dann das Schöne. Auf dem Kleinen Parteitag der CDU in Berlin hat Parteichef Friedrich Merz zunächst die Lockerung der Schuldenbremse gerechtfertigt – und dann über das eigentliche Thema des Tages gesprochen: die Auswahl der Ministerinnen und Minister in der geplanten schwarz-roten Bundesregierung. CDU und CSU besetzen zehn Ministerposten im Kabinett, vier davon mit Frauen, sechs mit Männern. Merz hob besonders hervor, dass es gelungen sei, Persönlichkeiten aus der Wirtschaft zu gewinnen. Auch sonst gibt es einige Überraschungen.
CDU/CSU-Fraktionschef: Jens Spahn
Dass Jens Spahn eine wichtige Rolle spielen würde, war klar. Ob Friedrich Merz ihm – gemeinsam mit CSU-Chef Markus Söder – den Posten als Fraktionschef anvertrauen würde, hatten aber einige bezweifelt. Jetzt hat der ehrgeizige 44-Jährige eine eigene Machtbasis. Spahn hat im Kampf um den CDU-Vorsitz einmal gegen Merz kandidiert, einmal unterstützte er Armin Laschet. Trotzdem gelang es ihm, sich in den engen Kreis um Merz vorzuarbeiten. Als Fraktionsvize für Wirtschaft machte er einen öffentlichkeitswirksamen Job – und was in seiner Zeit als Gesundheitsminister während der Corona-Pandemie alles schiefgelaufen ist, geriet etwas in Vergessenheit. Mit seiner Aussage, man solle im Bundestag bei Verfahren und Abläufen mit der AfD umgehen wie mit anderen Oppositionsparteien, verstörte er allerdings manche in der Union.
Kanzleramt: Thorsten Frei
Einen engeren Vertrauten von Merz gibt es kaum. Der 52-jährige Frei hat für den künftigen Kanzler in der vergangenen Legislaturperiode als Erster Parlamentarischer Geschäftsführer die Fraktionsarbeit höchst effizient organisiert. Jetzt soll er als Kanzleramtsminister dasselbe mit der Regierungsarbeit tun. Er hätte sicher auch einen stärker öffentlichen Job wie den des Fraktionschefs genommen. Aber Merz hält den akribischen Juristen offensichtlich im Kanzleramt für nicht verzichtbar. Eines von Freis Talenten: Er kann auch sehr harte Standpunkte sehr freundlich vermitteln. Der Vater dreier Kinder hat – anders als sein künftiger Chef – administrative Erfahrung: als Oberbürgermeister von Donaueschingen.
Außen: Johann Wadephul
Dass Johannes Wadephul Außenminister werden soll, war schon länger klar. Er wird damit der erste CDU-Mann in dem Amt seit fast 60 Jahren. Wadephul, Jahrgang 1963, ist promovierter Volljurist und außerdem Oberstleutnant der Reserve. Er kommt aus Schleswig-Holstein. Im Bundestag sitzt er seit 2009 – meist mit Direktmandat, das er nur 2021 einmal verlor. Wadephul gilt als nüchterner sowie versierter Fachpolitiker, der sich schon lange mit Außen- und Sicherheitspolitik beschäftigt. Seit 2017 ist er als Vize der Unionsfraktion für den Bereich Auswärtiges und Verteidigung zuständig. Wadephul ist Transatlantiker, er steht für eine klare Haltung gegenüber Russland. Hier dürfte er die Linie seiner Vorgängerin Annalena Baerbock (Grüne) fortsetzen – ihre feministische Außenpolitik eher nicht.
Wirtschaft: Katherina Reiche
Die Aufgabe ist groß, daran ließ der künftige Kanzler Friedrich Merz keinen Zweifel, als er am Montag sagte: „Unsere Wirtschaft schwächelt und fällt im internationalen Vergleich immer weiter zurück.“ Ändern soll das Katherina Reiche als Wirtschaftsministerin. Leicht wird das nicht angesichts der Turbulenzen der Weltwirtschaft und der Konjunkturschwäche in Deutschland. Die wichtigste Zuständigkeit ist die über die Energiepolitik. Union und SPD haben sich vorgenommen, dass die Preise für Industrie und Verbraucher sinken sollen. Reiche, Jahrgang 1973, war Bundestagsabgeordnete, Parlamentarische Staatssekretärin im Verkehrsministerium und zuletzt Vorstandsvorsitzende eines Energieunternehmens. Sie erfüllt gleich zwei Quoten: Sie ist eine von vier Frauen und die einzige Ostdeutsche, die die CDU ins Kabinett entsendet.
Innen: Alexander Dobrindt
Es gibt nicht viele CSU-Politiker, die auch in anderen Fraktionen so angesehen sind, wie es derzeit beim Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der Fall ist. Und das, obwohl ihm lange die gescheiterte Maut nachhing – die hatte er in seinen Jahren als Verkehrsminister (2013 bis 2017) trotz aller Bedenken einführen wollen. Das Projekt scheiterte, 243 Millionen Euro Schadenersatz musste der Bund dafür zahlen. Doch inzwischen ist der 54-Jährige wieder hoch angesehen. Bei den Koalitionsverhandlungen soll Dobrindt eine wichtige Rolle gespielt haben, sie sogar in einem kritischen Moment gerettet haben. Mit dem Innenministerium führt Dobrindt eines der wichtigsten Ressorts der kommenden Legislatur. Die von Merz versprochene Migrationswende liegt nun in seiner Hand.
Verkehr: Patrick Schnieder
Auch dieser Name ist eine Überraschung. Patrick Schnieder, Jahrgang 1968, soll das Verkehrsministerium leiten. Er war Generalsekretär der CDU in Rheinland-Pfalz und sitzt seit 2009 im Bundestag. Dort war er zuletzt Parlamentarischer Geschäftsführer. Schnieder war bis 2021 Mitglied des Verkehrsausschusses. Unter anderen Verkehrspolitikern gilt er allerdings als nicht besonders profiliert.
Landwirtschaft: Alois Rainer
Lange hieß es, dass der bayerische Bauernverbandspräsident und damit ein Landwirt das Agrarministerium übernehmen würde. Stattdessen macht es nun ein Fleischer: Alois Rainer, 60 Jahre alt, wuchs auf einem Bauernhof auf, zu dem auch ein Gasthof mit Metzgerei gehörte. Den übernahm der Metzgermeister später von seinen Eltern. Schon Rainers Vater war für die CSU im Bundestag, zeitweise auch seine Schwester. Alois Rainer selbst sitzt seit 2013 im Parlament, dort kennt man ihn vor allem als Finanzpolitiker.
Familie- und Bildung: Karin Prien
Das Ministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend ist wie für Karin Prien gemacht. Merz hat es direkt auf sie zugeschnitten. Prien ist bislang Bildungsministerin in Schleswig-Holstein – und hat auch während ihrer Zeit als Präsidentin der Kultusministerkonferenz eine gute Figur gemacht. Für die 59-Jährige war das Thema Bildung aber immer eines, das schon die Phase vor der Schule einbeziehen muss. Sie ist eine wichtige Vertreterin des liberalen Flügels in der CDU. Prien ist jüdischer Herkunft.
Gesundheit: Nina Warken
Mit Nina Warken als Gesundheitsministerin hatte wohl kaum jemand gerechnet. Nicht, weil sie in ihrer Partei als nicht ministrabel gilt. Als Generalsekretärin der Südwest-CDU ist sie ein Machtzentrum im Landesverband, der bei der Bundestagswahl am stärksten abgeschnitten hat. Ihren Wahlkreis Odenwald-Tauber hat sie mit dem Südwest-Rekordergebnis von 42,85 Prozent geholt. Aber die Volljuristin war nie mit Gesundheitspolitik beschäftigt. Die Innenpolitikerin verhandelte in den Koalitionsgesprächen über Innere Sicherheit und Migration.
Digitales und Staatsmodernisierung: Karsten Wildberger
Er ist die wohl größte Überraschung im künftigen Bundeskabinett: Karsten Wildberger soll das neue Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung führen. Wildberger ist kein Karrierepolitiker und auch kein CDU-Mitglied – er ist Manager. Er wurde 1969 in Gießen geboren und studierte Physik, bevor er als Unternehmensberater arbeitete. Zuletzt war er Geschäftsführer des Einzelhandelskonzerns, zu dem die Elektromarktketten „Media Markt“ und „Saturn“ gehören. Wildberger hat die anspruchsvolle Aufgabe, erst einmal ein neues Ministerium aufzubauen und die zersplitterten Zuständigkeiten in der Digitalpolitik zu bündeln.
Forschung: Dorothee Bär
Im Kabinett zählt Dorothee „Doro“ Bär mit ihren 47 Jahren zu den Jüngeren, im Bundestag sitzt sie aber länger als die meisten – seit 2002, fast ihr halbes Leben. Aus der Bundestagswahl ging sie als Erststimmenkönigin hervor, mit 50,5 Prozent in ihrem Wahlkreis Bad Kissingen. Bär war zuletzt Unionsfraktionsvize und gilt als schlagfertige sowie scharfzüngige Politikerin. Von 2018 bis 2021 war sie Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin sowie Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung. Nun übernimmt sie das leicht zusammengestutzte Forschungsressort.