Für einen guten, geschützten Start
Einweihung des Gebäudeensembles der therapeutischen Wohngemeinschaft in Murrhardt: Die Erlacher Höhe hat den Altbau und die ehemalige Soehnle-Villa umfangreich saniert und um einen barrierefreien Neubau ergänzt. Das Wohnprojekt umfasst Plätze für 25 Menschen.
Von Christine Schick
Murrhardt. „Was lange währt, wird endlich gut“, sagte Wolfgang Sartorius, geschäftsführender Vorstand der Erlacher Höhe, anlässlich der beachtlichen Zeitspanne des Modernisierungsprojekts, dessen Pläne 2015/16 erarbeitet und 2017 genehmigt wurden. Zur Einweihung des sanierten Ensembles inklusive seines roten, modernen Neubaus an der Fornsbacher Straße in Murrhardt waren Beteiligte des Projekts, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Erlacher Höhe, einige Bewohner und weitere Gäste gekommen. „Ursprünglich sind wir von einer wesentlich kürzeren Bauzeit ausgegangen“, erläuterte Sartorius. Doch das Vorhaben sei mit Corona in eine krisenhafte Zeit geraten, und infolgedessen sei es nicht leicht gewesen, die Aufträge so wie geplant zu vergeben. Mit dem Ergebnis, einem schmucken Ensemble, das Neu und Alt vereint, zeigte sich der Leiter der Erlacher Höhe aber hochzufrieden. Es bietet 25 Menschen in schwierigen Lebenslagen, die zuvor in anderen Einrichtungen eine entsprechende Behandlung abgeschlossen haben, eine neue Heimat und ein Sprungbrett in ein selbstständiges Leben. Investiert in die Sanierung der Häuser sowie den Neubau wurden nach aktuellem Stand 2,26 Millionen Euro, wobei die Erlacher Höhe Zuschüsse von verschiedener Seite erhalten hat (siehe Infotext). Sartorius wünschte allen (künftigen) Bewohnern Glück und Erfolg auf ihrem Weg: „Füllen Sie die Häuser mit Leben, machen Sie das Bestmögliche daraus.“
Bürgermeister Armin Mößner stellte fest, dass sich das Ensemble mit Neubau und sanierter Soehnle-Villa nun zum echten Hingucker an der Fornsbacher Straße entwickelt habe. Zudem habe sich auch in der Umgebung mit dem Neubau des Erich-Schumm-Stifts und dem frisch sanierten Polizeiposten einiges getan. Nun hoffe er, dass auch das historische, denkmalgeschützte Gartenhäuschen aus dem Jahr 1888/89, das zum Areal gehört, für den Bau versetzt wurde und noch seinen festen Platz finden muss, eingebunden werden kann. „Es freut mich, dass jetzt 25 Plätze für Menschen bereitstehen, die nicht immer auf der Sonnenseite des Lebens gestanden sind“, sagte Mößner. Solch ein zentrumsnaher Standort sei wichtig und gut, damit die Menschen der therapeutischen Wohngemeinschaft in der Mitte der Gesellschaft leben könnten, um so ihre neue Chance zu nutzen und in der Lage zu sein, wieder den Weg in ein selbstständiges Leben zu finden.
Christian Gerle, Leiter Investive Förderung Wohnungslosenhilfe beim Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg, unterstrich, dass die Erlacher Höhe Betroffenen ein umfangreiches und im Sinne des Murrhardter Standorts dezentrales Angebot mache. Die therapeutische Wohngemeinschaft sei ein verlässlicher Rahmen für die weiteren, nächsten Schritte. Nicht zuletzt sei dieses stabilisierende und nachsorgende Angebot sehr wichtig, da der Zugang zu Fachkliniken schwieriger geworden sei. Nach dem komplexen Planungsprozess zeigte sich Gerle angetan vom Ensemble mit architektonischem Kleinod.
Klaus Engler, Leiter der Abteilung Sozialtherapeutische Hilfen der Erlacher Höhe, rief in Erinnerung, dass das Vorhaben viel Zeit, Geld und Arbeit bedeutet habe, aber alles gut Hand in Hand gegangen sei und man nun im übertragenen Sinne wieder die Hände ausstrecken könne, um zu helfen. „Wir versuchen, das zu würdigen, was Sie uns zur Verfügung gestellt haben“, sagte er und nahm die Gäste auf einen Rundgang übers Areal und durch die sanierte Villa mit. Dort ließ sich ein Blick in eine Wohngemeinschaft mit Gemeinschaftsraum, Einzelzimmern, Küche und Esszimmer werfen. Zurzeit sind 19 der 25 Plätze belegt. Dass im Moment nur Männer dort leben, hat auch damit zu tun, dass Frauen während der Coronapandemie im Hilfesystem für Wohnungslose so gut wie verschwunden waren, erläutert Engler. Plätze könnten aber je nach Bedarf auch wieder an Frauen vergeben werden, mit einem entsprechend abgetrennten geschützten Bereich.
Wolfgang Sartorius merkte an, dass aufgrund des Arbeitsmarkts die Chancen auch für Bewohner, beruflich wieder Fuß zu fassen, gestiegen seien. Gleichzeitig berge ein zu schneller Einstieg eine gewisse Gefahr, sich zu viel zuzumuten. Ein großes Problem sei immer noch der Wohnungsmarkt und man sei dankbar für das Engagement der Kreisbaugruppe.
Finanzierung Die Kosten für den Neubau und die Modernisierung der therapeutischen Wohngemeinschaft in Murrhardt liegen im Moment bei rund 2,26 Millionen Euro und summieren sich voraussichtlich auf 2,5 Millionen Euro. Das Land (661600 Euro) sowie der Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (165400 Euro) haben genauso unterstützt wie Aktion Mensch (92590 Euro) und die Diakonie (Zuschuss 34160 Euro, Darlehen 136640 Euro). Die Erlacher Höhe hat rund eine halbe Million Euro an Eigenmitteln in das Projekt investiert und 661810 Euro auf dem Kapitalmarkt aufgenommen.
Wohngemeinschaft Die therapeutische Wohngemeinschaft ist eine teilstationäre Einrichtung für Männer ohne eigene Wohnung nach einer abgeschlossenen Suchtbehandlung. Sie finden dort ein suchtmittelfreies Wohnumfeld, regelmäßige Einzelgespräche und Unterstützung bei der Stabilisierung der begonnen Abstinenz, erläutert die Erlacher Höhe zur Einrichtung. Im Mittelpunkt des Beratungsprozesses stehen die individuellen Anliegen und Ziele. Sozialarbeiter und Fachleute beraten und begleiten in allen Lebensbereichen wie Wohnen, Arbeiten, Freizeit und bei der Regulierung von Schulden.