Angst vor dem Tod?
Für Richard Gere ist der Körper ein Hotelzimmer – irgendwann checkt er aus
Viele Menschen haben Angst vor dem Tod – und noch mehr vor dem Sterben. Wie gehen Menschen mit Tod und Sterben um? Was fürchten sie? Was macht ihnen Angst?
Von Markus Brauer
Der Tod ist der definitive Verlust aller Lebensfunktionen, das Sterben der Übergang vom Leben zum Tod, der eingetretene Tod der „Exitus letalis“ (tödliche Ausgang). Kein Wunder, dass so viele Menschen Angst vor dem Sterben und Tod haben. Der italienische Psychoanalytiker Franco de Masi verglich die Todesangst einmal mit der Angst psychotischer Menschen vor dem Verlust ihres inneren Zusammenhalts.
„Mein Körper ist wie ein Hotelzimmer“
Diese Angst scheint Hollywoodstar Richard Gere nicht zu haben. Er habe mit dem Tod seinen Frieden gemacht, sagt der 74-Jährige. Er sei sicher, dass sein Bewusstsein auch nach dem Sterben weiterlebe. Gere wandte sich schon vor vielen Jahren dem Buddhismus zu. Der Schauspieler ("Pretty Woman", "Chicago", "Ein Mann für gewisse Stunden") glaubt eigenen Worten zufolge daran, dass er beim Tod nur seinen Körper verlasse, während sein Bewusstsein weiterlebe.
„Mein Körper ist wie ein Hotelzimmer. Ich habe eingecheckt und eines Tages checke ich wieder aus“, sagte er der Illustrierten „Bunte“. Es sei nötig sich stets vor Augen zu führen, dass alles vergänglich sei. „Es macht keinen Sinn, sich mit beiden Händen am Leben festzuklammern.“ Obwohl er früh verstanden habe, dass er irgendwann sterbe, habe er dieses Wissen noch verinnerlichen müssen, erklärt Gere. "Das erfordert eine tägliche Übung, immer und immer wieder. Man muss sich stets vor Augen halten, dass alles vergänglich ist."
Wer fürchtet sich vor dem Sensenmann?
Der Tod ist in unserer Gesellschaft allgegenwärtig, auch wenn viel Zeit und Mühe darauf verwendet wird, ihn in Hinterzimmern und Abstellkammern zu verbergen, damit möglichst wenige von seinem Schrecken mitbekommen. Und dennoch ist er immer da, vor allem in den Köpfen der Menschen.
Wer fürchtet sich mehr vor dem Sensenmann: Atheisten oder gläubige Menschen? Ganz klar, werden die meisten sagen: Atheisten. Wer weiß, dass nach dem Exitus das ewige Nichts auf einen wartet, zählt irgendwann sorgenvoll die Tage und Stunden bis zu seinem Ableben. Gläubige hingegen wissen, wohin die Reise geht: ins Elysium, in den Himmel, Dschana oder in das Nirwana.
Allgegenwärtige Angst vor dem Tod
Britische Forscher von der Coventry and Oxford University sind dieser Frage einmal nachgegangen. Bei der Auswertung von mehr als 100 Studien mit mehr als 26 000 Teilnehmern ist das Team um den Sozialpsychologen Jonathan Jong zu dem Schluss gekommen, dass wirklich gläubige Menschen weniger Angst vor dem Tod haben. Je gläubiger jemand war, desto weniger fürchteten sie sich vor dem Ende.
Die Analysen hätten eine „schwache negative Korrelation“ zwischen Religiosität und Angst vor dem Tod gezeigt, schreiben die Autoren im Fachmagazin „Religion, Brain & Behavior“. Nur bei einer Gruppe hat demzufolge ein etwas stärkeren Effekt gezeigt, nämlich bei den „intrinsisch Religiösen“.
Der Begriff stammt vom lateinischen „intrinsecus“. Darunter versteht man in der Theologie und Religionspsychologie Menschen, die nach innen gewendet sind und inbrünstig an die Inhalte ihrer Religion glauben – im Unterschied zu den „extrinsisch Religiösen“, die vor allem pragmatisch die sozialen und emotionalen Vorteile der Glaubensgemeinschaft schätzen.
Allgegenwärtiger Tod
Täglich sterben unzählige Menschen: einsam oder begleitet von Familie und Freunden. Beweint oder vergessen, verzweifelt oder friedlich. Für das Sterben gibt es keine Norm. Jeder begegnet dem Tod anders. Jeder geht den letzten Weg auf ganz individuelle Weise.
Der Tod ist in unserer Gesellschaft allgegenwärtig, auch wenn viel Zeit und Mühe darauf verwendet wird, ihn in Hinterzimmern und Abstellkammern zu verbergen, damit möglichst wenige von seinem Schrecken mitbekommen. Und dennoch ist er immer da, vor allem in den Köpfen der Menschen.
Jeder dritte Deutsche denkt mindestens einmal in der Woche an den Tod. Der Gedanke sterben zu müssen, die Angst vor todbringenden Krankheiten, allen voran Krebs, bereitet noch mehr Leuten eine Heidenangst.
Anonymes Sterben
Im Alltag erfährt das Sterben kaum Aufmerksamkeit. Es findet verborgen und abgeschirmt in Altenheimen, Hospizen und Krankenhäusern statt.
Sterben und Tod, sagte Gerd Göckenjan, emeritierter Professor für Gesundheitspolitik an der Universität Kassel, einmal, seien heute mehr denn je „private Ereignisse“, die nach den „Anstandsregeln der Privatheit kommuniziert werden.“