Zurück in die kosmische Morgendämmerung

Geburtsstätte neuer Sterne: Forscher entdecken kolossale Dunkelwolke

Astronomen haben eine gigantische Molekülwolke in nur 300 Lichtjahren Entfernung entdeckt – eine der größten Einzelstrukturen im lokalen Kosmos. Am Himmel erstreckt sich diese Dunkelwolke über mehr als 40 Vollmondbreiten.

Die neu entdeckte „Eos“-Molekülwolke wäre am Himmel riesig, wenn sie mit bloßem Auge sichtbar wäre. Sie leuchtet aber nur im Fern-Ultraviolett.

© © Queen Mary University of London/Ilya Grigorik (London Skyline)/YourCredit (Eos Cloud)

Die neu entdeckte „Eos“-Molekülwolke wäre am Himmel riesig, wenn sie mit bloßem Auge sichtbar wäre. Sie leuchtet aber nur im Fern-Ultraviolett.

Von Markus Brauer

Schon bald nach dem Urknall vor 13,8 Milliarden Jahren begannen sich an vielen Stellen im jungen Universum Gasnebel zu verdichten und zunehmend kompakte Molekülwolken – auch Dunkelwolken genannt – zu bilden. Je enger die Atome darin gepackt waren, desto heißer wurde es – bis schließlich, etwa 100 bis 200 Millionen Jahre später, die ersten Sterne im bis dahin dunklen All zündeten.

Dunkelwolken im Universum

Molekülwolken sind interstellare Gaswolken, deren Größe, Dichte und Temperatur die Bildung von Molekülen erlaubt. Sehr dichte und kalte Molekülwolken sind als Dunkelwolken bekannt, es sind die Geburtsstätten von Sternen. Mehr als die Hälfte der (baryonischen) Masse der Milchstraße steckt in den Molekülwolken.

Molekülwolken sind die Rohstoffreservoire des Kosmos und als Geburtsstätten sowie Kinderstuben wichtige Vorstufen für die Entstehung neuer Sterne und Planeten. Die kalten, dichten Wolken aus Gas und Staub enthalten eine Vielzahl schwererer Elemente und Moleküle.

Die geringen Temperaturen und hohen Dichten in diesen Molekülwolken schaffen zudem die Voraussetzung dafür, dass das Gas lokal kollabiert und dort dann neue Sterne entstehen.

Auch das Sonnensystem entstammt einer Molekülwolke

Dunkle kosmische Molekülwolken bilden sich, wenn solche kalten, interstellaren Wolken immer dichter werden und letztendlich unter ihrer eigenen Schwerkraft kollabieren. Auch das Sonnensystem ist in einer solchen Wolke entstanden.

Chemische Reaktionen zwischen molekularen Gasen und dem eisüberzogenen Staub der Dunkelwolken könnten vor Milliarden von Jahren entscheidende Lebensbausteine für die junge Erde geliefert haben.

Die der Erde am nächsten gelegenen Dunkelwolken waren bisher die Taurus- und Perseus-Molekülwolken. Mit weiteren Dunkelwolken befinden sie sich rund 450 und 600 Lichtjahre entfernt am Rand einer „leeren Blase“ um unser Sonnensystem herum.

„Eos“-Wolke liegt 300 Lichtjahre von der Erde entfernt

Jetzt haben Astronomen eine noch näher liegende Dunkelwolke entdeckt. Sie befindet sich nur 300 Lichtjahre von uns entfernt und hat enorme Ausmaße. „Wenn diese Wolke mit bloßem Auge sichtbar wäre, würde sie am Himmel riesig erscheinen“, sagt Thomas Haworth von der Queen Mary University in London.

Die Studie ist im Fachjournal „Nature Astronomy“ erschienen.

#A massive #MolecularHydrogen cloud, Eos, has been detected just 300 light-years from Earth using far-ultraviolet emission, offering new insights into star formation and the #InterstellarMedium. @RutgersU@NatureAstronomy@arxivhttps://t.co/WxNBiT22aPhttps://t.co/iPx31wnd5h — Phys.org (@physorg_com) April 28, 2025

So lang wie 40 Vollmonde nebeneinander

Die bogenförmige Wolke aus molekularem Wasserstoff und anderen kühlen Gasen wäre am Himmel so lang wie 40 Vollmonde nebeneinander. Die „Eos“ getaufte Molekülwolke ist damit eine der größten Einzelstrukturen am Himmelsfirmament.

Die Astronomen schätzen ihre Masse auf mindestens 4300 Sonnenmassen. Vor allem ist erstaunlich, dass diese der Sonne und Erde am nächsten liegende Dunkelwolke bisher noch entdeckt wurde. „Obwohl wir mit immer sensitiveren Teleskopen ins All hinausschauen, haben wir diese Wolke direkt vor unserer kosmischen Haustür übersehen“, sagt Haworth.

Hat die Wolke bereits neue Sterne hervorgebracht?

Dafür gibt es Grund: Die „Eos“-Dunkelwolke besteht aus kaltem molekularem Wasserstoff und nur wenig Kohlenmonoxid. Dadurch ist sie im sichtbaren Licht und Infrarot so gut wie nicht erkennbar. Sie ist jüngst durch Beobachtungen im fernen Ultraviolett-Bereich von Forschern um Blakesley Burkhart von der Rutgers University die Wolke entdeckt worden.

Noch ist unklar, ob in dieser nahen Dunkelwolke bereits aktiv neue Sterne und Planeten entstehen. Dies wollen die Astronomen durch weitere Beobachtungen mit dem James-Webb-Teleskop herausfinden.

Zurück in die kosmische Morgendämmerung

„Unsere Entdeckung der Eos-Wolke ist spannend, weil wir nun direkt untersuchen können, wie solche Molekülwolken entstehen und sich wieder auflösen“, erläutert Blakesley Burkhart. „Wir können hier beobachten, wie eine Galaxie interstellares Gas und Staub zu Sternen und Planeten macht.“

Bisher waren zwar schon einige Dunkelwolken und Sternentstehungsgebiete bekannt, aber keine von ihnen liegt so nahe an der Erde wie diese. „Wir könnten damit weitere verborgene Gaswolken in unserer Galaxie aufspüren und sogar bis an die Grenzen des Beobachtbaren blicken – zurück bis in die kosmische Morgendämmerung.“

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Erstellt:
29. April 2025, 15:56 Uhr

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