Neu im Kino: „Love Lies Bleeding“
Gilt jetzt schon als Kultfilm!
Im Neo-Noir-Thriller „Love Lies Bleeding“ leben Kristen Stewart und Katy O’Brian eine lesbische Amour fou.
Von Martin Schwickert
Lou (Kristen Stewart) arbeitet in einem heruntergekommenen Fitnessstudio, wo sie gelangweilt die Mitgliedsausweise laminiert und die verstopften Waschbecken reinigt. Aber dann betritt Jackie (Katy O’Brian) den Raum und überstrahlt die Muckibuden-Tristesse. Lou kann ihre Augen nicht abwenden von der Bodybuilderin, deren Körper von überirdischer Schönheit und Kraft nur so strotzt. Noch am selben Abend fallen die beiden Frauen voller Lust und Sehnsucht übereinander her.
Eine lesbische Amour fou stellt die britische Regisseurin Rose Glass ins Zentrum ihres US-Debüts „Love Lies Bleeding“. Die radikale Romanze ist im New Mexico der späten 80er Jahre angesiedelt. Auf der Durchreise zu einem Bodybuilding-Wettbewerb in Las Vegas ist Jackie hier gestrandet und quartiert sich gleich in Lous Apartment ein. Aber in das rauschhafte Liebesglück, das durch die Injektion von Steroiden beflügelt wird, mischen sich schon bald die Störmomente aus Lous dysfunktionaler Familie.
Ein Strudel gewaltsamer Ereignisse
Vater Lou Sr. (Ed Harris) betreibt neben dem Fitnessstudio auch noch einen Schießstand, von dem aus er seine illegalen Machenschaften lenkt. Seine Tochter Beth (Jena Malone) ist mit dem gewalttätigen JJ (Dave Franco) verheiratet. Als der sie fast tot prügelt, nimmt Jackie die Angelegenheit in die Hand. Der Mord an dem Peiniger setzt einen Strudel gewaltsamer Ereignisse in Gang.
Als feministische Weiterentwicklung von Werken Quentin Tarantinos und David Cronenbergs kommt dieser Neo-Noir-Thriller daher, in dem Glass mit einem wilden Genremix ihren ganz eigenen, kraftvollen Stil entwickelt. Mit expliziter Selbstverständlichkeit fernab von Blümchensex-Klischees wird hier eine leidenschaftliche, lesbische Romanze in Szene gesetzt, die sich in einem Umfeld toxischer Männlichkeit behauptet. Homosexualität ist hier keine Lebensweise, die um ihre gesellschaftliche Anerkennung ringt, sondern eine Superkraft mit Durchsetzungsvermögen. Mit sinnlichem Blick wird der Körper der Bodybuilderin in Szene gesetzt, der sich allen stereotypen Geschlechterzuschreibungen entzieht. Glass mischt in ihrem äußerst vitalen, visuellen Konzept Elemente des Bodyhorrors ebenso ins Geschehen wie surreale Überzeichnungen
Machtvolles Epizentrum
Das machtvolle Epizentrum des Films bilden Kristen Stewart, die ihre Figur mit brodelndem Understatement ausstattet, und die fabelhafte Katy O’Brian, die mit einer geradezu kosmischen Strahlkraft den Counterpart spielt. Zusammen entwickeln die beiden Frauen eine Leinwand-Chemie, von der die meisten heterosexuellen Hollywood-Romanzen nur träumen können. „Love Lies Bleeding“ gilt schon jetzt als einer der wichtigsten Kultfilme der 2020er Jahre.
Love Lies Bleeding. GB/USA 2024. Regie: Rose Glass. Mit Kristen Stewart, Katy O’Brian, Ed Harris. 104 Minuten. FSK 16