Historiker stellt klar

Gott will es! Kreuzfahrer-Motto „Deus vult!“ ist ein Mythos

„Deus vult“: Der designierte US-Verteidigungsminister Pete Hegseth hat diesen Spruch auf seinem Oberarm tätowiert: Mit diesen Worten soll Urban II. 1095 die Ritter des christlichen Abendlandes zur „Befreiung“ Jerusalems aufgerufen haben. Das Problem ist nur: Der Papst hat diesen Ausspruch nie getan.

Aufruf zum Kreuzzug: Papst Urban II. ruft bei der Synode im Jahr 1095 im französischen Clermont die abendländischen Ritter zur Befreiung des Heiligen Landes von den Muslimen auf (französische Zeichnung um 1920).

© Imago/Kharbine-Tapabor

Aufruf zum Kreuzzug: Papst Urban II. ruft bei der Synode im Jahr 1095 im französischen Clermont die abendländischen Ritter zur Befreiung des Heiligen Landes von den Muslimen auf (französische Zeichnung um 1920).

Von Markus Brauer/KNA

“Deus vult“ – „Gott will es“ – ziert als tätowierter Schriftzug den muskelbepackten Oberarm des wahrscheinlich künftigen US-Verteidigungsministers Pete Hegseth.

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"Deus vult!" Papst Urban II. hat Aufruf zum Kreuzzug nie verwendet

Der Ausruf „Deus vult!“ wird Papst Urban II. als Aufruf am 27. November 1095 zur „Befreiung“ Jerusalems von den Sarazenen und zum ersten Kreuzzug zugeschrieben. „Deus lo vult!“ (mittellateinisch für „Gott will es!“) ist auch die Devise des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem und findet sich als Wahlspruch in dessen Wappen.

Aus Sicht des Marburger Historikers Georg Strack handelt es sich dabei jedoch nur um eine Legende. „Urban II. hat dieses Zitat niemals in Texten verwendet, die er selbst oder seine Kanzlei verfasst haben“, sagt Strack.

Nur in einer einzigen Chronik, der von Robert dem Mönch, die etwa zehn Jahre nach dem Kreuzzugsaufrufs des Papstes bei einer Synode im französischen Clermont entstand, werde der Ausruf überhaupt zitiert, erklärt Strack.

Dem Verfasser sei aus einer anderen Chronik bekannt gewesen, dass die nordfranzösischen Kreuzfahrer „Deus vult“ als Kriegsruf sowie Erkennungszeichen untereinander nutzten. „Robert ging es darum, den Kreuzzug als göttliches und päpstlich geleitetes Projekt darzustellen, weshalb er behauptete, Urban II. habe den Kriegsruf ‚Deus vult’ in Clermont gehört und für gut befunden.“

Erst Jahrhunderte später rezipiert

Aus Sicht des Historikers ist das jedoch unglaubwürdig. Selbst Roberts mittelalterliche Zeitgenossen hätten dem Chronisten wenig Vertrauen geschenkt. Erst unter den Humanisten im 15. Jahrhundert habe die Rhetorik des Mönches wieder wohlwollende Aufmerksamkeit erfahren.

„Sie fanden Roberts Chronik plausibel und so wurde der Kriegsruf ‚Deus vult’ ab da sehr häufig zitiert, bald gerieten die anderen Berichte über Urbans Aufruf von Clermont in Vergessenheit“, berichtet der Historiker Strack.

Ausruf von rechtsextremen Kreisen missbraucht

Einen päpstlichen Ursprung hat der Ausruf also nicht. Wenn er dennoch heutzutage genutzt wird, dann nach Meinung des Historikers von rechtsextremen Kreisen, um eine Brücke zu den Kreuzzügen zu schlagen. Dass er sich wohl damals wie heute vornehmlich gegen Muslime richte, sei zwar eine Verbindung.

„Anders als heute hatte der Ruf aber keine rassistische Konnotation, weil es das Konzept der ‚Rasse’ im modernen Sinne nicht gab. Es ging um religiöse Differenzen“, betont Strack.

Reform der Kirche und kein Kriegsgetöse

Auch die kriegerische Note passe nur bedingt. Papst Urban II. sei es um eine Reform der Kirche und um Friedensstiftung gegangen. „Deshalb organisierte er auch die Militärhilfe für die Christen im Osten, die im Gebiet der heutigen Türkei Angriffen der muslimischen Seldschuken ausgesetzt waren“, erklärt der Mediavist.

Auch den sogenannten Kreuzzugsablass, also die päpstliche Erlassung aller Sünden, hätten wohl nur die bekommen, die auf dem Kreuzzug starben, was eher auf das Vorbild des christlichen Martyriums verweise. „Das scheint mir mit Ideen einer Vorherrschaft einer ‚weißen Rasse’ nicht viel zu tun zu haben.“

„Jerusalemkreuz“ auf der Brust von Pete Hegseth

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Auf der Brust trägt Pete Hegseth außerdem ein Tattoo mit einem großen Kreuz, umrandet von vier kleineren. Das Symbol, auch bekannt als „Jerusalemkreuz“, wird ursprünglich den Kreuzrittern zugerechnet. Die Darstellung findet sich heute auch in harmloseren Kontexten, etwa auf der Flagge Georgiens.

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Erstellt:
16. November 2024, 13:42 Uhr
Aktualisiert:
16. November 2024, 13:50 Uhr

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