Großaspach wirft Flinte noch nicht ins Korn

Sportdirektor Koukoutrigas plant für die neue Saison zweigleisig, obwohl er weiß, dass der Gang in die Fußball-Regionalliga kaum noch zu verhindern ist. Die SG Sonnenhof versucht, den Großteil des jetzigen Kaders unabhängig von der Spielklasse zu halten.

Blickt durchaus selbstkritisch auf die vergangenen Monate: Joannis Koukoutrigas. Der SG-Sportdirektor hat die Hoffnung auf den Drittliga-Verbleib zwar noch nicht aufgegeben, weiß aber selbst, dass der Abstieg in die Regionalliga fast nicht mehr zu verhindern ist. Foto: A. Becher

© Sportfotografie Alexander Becher

Blickt durchaus selbstkritisch auf die vergangenen Monate: Joannis Koukoutrigas. Der SG-Sportdirektor hat die Hoffnung auf den Drittliga-Verbleib zwar noch nicht aufgegeben, weiß aber selbst, dass der Abstieg in die Regionalliga fast nicht mehr zu verhindern ist. Foto: A. Becher

Von Uwe Flegel

Den Ernst der Lage muss Joannis Koukoutrigas keiner erklären. Großaspachs Sportdirektor weiß, dass nur noch ein großes Fußballwunder den Drittligisten vor dem ersten Abstieg der Vereinsgeschichte retten kann. Zumindest offiziell hat er die Hoffnung auf eine Rettung noch nicht aufgegeben. Erst recht nach dem 1:0-Heimerfolg am Mittwochabend gegen Zwickau. Dabei weiß der 45-Jährige nur zu gut, dass selbst fünf Siege in den fünf noch ausstehenden Partien für eine Rettung vermutlich nicht reichen. Sicher ist, dass der Abstieg der SG Sonnenhof besiegelt sein könnte, wenn der Vorletzte am Samstag beim Tabellensiebten Waldhof Mannheim (14 Uhr, Carl-Benz-Stadion) keine drei Punkte holt.

Mit irgendwelchen Rechenspielchen beschäftigt sich Aspachs Sportdirektor nicht. „Wir planen für beide Ligen“, lässt er einerseits noch Platz für Hoffnungen und blickt andererseits der Realität ins Auge. Zur Hoffnung gehört, dass der eine oder andere Drittligist vielleicht mal richtig in seine Finanzbücher blickt und erkennt, dass er jahrelang über seine Verhältnisse gelebt hat. Den 1. FC Kaiserslautern zum Beispiel plagen offiziell 24 Millionen Euro Schulden. Deshalb haben die Pfälzer einen Insolvenzantrag gestellt. Sportliche Auswirkungen hat das vorläufig aber keine, hat der DFB zuvor doch allen misswirtschaftenden Klubs einen Freibrief ausgestellt. Bei der Lizenzierung für die neue Runde wurden die wirtschaftlichen Fakten beiseitegeschoben. Die Pleiteklubs jubilierten.

Koukoutrigas wiederum ärgert sich, dass der Verband keinen Unterschied zwischen Altschulden und den finanziellen Auswirkungen wegen der Coronakrise gemacht hat. Ansonsten kümmert er sich vor allem darum, seine SG zusammen mit dem Vorstandskollegen Michael Ferber für die neue Saison personell gut aufzustellen. Seit rund zwei Wochen sprechen die beiden mit Spielern. „Mit drei Vierteln des Kaders hatten wir Kontakt“, erklärt der 45-Jährige. Und bekennt: „Wir wollen den größten Teil der Jungs an den Verein binden.“ Das gilt für die Dritte wie für die Regionalliga. Koukoutrigas: „Wir wollen für alle Eventualitäten gewappnet sein.“ Klar ist für ihn aber auch: „Wir werden mit allen Spielern sprechen. Das gehört sich einfach.“

Die Rückmeldungen, die er bisher erhalten hat, scheinen ihm Mut zu machen. Der Sportdirektor erzählt: „Einige Spieler können sich vorstellen, auch in der Regionalliga zu bleiben.“ Geht es doch in Liga drei weiter, würde das die Planungen aber deutlich erleichtern. Wobei das nicht in allen Fällen hilft. Bei Eric Hottmann zum Beispiel ist sicher, dass der vom VfB Stuttgart ausgeliehene Offensivmann an den Wasen zurückkehrt. Und im Fall von Sebastian Bösel sei klar, dass andere Dritt- und gar Zweitligisten Interesse an dem Mittelfeldmann haben. Ansonsten, so Koukoutrigas, „will ich über Namen nicht sprechen“. Gradmesser für ihn ist: „Wir wollen Spieler halten, die schon seit Jahren bei uns sind, Spieler, die sich mit der SG identifizieren, die hinter dem stehen, was wir machen, und auch die Spieler, die aus der Region kommen.“ Solche wie Kapitän Julian Leist und Kai Gehring, über die Koukoutrigas schon vor Wochen sagte, dass er sie gerne weiter als Korsettstangen an Bord haben würde – egal in welcher Liga.

Bei der Frage, weshalb es die SG im sechsten Jahr in der dritthöchsten deutschen Spielklasse erwischt, nachdem der Abstieg schon in der Vorsaison erst auf den letzten Drücker verhindert wurde, nimmt sich Koukoutrigas selbst mit in die Verantwortung: „Für mich ist der entscheidende Grund, dass wir nicht geschafft haben, auf der Trainerposition Kontinuität reinzubringen. Und das nicht erst in dieser Saison.“ Bereits vergangene Runde gab es mit Sascha Hildmann, Interimscoach Zlatko Blaskic, Florian Schnorrenberg und Markus Lang vier verschiedene Cheftrainer. Diese Saison waren es mit Oliver Zapel, Markus Lang, dem Duo Mike Sadlo/Heiner Backhaus und Hans-Jürgen Boysen gar fünf Übungsleiter. Für den Sportdirektor steht fest: „Ich muss die Mannschaft deshalb ein wenig in Schutz nehmen, Wenn du ständig einen neuen Trainer hast, dann kannst du in keinen Fluss kommen.“ Korrekt und mitursächlich dafür, dass die SG ein großes Fußballwunder braucht, um die Klasse halten zu können.

Weiter mit Hans-Jürgen Boysen oder Markus Lang, am liebsten aber mit Boysen und mit Lang

In Sachen Trainer für die neue Saison scheint Aspach recht weit zu sein. „Ende dieser Woche wollen wir Klarheit haben“, kündigt Sportdirektor Joannis Koukoutrigas an. Er nennt zwar keine Namen, aber es ist kein großes Geheimnis, dass Hans-Jürgen Boysen und Markus Lang die Wunschkandidaten sind. Zumal der Sportdirektor sagt: „Der künftige Cheftrainer soll aus dem eigenen Verein kommen.“ Heißt, dass Boysen und Lang, ursprünglich U-19-Trainer, in der jetzigen Konstellation weitermachen, oder einer der zwei sich als Chef einen neuen Co-Trainer sucht. Wobei klar ist, dass Markus Lang wegen der fehlenden Lizenz in Liga drei zumindest offiziell nicht der Cheftrainer sein darf. In der Regionalliga würde das gehen.

Für Boysen und Lang spricht, dass sie die SG-Elf stabilisiert haben. In den acht Partien unter ihrer Leitung sammelte die SG 11 der gerade mal 29 Zähler, die der Vorletzte nach den bisherigen 33 Saisonspielen aufweist. Koukoutrigas macht kein Hehl daraus, dass er mit der Arbeit des Duos absolut zufrieden ist: „Die Leistungen der Mannschaft passen. Die Jungs sind hungrig und willig.“

Momentan umfasst Aspachs Kader 29 Spieler, darunter sind drei Torhüter. Mit Schlussmann Constantin Frommann (SC Freiburg), Verteidiger Marin Sverko (FSV Mainz 05), Mittelfeldspieler Kamer Krasniqi (BSV Rehden, Regionalliga Nord) und Eric Hottmann (VfB Stuttgart) zählen vier Leihspieler zum Aufgebot. „Sie gehen nach der Runde zunächst einmal alle zu ihren Stammvereinen zurück“, erklärt Koukoutrigas, lässt aber durchblicken, dass er den einen oder anderen gerne weiterhin in Aspach sehen würde. Bei Hottmann ist schon klar, dass er weg ist.

Bis auf den 18-jährigen Torwart David Nreca-Bisinger und A-Jugend-Stürmer Flavio Santoro hat kein Aspacher einen für die Regionalliga gültigen Kontrakt. Einen Vertrag für die Dritte Liga haben neben den zwei Talenten noch Torwart Maximilian Reule, die Verteidiger Julian Leist, Dennis Slamar, Niklas Sommer, Jonas Behounek und Ken Gipson, die Mittelfeldspieler Charmaine Häusl, Nico Jüllich, Panagiotis Vlachodimos und Onur Ünlücifci sowie Angreifer Orrin McKinze Gaines.

Für die neue Saison plant die SG mit einem 23-Mann-Kader (inklusive dreier Torhüter). Dazu soll noch der eine oder andere A-Jugend-Spieler kommen. Koukoutrigas hofft, „dass die Verzahnung mit der A-Jugend besser wird“. Beim Etat geht der 45-Jährige davon aus, dass „wir ihn halten können, wenn wir in der Liga bleiben“. Bei einem Abstieg rechnet er damit, dass der Etat um 30 bis 40 Prozent gesenkt wird, „da Fernsehgelder, Ligasponsoring und solche Dinge wegfallen“. In Zahlen ausgedrückt sind das rund 1,2 Millionen Euro. Statt geschätzten 3,5 Millionen Euro wie bisher stünden für Liga vier wohl nicht ganz 2,5 Millionen Euro zur Verfügung.

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Erstellt:
19. Juni 2020, 06:00 Uhr

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