Archäologie in Deutschland
Große bronzezeitliche Siedlung entdeckt
Das Grabungsgelände in Döbeln in Sachsen gibt seine Geheimnisse nur stückweise preis. Jahrtausende nach der Aufgabe des Steinzeitdorfes siedelten Menschen der Bronzezeit auf derselben Fläche.
Von Markus Brauer/dpa
Jungsteinzeit und Bronzezeit liegen in Döbeln im Landkreis Mittelsachsen sehr eng beieinander. Archäologen sind inmitten einer Siedlung der frühen Jungsteinzeit auf eine frühbronzezeitliche Siedlung gestoßen.
Relikte aus Aunjetitzer Kultur
„Anhaltspunkte gab es bereits, doch die bronzezeitliche Siedlung ist viel größer, als angenommen“, sagt Grabungsleiter Thomas Lukas. „Bislang gab es ein Haus aus dieser Zeit, aber jetzt wurden in etwa 50 bis 60 Metern Entfernung weitere Gruben entdeckt. Die Siedlung ist rund 4000 Jahre alt und gehört zur Aunjetitzer Kultur, die Epoche aus der auch die Himmelsscheibe von Nebra stammt.“
Zur Info: Der Begriff Aunjetitzer Kultur – benannt nach dem Fundort Únětice/Aunjetitz in Böhmen, nördlich von Prag – bezeichnet eine archäologische Kultur der Frühbronzezeit im Zeitraum von 2300 v. Chr. bis 1600/1500 v. Chr. Sie geht aus den spätsteinzeitlichen Kulturen der Glockenbecher und Schnurkeramik hervor. Nach 1600 v. Chr. wurde sie durch die Hügelgräberbronzezeit abgelöst. Einer der bekanntesten Funde dieser Kultur ist die Himmelsscheibe von Nebra.
Häuser aus der Jungsteinzeit
In einer Grube fanden die Ausgräber mehrere Keramikstücke und ein Mahlstein mit einem Durchmesser von 40 Zentimetern. „Außerdem gab es große Brandlehmfragmente. Das war verbrannter Putz von einem Ofen oder von einem Haus“, berichtet Lukas.
Aus der Jungsteinzeit wurden 50 Häusergrundrisse freigelegt. Zudem fanden sich etliche große Speichergruben sowie Baugruben, aus denen Lehm entnommen wurde. Die Archäologen bargen über 30.000 Keramikscherben, rund 7000 Feuerstein-Objekte, 500 Mahlsteinfragmente, 200 Steinbeile und Steinäxte sowie 250 Schleifsteine.
Dorf aus dem Übergang der Steinzeitepochen
„In der Jungsteinzeitsiedlung gab es zwischen dem 6. und 5. Jahrtausend den Übergang von der Linienbandkultur zur Stichbandkultur“, erklärt der Archäologe. Neben der Verzierung der Keramik, von Linienbändern zu Stichbändern, veränderte sich auch die Architektur der Häuser.
In der Linienbandkeramik musste ein Innengerüst aus Pfosten die Dachkonstruktion tragen. In der Stichbandkeramik wurde das Innengerüst lockerer und die Innenpfosten hatten einen größeren Abstand zueinander. Dadurch hatte man mehr Platz in den Häusern.
Außerdem wurde aus dem 10./11. Jahrhundert ein slawisches Gräberfeld mit 35 Körpergräbern entdeckt. Als bislang einzige Beigabe wurde eine blau schimmernde mit weiß-gelblichen Rauten verzierte Klarglasperle entdeckt.
Gräberfeld mit seltener Perle
„Es ist die am weitesten westlich gefundene Perle dieser Art, die bislang bekannt ist“, betont der Spatenforscher. „Diese Perlen kommen sonst nur im Osten, in Warschau oder Krakau vor.“ Hergestellt wurden diese Perlen in Byzanz, dem früheren Konstantinopel, und kamen über Handelswege nach Osteuropa.
Die Fundstelle bei Döbeln-Gärtitz wird seit 2021 im Vorfeld des Baus eines Erlebnisdorfs untersucht. Die aktuellen Grabungen erfolgen im Vorfeld eines Hotelbaus. „Das größte steinzeitliche Langhaus der Siedlung, mit 30 Metern Länge und sieben Metern Breite, befand sich genau an der Stelle, wo jetzt das Hotel entstehen soll“, sagt Lukas. „Das Areal ist der größte ausgegrabene jungsteinzeitliche Fundplatz in Mittelsachsen.“