Agrarmesse in Berlin
Grüne Woche zum Start von Viehseuche überschattet
Paarhufer müssen leider draußen bleiben - Wegen der Maul- und Klauenseuche in Brandenburg findet die Agrarmesse Grüne Woche in diesem Jahr ohne Kühe und Schafe statt. Nicht das Einzige, was die Stimmung trübt.
Von red/dpa
Massige Bullen, wollige Schafe, putzige Alpakas - Die große Artenvielfalt in den Ställen der Tierhalle ist jedes Jahr ein Höhepunkt der Grünen Woche. Doch bei ihrer 89. Ausgabe in diesem Jahr wird die am Freitag in Berlin beginnende Agrarmesse ohne das große Vieh-Spektakel auskommen müssen. Denn Paarhufer dürfen gar nicht erst mitgebracht werden. Grund dafür ist ein gemeldeter Fall der Maul- und Klauenseuche (MKS) in einer Herde Wasserbüffel auf einem Hof in Brandenburg. Die Viruserkrankung ist hoch ansteckend, sehr widerstandsfähig und endet insbesondere bei Rindern oft tödlich. Infizierte Viehbestände werden deswegen vorsorglich gekeult.
In Deutschland ist es seit 1988 der erste gemeldete MKS-Fall. Wie das Virus nun wieder aufgekommen ist, können Wissenschaftler noch nicht ergründen. Klar ist aber, dass der Landwirtschaft ein wirtschaftlicher Schaden droht. Potenziell infizierte Tiere können nicht mehr gehandelt werden. Auch eine Notimpfung sei keine Möglichkeit, da die Impfstoffe nicht von allen Drittländern akzeptiert würden, warnt die Epidemiologin Carola Sauter-Louis. Das würde Handelsrestriktionen nach sich ziehen.
Wissenschaftlerin mahnt zur Geduld
Die Wissenschaftlerin mahnt zur Geduld. Es müsse weiter getestet, geprüft und gehofft werden. Noch sei es zwar unklar, wann sich die Bundesrepublik wieder zur seuchenfreien Zone erklären könne. Aber jeder Tag ohne negative Nachrichten erhöhe die Chance auf Normalität.
Für die Träger der Grünen Woche, den Deutschen Bauernverband und die Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie, kommt der Seuchenausbruch im Vorfeld der Messe natürlich zur Unzeit. Für Ersatz sei zwar gesorgt: So setzen die Organisatoren verstärkt aufs Pferd, das in der Regel kaum anfällig für das Virus ist.
Zufriedenheit der Agrarbranche sinkt
Dennoch ist die Aussicht auf die Messe dadurch getrübt worden - was sinnbildlich auch für den Gesamtblick auf die Agrarpolitik steht. Die Zufriedenheit der Branche mit der scheidenden Ampelregierung liegt nicht sonderlich hoch. Wichtige Gründe dafür liegen in der breiten Missachtung der Empfehlungen von Borchert-Kommission und Zukunftskommission Landwirtschaft durch das Grün-geführte Bundesagrarministeriums. Beide Arbeitsgruppen, besetzt mit Interessenvertretern aus Landwirtschaft, Umweltschutz und Wissenschaft, tagten über Jahre, um zu einem tragfähigen Konsens für die so dringend angemahnte Agrarwende zu kommen.
Empfehlungen bislang nicht umgesetzt
Umgesetzt wurde von den Empfehlungen bislang nichts. Bei Kommissionsmitgliedern wie dem Bundesvorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft (AbL), Martin Schulz, sorgt das auch für Frust. „Man sollte sich Gedanken machen, ob das ein guter Politikstil ist, eine Arbeitsgruppe ehrenamtlich über Jahre arbeiten zu lassen und deren Empfehlungen dann einfach zu ignorieren.“
Die umgangssprachliche Flinte ins Korn werfen wolle er deshalb aber noch nicht. „Der gesellschaftskonforme Umbau der Tierhaltung ist ein langer Prozess“, weiß Schulz. Von 2019 bis zur Niederlegung ihrer Arbeit 2023 gehörte der niedersächsische Schweinebauer der Borchert-Kommission an, hat die zähen Verhandlungen und Entscheidungsfindung also aus erster Reihe miterlebt. „Veränderungen in der Politik brauchen ihre Zeit.“
Mit Blick auf die kommende Bundesregierung verweist der AbL-Chef auf die zentrale Forderung, die fast mantraartig aus der Landwirtschaft zu hören ist: Planungssicherheit. Emissionswerte in der Tierhaltung, Dünge- und Bauverordnungen: Zu viele Bestimmungen stünden noch in der Diskussion, seien unausgereift, so Schulz. „Für die Betriebe ist es deshalb schwer einzuschätzen, wo es die kommenden Jahre hingeht. Wer aber beispielsweise einen neuen Stall baut, der muss auf mindestens 20 Jahre damit planen können.“
Die AbL beteiligt sich deshalb auch in diesem Jahr an der „Wir haben es satt“-Demonstration von Landwirten, Umwelt- und Sozialverbänden für einen Kurswechsel in der Agrarpolitik. Seit 2011 findet der Protest traditionell parallel zur Messe in der Hauptstadt statt. Bei der Grünen Woche selbst wird die AbL aber nicht vertreten sein: Ein Tierstand wie sonst sei für dieses Jahr nicht geplant gewesen, erklärt Schulz. Glück im Unglück: Denn dieser hätte nun auf Grund der Seuchenbestimmung ohnehin nicht stattfinden können.