Kleiner Parteitag der Grünen

Grünen-Länderrat: Robert Habeck hält noch eine Rede – und dann?

Bei der Bundestagswahl lief für die Grünen enttäuschend, nun sitzen sie wieder in der Opposition. Am Sonntag sind sie zu ihrem kleinen Parteitag in Berlin zusammengekommen. Wie wollen sie weitermachen?

Franziska Brantner (von links),  Felix Banaszak, Robert Habeck  und Annalena Baerbock  sprechen während des kleinen Parteitags von Bündnis 90/Die Grünen.

© dpa/Sebastian Gollnow

Franziska Brantner (von links), Felix Banaszak, Robert Habeck und Annalena Baerbock sprechen während des kleinen Parteitags von Bündnis 90/Die Grünen.

Von Rebekka Wiese

Er steht am Mikrofon, wie er es schon so oft getan hat. Ohne Manuskript, eine Hand in die Tasche gesteckt, spricht Robert Habeck am Sonntag zu den Grünen, zu seiner Partei – und wendet sich von dort direkt an die Union, die in aktuellen Umfragen stark an die AfD verloren hat. „Die Vertrauenskrise, die die Union erleidet, sie ist selbst verschuldet und sehend konstruiert worden“, sagt er und ruft: „Selbst schuld, Union!“ Er bekommt lauten Applaus.

Habeck war Parteivorsitzender der Grünen, jetzt ist er noch geschäftsführender Bundeswirtschaftsminister. Und er war grüner Kanzlerkandidat im Bundestagswahlkampf, bei dem die Partei bei nur 11,6 Prozent gelandet ist. Auch Habeck dürfte wissen, dass das nicht nur an der Union lag.

Erst mal keine größere Rolle für Habeck mehr

Mit rund hundert Delegierten sind die Grünen zu ihrem kleinen Parteitag in Berlin zusammengekommen, dem sogenannten Länderrat – vor allem, um darüber zu sprechen, wie es nun weitergeht. „Ich räume für mich ein, dass ich ein bisschen Zeit für Antworten brauche“, sagt Habeck. Er selbst wird vorerst keine Funktion mehr in der Partei übernehmen, auch wenn er sein Mandat in der Bundestagsfraktion behält. Die sitzt nun aber in der Opposition.

Als erste Rednerin, noch vor Habeck, tritt Franziska Brantner, die Bundesvorsitzende, vor ihre Partei. Sie spricht sich deutlich für ein starkes Europa aus – besonders vor dem Hintergrund der Entwicklung der USA unter der Präsidentschaft von Donald Trump. „Wenn Trump diese Welt kleiner machen will, dann machen wir Europa größer“, sagt Brantner. Es ist der erste Moment ihrer Rede, in dem sie lauter wird.

Brantner: „Die europäischste Fraktion“

Brantner kritisiert, dass in den schon bekannt gewordenen Papieren zu den Vorhaben der vermutlich künftigen schwarz-roten Regierung im Kapitel zur Verteidigung nicht einmal das Wort „Europa“ auftauche. „Herr Merz, das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen“, sagt Brantner. „Sie werden die europäischste Fraktion erleben, die dieses Land je gesehen hat.“ Einmal reckt Brantner während der Rede ihre Faust, wenn auch eher zaghaft – eine neue, ungewohnte Geste.

Das passt zu dem Leitantrag, den der Bundesvorstand vor dem Länderrat vorgelegt hat und der dort später mit kleinen Änderungen beschlossen wird. Es ist ein Text, der auf einen ausgewogenen Tonfall setzt. Ein harte Abrechnung war also nicht zu erwarten. Der Länderrat sei eher als Auftakt einer Debatte zu sehen, nicht als Abschluss, hieß es dazu im Vorfeld aus der Partei. Über ihre künftige Richtung wurde am Sonntag also noch nicht entschieden.

Zu viel und zu wenig Klimapolitik

Auch Annalena Baerbock, aktuell geschäftsführende Außenministerin, trat beim Länderrat ans Mikrofon. „Ich glaube nach wie vor an die Kraft der Differenzierung“, sagte die Grünen-Politikerin. Das sei besonders nötig, wenn über Ostdeutschland gesprochen werde. Baerbock plädiert dafür, dass man die Migrationspolitik der Grünen gerade im Osten besser erklären müsse: „Wir müssen deutlich sagen, wen wir abschieben: nämlich Schwerverbrecher und diejenigen, die unser Grundgesetz mit Füßen treten!“

Ostdeutschland war bei der Debatte immer wieder Thema. Bei den Landtagswahlen im Herbst flogen die Grünen in Thüringen und Brandenburg sowohl aus der Regierung als auch aus dem Parlament, in Sachsen schafften sie es gerade noch über die Fünf-Prozent-Hürde. Auch bei der Bundestagswahl fiel das Ergebnis für die Partei in den ostdeutschen Bundesländern desaströs aus. Für den Herbst 2025 planen die Grünen nun einen Ost-Kongress.

Auch kämpferische Stimmen waren beim Länderrat zu hören. Katharina Dröge, Vorsitzende der Bundestagsfraktion, warb dafür, selbstbewusster zum Klimaschutz zu stehen. Sie erinnerte daran, dass ihre Fraktion nun dem Sondervermögen für Infrastruktur zugestimmt habe. „Wir haben der Regierung die Möglichkeit gegeben, das Richtige zu tun“, sagte Dröge. „Wenn Friedrich Merz und Lars Klingbeil nun aber glauben, dass sie 500 Millionen Euro nutzen können, um sie nicht in den Klimaschutz zu investieren, dann werden sie die härteste Opposition bekommen, die sie sich vorstellen können!“

Aufregung über neue Umfragezahlen

Verlust In der jüngsten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa für die „Bild“-Zeitung verlieren die Grünen in der Sonntagsfrage an Zustimmung. Gemäß der Erhebung büßt die Partei einen Prozentpunkt an Zustimmung ein. Elf Prozent der Befragten gaben an, dass sie sich derzeit an der Wahlurne für die Grünen entscheiden würden.

Weitere Ergebnisse Damit liegen die Grünen aktuell gleichauf mit der Linken. Die SPD nannten unverändert 16 Prozent als Partei ihrer aktuellen Wahl. BSW und FDP kämen – ebenfalls unverändert – mit jeweils vier Prozent Zustimmung nicht in den Bundestag.  

Gleichstand Aufregung verursachte im politischen Berlin, dass in der Umfrage die AfD mit der Union gleichzog. Beide bekamen je 24 Prozent Zustimmung. Die CDU/CSU verlor zwei Punkte, die AfD legte einen zu.

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Erstellt:
6. April 2025, 17:34 Uhr

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