Gymnasium sammelt für Ukraineflüchtlinge in Polen

Um selbst aktiv zu werden, hat die Schule eine Hilfsaktion über das Partnerlyzeum in Rabka-Zdrój umgesetzt und 37 Pakete auf den Weg gebracht.

Die Räume der Schülermitverantwortung am Heinrich-von-Zügel-Gymnasium haben sich in eine Packzentrale verwandelt. Lehrerin Martina Samociuk zeigt einen der Schulranzen, der wie viele andere Spenden für Flüchtlinge in Rabka-Zdrój verschickt wird. Foto: privat

Die Räume der Schülermitverantwortung am Heinrich-von-Zügel-Gymnasium haben sich in eine Packzentrale verwandelt. Lehrerin Martina Samociuk zeigt einen der Schulranzen, der wie viele andere Spenden für Flüchtlinge in Rabka-Zdrój verschickt wird. Foto: privat

Von Christine Schick

Murrhardt. Als der Krieg in der Ukraine begann, standen die Faschingsferien kurz bevor und Schülerinnen und Schüler sowie das Kollegium des Heinrich-von-Zügel-Gymnasiums nahmen das Thema zunächst mit nach Hause. „Ich hab überlegt, was könnte ich denn tun“, erzählt Lehrerin Peggy Bauer. Ihrer Kollegin Martina Samociuk ging es ähnlich. Da ihr Mann gebürtiger Pole ist, erreichte sie zudem über Verwandte im Osten des Landes schon recht früh die Bitte, doch Medikamente und Hygieneartikel zu schicken – vor dem Hintergrund, dass dort bereits viele Flüchtlinge aus der Ukraine ankamen. Nachdem der Schulalltag in Murrhardt wieder startete, trugen die Kolleginnen und Kollegen zusammen, wie sie die Entwicklungen in Gemeinschaftskunde, bildender Kunst, Ethik oder Religion aufgreifen können, berichten die beiden.

Krieg und Gewalt sind keine einfachen Themen. Zwar lässt sich im Unterricht darüber sprechen, Martina Samociuk sagt aber auch: „Um besser mit den Gefühlen zurechtzukommen, kann es helfen, selbst aktiv zu werden.“ Peggy Bauer ergänzt: „Es ist natürlich schwierig für uns, direkt in der Ukraine zu unterstützen.“ Doch dann entstand mit Blick auf die Situation in Polen und die Tatsache, dass das Land mit so vielen Geflüchteten konfrontiert ist, die Idee, die polnische Partnerstadt und noch konkreter die Partnerschule in Rabka-Zdrój zu unterstützen. Mit dem Lyzeum dort gibt es seit vielen Jahren einen Austausch. Die beiden Lehrerinnen erkundigten sich bei ihrer Kollegin Anna Kościelniak, was gebraucht werden könnte. Diese und die Schulleiterin haben sich sehr über das Angebot gefreut und aufgelistet, was alles benötigt wird – vor allem Hygieneartikel, Kleider und Schulsachen. Die Schulgemeinschaft wollte sofort durchstarten, sammeln und Pakete packen, um die Spenden nach Rabka-Zdrój zu schicken. Doch dann tauchte die Frage auf: Wer zahlt das? Susanne Barreuther erklärte sich spontan bereit, das gesamte Porto für die Hilfsaktion zu übernehmen, berichtet Martina Samociuk.

„Mit einem Instagram-Post gaben die Schülersprecherinnen den Startschuss“, erinnert sich Peggy Bauer. Um den Überblick zu behalten und systematisch vorzugehen, wurde thematisch aufgeteilt: Klasse 5 und 6 waren zuständig für Mal- und Spielsachen, Klasse 7 und 8 für Blöcke und Schreibmaterialien, Klasse 9 und 10 für Hygieneartikel und die Jahrgangsstufen für Babynahrung und Windeln. Alle zusammen haben sich nach gebrauchten Rucksäcken, Schultaschen und Mäppchen umgeschaut, die noch gut in Schuss sind. In den Klassenräumen standen Kartons für die Spenden. Neben den Schülerinnen und Schülern haben genauso Eltern und das Lehrerkollegium fleißig gesammelt. Das Beddonklötzle, in dem die Schülermitverantwortung ihren Sitz hat, entwickelte sich zur Packzentrale. Die Aktion nahm Fahrt auf, allmählich entwickelte sich auch so etwas wie Packroutine.

Im Abstand von einigen Tagen hat das Team nach und nach 37 Spendenpakete für die ukrainischen Kinder und Jugendlichen, ihre Mütter und Verwandten auf den Weg gebracht. Die ersten sind vor vier Tagen an der Schule in Rabka-Zdrój angekommen. Zwischenzeitlich informierte Anna Kościelniak per E-Mail, dass die Stadt mittlerweile schon über 1000 Flüchtlinge zählt und auch ukrainische Kinder und Jugendliche aus einem Heim unter ihnen sind, die sie besonders unterstützen möchten. Die gemeinsame Hilfsaktion schließt das Heinrich-von-Zügel-Gymnasium mit einem Auftritt des Unterstufenchors unter der Leitung von Angela Westhäußer-Kowalski ab. „Beim Refrain ,Give Peace a Chance‘ können alle mitsingen“, sagt Peggy Bauer.

Auch wenn der Krieg in der Ukraine wohl noch weiter Thema sein wird, freuen sich die beiden Lehrerinnen, wie die europäische Partnerschaft nun auch konkret Früchte trägt. „Der Schüleraustausch hat jetzt noch mal ein ganz anderes Gewicht bekommen, genauso wie der europäische Gedanke“, sagt Martina Samociuk. Zudem zeige die Aktion auch, dass die Partnerschaft der beiden Schulen gefestigt ist, die Verbindung steht, ergänzt Peggy Bauer, auch trotz einer längeren Coronazwangspause, was den Austausch anbelangt. Als wichtig erachten die zwei dabei auch die Begegnung der Schülerinnen und Schüler aus Murrhardt und Rabka-Zdrój in Kreisau.

Völkerverständigung

Schülerbegegnung in Kreisau Die Neuntklässler des Gymnasiums aus Murrhardt und Rabka-Zdrój verbringen seit einigen Jahren eine Woche auf dem ehemaligen Gut der Familie Moltke. Sie lernen dort viel über die jeweils andere Kultur, zudem geht es um die Vermittlung der deutsch-polnischen Geschichte und des europäischen Gedankens. Neben Workshops und Führungen gehört ein Besuch von Breslau, der Friedenskirche in Schweidnitz und der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Gross-Rosen zum Programm. Vor Ort tauchen die Gruppen in die Geschichte des Kreisauer Kreises, eine Widerstandsgruppe gegen das NS-Regime, ein.

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Erstellt:
31. März 2022, 06:00 Uhr

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