Landgericht Oldenburg

Haftstrafe wegen versuchten Totschlags auf Bauerndemo

Wütend quetscht sich der Autofahrer zwischen Traktoren hindurch, die eine Kreuzung blockieren. Sein Wagen erfasst einen Landwirt, doch der Mann fährt weiter. Im Prozess zeigt sich der Mann reumütig.

Ein 46-Jähriger ist wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung auf einer Bauern-Demonstration in Niedersachsen zu einer Haftstrafe verurteilt worden. (Archivbild)

© Sina Schuldt/dpa

Ein 46-Jähriger ist wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung auf einer Bauern-Demonstration in Niedersachsen zu einer Haftstrafe verurteilt worden. (Archivbild)

Von Von Helen Hoffmann, dpa

Oldenburg - Er durchbrach mit seinem Auto eine Bauern-Demonstration und verletzte einen Landwirt. Nun hat das Landgericht im niedersächsischen Oldenburg den 46 Jahre alten Angeklagten wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung zu einer Haftstrafe von drei Jahren und sieben Monaten verurteilt. Das Gericht sah außerdem einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr und Verkehrsunfallflucht als erwiesen an. Der Angeklagte muss dem Urteil zufolge seine Fahrerlaubnis für vier Jahre abgeben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Revision ist möglich.

Auto schleifte Mann mehrere Meter mit

Nach Angaben des Vorsitzenden Richters war der Mann am 8. Januar bei Friesoythe im Landkreis Cloppenburg hupend und wütend in eine Blockade mit Traktoren reingefahren. Dabei erfasste er mit seinem Wagen einen Mann, der durch den Aufprall gegen die Windschutzscheibe geschleudert wurde. Als der Angeklagte das Auto kurz bremste, fiel der Mann zu Boden, dann schleifte der Wagen den Landwirt mehrere Meter über den Asphalt mit und überrollte dessen Bein.

Wie durch ein Wunder wurde der Landwirt vergleichsweise gering verletzt und konnte das Krankenhaus nach einer Nacht wieder verlassen. Unter den Folgen der Tat leidet der Landwirt nach Angaben seines Anwalts bis heute, auch Narben sind geblieben. 

"Ich fahre da durch, um jeden Preis. Koste es, was es wolle", so beschrieb der Richter die Haltung des Angeklagten zum Tatzeitpunkt. Demnach hatte der Deutsche einen Tötungsvorsatz in der billigenden Form. Es sei ihm egal gewesen, ob er bei seiner Handlung einen Menschen töte. 

Angeklagter: "Ich wollte Sie nie töten."

Der Angeklagte hatte vor Gericht zugegeben, die Trecker-Blockade mit seinem Auto durchbrochen zu haben. Er habe aber nicht das Ziel gehabt, einen Menschen zu verletzen, betonte der 46-Jährige. "Es tut mir furchtbar leid", sagte er zu dem Landwirt. Bei seinem Schlusswort kamen ihm die Tränen. "Ich wollte Sie nie töten", sagte der Mann. 

Nach Angaben seines Verteidigers war der Angeklagte auf dem Weg von seiner Nachtschicht und wollte nach Hause, wo er am Nachmittag für seine pflege- und hilfsbedürftige Ehefrau da sein wollte. Den Verletzten habe er erst bemerkt, als er auf der Motorhaube lag. Als dieser dann herunterfiel, habe sein Mandant Angst bekommen, nun Ärger von den Landwirten zu bekommen, und sei weitergefahren. 

Der Richter beschrieb den Angeklagten als verbitterten und unzufriedenen Menschen. Es sei klar, dass dessen Lebensverhältnisse nicht einfach seien, sagte er. Der Angeklagte hatte zum Beispiel keine feste Arbeitsstelle, Existenzängste und Herausforderungen wegen der Pflege seiner behinderten Frau. Die Tat erkläre das aber nicht. Der Mann wurde von einem Gutachter als voll schuldfähig eingestuft. 

Verteidigung sieht keinen versuchten Totschlag

In seinem Plädoyer forderte der Verteidiger, seinen Mandanten höchstens zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung zu verurteilen. Eine Verurteilung wegen eines versuchten Totschlags komme aus seiner Sicht nicht in Betracht. Aber: "Ich bin auch der Meinung, dass mein Mandant sich falsch verhalten hat."

Die Staatsanwaltschaft forderte in ihrem Plädoyer eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und sieben Monaten unter anderem wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung. Zudem solle dem Mann die Fahrerlaubnis entzogen werden. Die Nebenklage schloss sich beim Strafmaß der Forderung der Staatsanwaltschaft an. Die Verfahrensbeteiligten können binnen einer Woche Revision gegen das Urteil einlegen.

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Erstellt:
3. Dezember 2024, 14:16 Uhr
Aktualisiert:
3. Dezember 2024, 15:36 Uhr

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