Elektromobilität

Hausaufgaben für Brüssel und Europas Autobauer

Die Fahrzeugbranche steckt in einer tiefen Krise. Das Klagen ist groß, doch manche Probleme sind hausgemacht.

Die europäische Autoindustrie steckt in der Krise – auch weil einige Trends in Sachen Elektromobilität verschlafen wurden.

© picture alliance/dpa/Julian Stratenschulte

Die europäische Autoindustrie steckt in der Krise – auch weil einige Trends in Sachen Elektromobilität verschlafen wurden.

Von Knut Krohn

Die Reaktion aus Peking kommt prompt. Im Streit um EU-Strafzölle für chinesische Elektroautos hat China am Dienstag angekündigt, im Gegenzug zusätzliche Abgaben auf europäischen Branntwein (Brandy) zu erheben. Der Grund: Brüssel hat vergangene Woche den Weg für die angedrohten Strafmaßnahmen freigemacht. Die EU-Kommission wirft Peking eine wettbewerbswidrige Marktverzerrung durch unerlaubte Subventionen der E-Fahrzeuge vor. Peking spricht im Gegenzug von Protektionismus und warnt vor einem drohenden Handelskrieg. Kein Zufall ist es wahrscheinlich, dass Pekings angedrohte Brandy-Zölle vor allem Frankreich treffen, das ausdrücklich für die Strafmaßnahmen gegen China gestimmt hat.

EU und China wollen weiter verhandeln

Allerdings betonen beide Seiten ausdrücklich, weiter eine Verhandlungslösung anzustreben. So erklärte Vladis Dombrowskis bei einer Aussprache über die schwierige Lage der europäischen Autoindustrie am Dienstag im Europaparlament, dass es nicht das Ziel der Kommission sei, „den Markt in der EU abzuschotten, sondern faire Wettbewerbsbedingungen zu erreichen“. Man sei weiter bereit, darüber offen zu verhandeln, erklärte der EU-Wirtschaftskommissar in Straßburg.

Rückendeckung bekommt die EU-Kommission aus dem Europaparlament. „Zölle sind ein Schritt, um fairen und regelbasierten Wettbewerb wiederherzustellen“, betont der Grünen-Politiker Michael Bloss. China habe im Vergleich zu den deutschen Herstellern inzwischen einen „staatssubventionierten Vorsprung in Batterietechnik und Digitalisierung“. Aus diesem Grund setzt er als Mitglied im Industrieausschuss des Parlamentes auf „eine starke europäische Industriepolitik, die klare Impulse für die Förderung von E-Autos setzt“. Nur so könne die Fahrzeug- und Zuliefererindustrie in Europa aus der Krise geführt werden.

Die Automobilindustrie ist ein wichtiger Sektor

Allein in Deutschland sind in der gesamten Automobilindustrie nach Angaben des Statistischen Bundesamtes rund 770 000 Menschen beschäftigt. Gemessen am Umsatz ist die Automobilindustrie nach Zahlen des Bundeswirtschaftsministeriums der mit Abstand bedeutendste Industriezweig in Deutschland. Der Umsatz des vergangenen Jahres lag demnach bei 564 Milliarden Euro. Zwei Drittel des Gesamtumsatzes erzielten die deutschen Autobauer im Ausland, zu den bedeutendsten Absatzmärkten außerhalb Europas gehören die USA und insbesondere China.

Die konservative EVP-Fraktion bewertet die aktuelle Krise in der Automobilindustrie in Europa als in weiten Teilen als hausgemacht. Sie sieht einen entscheidenden Grund in den scharfen EU-Regulierungen des Verkehrssektors, die angesichts des harten Wettbewerbs in der Branche angepasst werden sollten. „Wir fordern seit langem die Abschaffung des Verbrennerverbots ab 2035“, erklärte Daniel Caspary, Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament am Dienstag. Zudem solle die für 2026 vorgesehenen Überprüfung der CO2-Flottenregulierung auf das kommende Jahr vorgezogen werden. „Damit muss der Weg auch für alternative Kraftstoffe wie e-Fuels frei gemacht werden“, so der CDU-Politiker.

Die Fehler der Autobauer in Europa

Experten sehen den Grund der Krise allerdings auch bei strategischen Unternehmensfehler der europäischen Autobauer. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) verweist darauf, dass Hersteller wie VW und BMW beim technologischen Wandel zur E-Mobilität hinter Unternehmen wie Tesla und BYD deutlich zurückgefallen seien. Die Wissenschaftler warnen allerdings auch, dass der Produktionsstandort Deutschland im internationalen Wettbewerb generell ins Hintertreffen zu geraten drohe. Grund dafür sind nach Angaben des Instituts hohe Energiekosten und langwierige Genehmigungsverfahren. Produzenten von energieintensiven Grundstoffen wie Aluminium und Stahl zahlten in Deutschland bis zu 15 Prozent mehr für Energie als Wettbewerber in den USA oder in China.

Natürlich kennt auch der SPD-Europaparlamentarier Matthias Ecke diese Analysen. Aus diesem Grund formulierte er als Mitglied im Industrieausschuss am Dienstag in Straßburg einige Forderungen, um Europas Autobauer wieder auf den Wachstumspfad zu bringen. „Dazu braucht es regulatorische Stabilität, günstigere Energiepreise, dank günstigerer erneuerbarer Energie, und niedrigere Netzentgelte sowie Nachfrageanreize für europäische E-Autos, damit diese Fahrzeuge erschwinglicher werden.“

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Erstellt:
8. Oktober 2024, 16:57 Uhr

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