HCOB-Trainer Daniel Brack: „Aufstieg ist nicht zu 100 Prozent planbar“

Interview Daniel Brack ist der neue Trainer des ambitionierten Handball-Drittligisten HC Oppenweiler/Backnang. Der 42-Jährige skizziert den schwierigen Weg in die Zweite Bundesliga, zieht eine Zwischenbilanz der Vorbereitung und warnt, dass „nicht alles von jetzt auf gleich geht“.

Daniel Brack hat klare Vorstellungen davon, wie er den HCOB in die Zweite Bundesliga führen und dort etablieren will. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Daniel Brack hat klare Vorstellungen davon, wie er den HCOB in die Zweite Bundesliga führen und dort etablieren will. Foto: Alexander Becher

Sie waren der erklärte Wunschkandidat des HCOB. Hatten Sie Ihrerseits andere interessante Optionen und falls ja: Was hat Sie trotzdem zur Zusage bewegt?

Es gab immer wieder lose Anfragen von Vereinen aus weiter Entfernung, aber das hätte schon etwas besonders Reizvolles sein müssen. Da es eher unrealistisch ist, von einem Drittligisten als Trainer zum THW Kiel zu wechseln (lacht), will ich anders als einst als Bundesliga-Spieler nicht wieder umziehen. Deshalb war der HCOB von den Möglichkeiten, die ich hatte, die attraktivste und beste Option, um meinen Traum vom Zweitliga- und Profihandball zu verwirklichen.

„Wir haben das gleiche Anspruchsdenken und dieselben Ansichten“, betonte HCOB-Geschäftsführer Jonas Frank bei Ihrer Verpflichtung. Eine Aussage, die sich aus Ihrer Sicht schon bestätigt hat?

Als es im Laufe der Kaderplanung mehr Abgänge als zunächst gedacht gab, hatten wir die gleichen Ideen. Wir haben bewusst eher junge, entwicklungsfähige Spieler wie Elias Newel mit seinen 19 Jahren geholt. Obwohl Axel Goller vom Bundesligisten Göppingen kommt, ist er mit 23 Jahren auch noch recht jung. Auch alle anderen Zugänge sind unter 30 und wollen den Gang in die zweite Liga perspektivisch mitgehen. Dieses Ziel muss in den Köpfen stark präsent sein, um den Willen zu haben, mehr Zeit in den Handball zu investieren und nicht weniger, wie es meist gegen Ende der Laufbahn der Fall ist.

Der Sprung in die Zweite Bundesliga ist das klare Ziel. Spüren Sie schon für die anstehende Saison einen großen Druck oder gilt noch der Dreijahresplan mit dem Aufstieg spätestens im Jahr 2025?

Mit Druck muss man im Leistungssport umgehen können, ein Aufstieg ist aber nicht zu 100 Prozent planbar. Erst recht in die Zweite Bundesliga, da es nur zwei von 64 Teams in vier Drittliga-Staffeln packen. Zudem waren in den Vorjahren meist die Absteiger sofort wieder die Favoriten und es gab immer ein Projekt wie Potsdam oder zuletzt Vinnhorst. Wir wollen in diese Phalanx vorstoßen, haben aber sechs Zugänge zu integrieren und ich bringe als Trainer auch ein neues System mit. Das geht alles nicht von jetzt auf gleich.

„Ich bin mit dem Kader sehr zufrieden“

Die sechs Neuen sind Axel Goller, Niklas Diebel, Markus Dangers, Lukasz Orlich und Elias Newel sowie Torwart Levin Stasch. Reicht das oder stehen weitere Namen auf Ihrem Wunschzettel?

Ich bin mit dem Kader sehr zufrieden. Wir haben uns verstärkt, wie wir uns das vorgenommen hatten, aber natürlich werden wir uns auch in den kommenden Jahren immer wieder punktuell verstärken. Derzeit ist kein weiterer Transfer geplant, aber wir müssen trotzdem vorbereitet sein, um gegebenenfalls auf Verletzungen reagieren zu können.

Mehrere Spieler verletzten sich in der Vorbereitung oder stiegen verspätet ein. Wie sehr hat die teils dünne Personaldecke Ihre Arbeit erschwert und hat das Auswirkungen auf den Saisonverlauf?

Wir müssen zunächst auf den Start gucken, da sind tatsächlich Auswirkungen zu erwarten. Ein Beispiel: Niklas Diebel und Markus Dangers, die für die Abwehrzentrale vorgesehen sind, haben erst beim Turnier in Altensteig Ende Juli erstmals zusammen gespielt. Es wird deshalb nicht gleich alles so funktionieren, wie wir uns das vorstellen. Wir werden uns in der verbleibenden Vorbereitungszeit eher auf ein Gerüst konzentrieren und darauf, einfache Dinge zu tun, anstatt die 17. Variante auszuprobieren.

Inwieweit hat die Mannschaft Ihre Vorstellungen im Abwehr- und Angriffsspiel trotzdem schon verinnerlicht?

Wir haben in Altensteig vor allem in der Abwehr die ersten guten Ansätze gezeigt. Insbesondere gegen Zürich, während die Duelle mit den Rhein-Neckar Löwen als DHB-Pokal-Sieger und dem TSV Altensteig, der drei Ligen unter uns spielt, weniger aussagekräftig waren. Wir haben trotzdem noch Nachholbedarf in allen Bereichen: Abwehr, Angriff, Gegenstoß, Rückzug, Über- und Unterzahlsituationen. Da wir jetzt komplett sind, werden die Lerneffekte aber immer größer.

„Ich fahre nicht fast jeden Tag von Denkendorf nach Oppenweiler“

Ihr im März verstorbener Vater Rolf Brack galt als sehr innovativer Trainer, oft war daher vom „Handballprofessor“ die Rede. Was haben Sie von Ihm für Ihr eigenes Trainerdasein gelernt?

Wir sind uns in vielen Sachen sehr einig, in manchen Dingen aber auch sehr verschieden. Er war extrem detailversessen. Bei ihm musste jeder Pass haargenau so sein, wie er sich das vorgestellt hat. Da will ich mir eine Scheibe abschneiden, aber das große Ganze mehr im Blick behalten. Dennoch kann man von ihm extrem viel lernen – etwa was Spielanlage und Spielkultur angeht. Da sind wir in unseren Denkweisen extrem ähnlich.

Sie waren Erstliga-Spieler und träumen als Trainer zumindest von der zweiten Liga. Das ist auch Ihr klares Ziel, oder?

Ich fahre nicht fast jeden Tag von Denkendorf nach Oppenweiler, um Fünfter in der Dritten Liga zu werden. Ich war bei einem Drittliga-Topteam in Pfullingen und bin sicher, beim HCOB den nächsten Schritt machen zu können. Dann geht es darum, sich mit der neuen Halle in Backnang und dem Trainingszentrum in Oppenweiler perspektivisch in der zweiten Liga zu stabilisieren – dann schauen wir, wo die Reise hingeht.

Untermauert dieses neue Trainingszentrum die hohen Ambitionen des HCOB vielleicht noch mehr, als es die Investitionen in den Kader ebenfalls tun?

Man kann beides nicht unabhängig voneinander betrachten. Man braucht den passenden, aber auch finanzierbaren Kader, um die Ziele zu erreichen. Es geht zudem darum, sich professionell aufzustellen. Dazu gehört, den Spielern Jobs und Wohnungen zu besorgen oder dass die Rahmenbedingen in der Halle die Standards der beiden Topligen erfüllen. Zum Beispiel in Sachen Boden.

„Inzwischen wird auch in der Zweiten Bundesliga unter Profibedingungen gearbeitet“

Wie oft pro Woche trommeln Sie Ihr Team im Trainingszentrum zusammen?

Wir trainieren derzeit in der Vorbereitung von Montag bis Samstag jeden Tag und tun das später wohl von Montag bis Freitag.

Auch vormittags?

Das ist derzeit ausgeschlossen, da wir viele berufstätige Spieler haben und auch ich als Lehrer tätig bin. Die Jungs bekommen aber ihre individuellen Krafttrainingspläne, die sie wann auch immer abarbeiten können.

Ist das Pensum schon zweitligakonform oder muss in den nächsten Jahren sogar noch deutlich zugelegt werden?

Die Frage ist, was realistisch ist. Inzwischen wird auch in der Zweiten Bundesliga unter Profibedingungen gearbeitet, da sind zwei Vormittagseinheiten eher die Regel als die Ausnahme. Fünf Einheiten pro Woche sind aber schon ein Niveau, auf dem wir vorankommen. Wird noch eine Krafteinheit selbst gemacht, sind wir gar nicht mehr weit weg. Es kommt auch nicht nur auf die Häufigkeit, sondern vor allem auf die Qualität an.

„Ich weiß um die Schwere der Aufgabe“

Wie wichtig ist ein guter Saisonstart am 2. September gegen Neuhausen/Filder?

Das ist gleich ein ganz wichtiges Heimspiel. Es klingt zwar nach einem Pflichtsieg, weil der Gegner zuletzt immer im hinteren Mittelfeld zu finden war, aber ich weiß um die Schwere der Aufgabe. Erstens, weil das erste Spiel immer mit Unsicherheiten behaftet ist. Zweitens, weil bei uns die Routine in den Abläufen noch etwas fehlt. Anders als beim Rivalen mit einer sehr geringen Fluktuation. Wir müssen alles in die Waagschale werfen, wollen aber natürlich gewinnen.

Welche der 15 anderen Vereine sehen Sie als Hauptrivalen im Kampf um den Einzug in die Aufstiegsrunde?

Die Südstaffel ist extrem stark, zumal mit Würzburg und Konstanz zwei von drei Absteigern hier gelandet sind. Sie haben den Anspruch, wie Aue oder davor Hagen gleich wieder aufzusteigen. Dazu kommen die üblichen Verdächtigen: Pfullingen, Horkheim, Kornwestheim, Fürstenfeldbruck. Wir haben mit den Rhein-Neckar Löwen und Balingen- Weilstetten zwei gute zweite Mannschaften, auch Leutershausen will vorne reinstoßen. Es gibt nur wenig Teams, die sich selbst vorab in die Abstiegszone einsortieren würden.

Sollte der HCOB eines von zwei Tickets lösen, wird es erst richtig schwierig. Es gibt nur zwei Zweitliga-Aufsteiger pro Saison. Hadern Sie mit dieser Regelung?

Viele, auch beim Verband, mögen es anders sehen, aber ich würde wie früher eine zweigleisige zweite Liga klar präferieren. Bei aller Professionalität, die im Handball mittlerweile herrscht, bleiben wir eine Sportart, die Spielern ein Studium oder eine Ausbildung ermöglichen muss. Das ist schwierig bei einer eingleisigen Liga mit 18 Teams und Fahrten quer durch Deutschland. Die Regelung ist aber, wie sie ist, und wir müssen damit klarkommen. Zwei aus 64 ist extrem wenig. Es kommt in der Aufstiegsrunde, in der es bei null losgeht, auch viel auf Glück und Pech an. Der beste Torschütze sollte sich beispielsweise nicht gerade dann verletzen.

Das Gespräch führte Steffen Grün.

Zur Person

Spieler Am 19. März 1981 geboren, beginnt Daniel Brack beim TSV Scharnhausen. 2000 wechselt er zur TSG Oßweil, steigt mit ihr 2002 in die Zweite Bundesliga auf und feiert mit einem Zweitspielrecht für den von seinem Vater Rolf Brack trainierten VfL Pfullingen am 26. Dezember 2002 sein Erstliga-Debüt. Weitere Bundesliga-Stationen des zentralen Rückraumspielers: TV Großwallstadt, Füchse Berlin, HBW Balingen-Weilstetten, TSV Hannover-Burgdorf und HSG Düsseldorf.

Trainer Los geht es als Spielertrainer beim Schweizer Zweitligisten Altdorf (2011 bis 2013). Plochingen (ab 2013) führt er in die Oberliga, als reiner Coach bleibt er bis 2019. Es folgen vier Drittliga-Jahre in Pfullingen.

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Erstellt:
16. August 2023, 06:00 Uhr

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