Heimatkundler und „Mühlenpapst“ Eberhard Bohn ist verstorben
Der Kirchenkirnberger war eine gefragte Koryphäe in Sachen Mühlenbau, hat sich aber auch als Heimatkundler und Autor einen Namen gemacht. Nun ist Eberhard Bohn im Alter von 88 Jahren gestorben.
Von Lorena Greppo
Kirchenkirnberg. Als „Mühlenpapst“ hat Eberhard Bohn überregional Bekanntheit erlangt und wurde regelmäßig als Experte zurate gezogen. Doch beschränkte sich der Kirchenkirnberger längst nicht nur auf ein Thema, sondern beschäftigte sich zudem mit Heimatkunde, mit Poesie und dem Zusammenstellen regionaler Geschichten. Auch im fortgeschrittenen Alter brachte er sich noch aktiv in das Gemeindeleben ein. Nun, einen Monat vor seinem 89. Geburtstag, ist Eberhard Bohn verstorben.
„Ich habe ihn als umtriebigen Menschen kennengelernt, der lebensfroh war“, würdigt Murrhardts Bürgermeister Armin Mößner Eberhard Bohn. Er habe viel für Kirchenkirnberg getan. „Mit seinem Heimatort war er stark verbunden.“ Das habe sich auch darin geäußert, dass sich Eberhard Bohn intensiv mit der Heimatgeschichte des Orts auseinandersetzte. „Er hatte ein unglaubliches Wissen angesammelt“, sagt Mößner. 2011 wurde der Kirchenkirnberger, der unter anderem Jahrzehnte im Kirchengemeinderat tätig war, sich für den Erhalt der Mühlen im Welzheimer Wald sowie für Menschen mit Migrationshintergrund eingesetzt hatte, mit der Bürgernadel der Stadt Murrhardt ausgezeichnet.
Jahrzehntelanger Einsatz für die Mühlen
Seine Begeisterung für das Mühlwesen wurde Eberhard Bohn quasi in die Wiege gelegt. Am 11. Februar 1935 erblickte der Sohn eines Mühlenbauers in Kirchenkirnberg im damaligen Oberamt Welzheim das Licht
der Welt. Er wuchs mit Wasserrädern im Schwäbischen Wald auf. Nach der mittleren Reife machte er eine Lehre als Mühlenbauer bei seinem Vater. Auf die Gesellenprüfung folgte ein Studium der Mühlenbautechnik (1957 bis 1959) an der Deutschen Müllerschule in Braunschweig. Später übernahm Eberhard Bohn den elterlichen Betrieb in Kirchenkirnberg – in einer Zeit, als die Branche sich bereits im Niedergang befand. Eine Alternative fand er damals im Silobau.
Doch sein Fachwissen sollte der Region noch mehrfach zugute kommen. Unterstützt von einer Gruppe, die liebevoll die „Rentnermannschaft“ genannt wurde, widmete sich Eberhard Bohn der Restauration verschiedener Mühlen in der Region –
unter ihnen die Brandhofer Ölmühle bei Gschwend oder die Meuschenmühle bei Welzheim. Auch beim Wiederaufbau der Glattenzainbachmühle in Kirchenkirnberg stand er beratend zur Seite. Vor etwa 30 Jahren hat Eberhard Bohn gemeinsam mit Professor Gerhard Fritz, damaliger Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Mühlenkunde und Mühlenerhaltung (DGM) Baden-Württemberg, sowie Dietrich Frey den Mühlentag im Schwäbischen Wald ins Leben gerufen, der bis heute jährlich stattfindet. „Bei den Veranstaltungen hat man ihn regelmäßig in der Mahlstube angetroffen“, erinnert sich Armin Mößner. Für seine langjährigen Verdienste als Gründungsmitglied und Beirat für Mühlenbau (1996 bis 2019) bei der DGM Baden-Württemberg hat Eberhard Bohn im Herbst 2019 die Ehrenmitgliedschaft erhalten.
1963 heiratete er seine Frau Ruth, das Ehepaar bekam zwei Söhne – Matthias und Hartmut. Seine Familie unterstützte Eberhard Bohn in seinem Schaffen – nicht nur emotional, sondern zum Teil auch als Mitwirkende. Bei manchen seiner schriftstellerischen Werke steuerte Enkelkind Niklas Bohn die Bilder bei, Sohn Hartmut übernahm die Gestaltung des Werks einschließlich der verlagstechnischen Abwicklung.
Mit über 80 Jahren noch aufgetreten
Eberhard Bohn war nämlich auch als Autor ein fleißiger Schaffer. Schon immer hatten ihn Geschichten früherer Zeiten fasziniert, sagte er einst. Er sammelte sie, brachte sie zu Papier und konnte nach Jahrzehnten heimatgeschichtlicher Arbeit einen erstaunlichen Fundus vorweisen. Nicht nur mündlich Überliefertes fand Eingang in die Aufzeichnungen des Kirchenkirnbergers. Er forschte zudem in Archiven und Kirchenbüchern, Rathausakten und Zeitungen, entzifferte alte Briefe und arbeitete mit dem Murrhardter Historiker Gerhard Fritz zusammen. Die spannenden Geschichten verpackte er gern in Reimform – auf Schwäbisch, versteht sich. Wenig überraschend fand auch das Mühlwesen oft Einzug in seine Geschichten und Poesie. Davon zeugt unter anderem sein Werk „Dem Müller, dem’s am Wasser fehlt“. Nicht zu vergessen ist auch die gruselige Geschichte des alten Raddle, der nach seinem Tod die minutiöse Erfüllung seiner Vorstellungen bezüglich seiner Bestattung einfordert. Beim Wettbewerb um den Sebastian-Blau-Preis kam er mit dieser 2018 bei der Endausscheidung auf Platz vier.
War Eberhard Bohn in jüngeren Jahren auch viel unterwegs und bereiste auch andere Kontinente, so beschränkte er sich im hohen Alter vor allem auf die heimatliche Region. Dort jedoch war der Hobbyheimatkundler unverändert rege. „Mit mehr als 80 Jahren hat er noch bei Poetry-Slams in Murrhardt teilgenommen“, erinnert sich Bürgermeister Mößner. Damit hat Eberhard Bohn gezeigt, dass er bis zuletzt auch für neue Formate der Poesie aufgeschlossen war. Er füllte sie mit Sprüchen und Versen aus der schwäbischen Heimat, die ihm so sehr am Herzen lag.